Neu überplant hat die Stadt einen Bereich Nußdorf Süd zwischen der Straße "Zum Kretzer" und dem Seeufer. Anlass war die Aufgabe des bisher am östlichen Ende des Gebiets gelegenen Campingplatzes der Familie Luft. Nach Abbruch der dortigen Gebäude können hier fünf kleinere Baukörper in zwei Reihen entstehen, bei denen verschiedenen Maximalhöhen zulässig sein. Am westlichen Ende des überplanten Gebiets liegt das große Gebäude der früheren Kurklinik Dr. Zimmermann. Da deren Betrieb längst aufgegeben wurde und quasi ein Wohnhaus daraus geworden ist, zugleich der gewerbliche Campingplatz verschwunden ist, wird der bisher als "Sondergebiet" ausgewiesene Bereich sein Attribut verlieren und künftig zum "allgemeinen Wohngebiet" werden. Ungeachtet dessen können hier weiterhin private Ferienzimmer und -wohnungen bestehen, bekräftige die Verwaltung auf die Kritik eines Nußdorfer Bürgers, der in dem Gebiet zuhause ist.

Stadtrat Roland Biniossek (Linke) beklagte, dass von der Wertsteigerung der Grundstücke durch die erweiterten Bebauungsmöglichkeiten lediglich die privaten Eigentümer profitierten. Hier entstehe "ein Planungsgewinn in Millionenhöhe", sagte Biniossek, der nicht einmal teilweise der Stadt zugute komme, sondern ausschließlich den Privaten. Wenn die Stadt Friedrichshafen im Januar beschließe, dass bei derlei Umplanungen ein Drittel des Gewinns in den Stadtsäckel fließe, dann sei das "der Trend der Zeit". Auch andere Städte wie Freiburg oder Köln verfolgten diese Strategie, sagte Biniossek. Überlingen sei hier "nicht auf der Höhe der Zeit", sagte er. "Herr Längin, Sie sind es nicht", griff er den Baubürgermeister an: "Das muss sich ändern.

" Längin bedankte sich dennoch – "von den persönlichen Beleidigungen einmal abgesehen" – bei Biniossek für die Unterlagen aus Friedrichshafen, die bei der Verwaltung "auf fruchtbaren Boden" gestoßen seien. "Wir überarbeiten sie gerade und werden versuchen, diese auf Überlinger Verhältnisse anzupassen." Allerdings relativierte Längin das Attribut "zeitgemäß". Die ganze Stadt München habe bislang erst drei Transaktionen nach dem gewünschten Muster ausgeführt.

Michael Wilkendorf (SPD) pflichtete Biniossek bei. "Da, wo Wertschöpfung stattfindet", sagte Wilkendorf, "da ist es für meine Begriffe am leichtesten, als öffentliche Hand daran zu partizipiern. Es fällt uns viel viel schwerer, 500 Euro bei der Vereins- oder Jugendförderung abzuzwacken." Beim Bauland werde Geld generiert, sagte er, die Infrastruktur müsse jedoch von der Kommune vorgehalten werden, die Kinder, die hier wohnten, hätten Anspruch auf Betreuung und eine gute Schule.

Beim entscheidenden Beschluss gab es schließlich zwei Gegenstimmen (Linke) und sechs Enthaltungen (SPD und LBU/Grüne).

Gewinne abschöpfen

Die Gemeinde legt die Bebaubarkeit eines Grundstücks fest. Das hat Auswirkungen auf den Wert, nach der Formel: viel Nutzfläche gleich hoher Grundstückswert. Die Gemeinde kann über Satzungen den Investor dazu verpflichten, einen Teil des Gewinns abzutreten. Das muss nicht rein finanziell sein: In Stuttgart verpflichtete sich der Investor eines Marktes zum Bau eines Kindergartens auf dem Gebäude. (shi)