Die Gemeinde Sipplingen erhöht am Wochenende die Zahl ihrer Ordnungskräfte. Das Sicherheitspersonal soll am Ufer für Abstände unter den Badegästen sorgen und so zum Schutz vor Corona beitragen. Doch unternimmt Bürgermeister Oliver Gortat diesen Schritt eher widerwillig. „Besser wie nichts“, schreibt er in einer Pressemitteilung. „Aber in meinen Augen ist das eine reine Symbolpolitik – verbunden mit der Hoffnung, dass es zu keinen Infektionen kommen wird.“

Der Sipplinger Bürgermeister nimmt in einer Pressemitteilung ausführlich Stellung zum Handeln der ihm übergeordneten Behörden. Sie hatten es ihm erst untersagt, zur Eindämmung der Besucherströme Strandabschnitte ganz zu sperren, und als er darauf mit einem Parkverbot im Ort reagiert, wurde ihm auch das untersagt.

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Bei den übergeordneten Behörden handelt es sich um das Landratsamt und die Stadt Überlingen, einmal in Funktion der Kreispolizeibehörde, im anderen Fall in Funktion der Verkehrsbehörde. Beide Ämter argumentierten ähnlich, dass die Infektionszahlen diesen Schritt derzeit nicht erlauben würden.

Gortat: Uns wurde in die Parade gefahren

„Mir ist der Schutz der Einwohner und Gäste vor Corona wichtiger“, schreibt Gortat. Er wolle die Einwohner seines Ortes und die Gäste vor einer Ansteckung mit Covid-19 schützen und müsse dabei feststellen, dass ihm das Landratsamt des Bodenseekreises und die Stadt Überlingen als zuständige Verkehrsbehörde „massiv in die Parade fahren“. Dies sorge im Rathaus, im Gemeinderat aber auch in Teilen der Bevölkerung für erheblichen Unmut und Unverständnis, so Gortat, „zumal genau in diesen Tagen die Ansteckungszahlen, die das Robert Koch Institut bekannt gibt, wieder signifikant zu steigen beginnen und inzwischen weit bei über 1000 Infektionen pro Tag liegen“.

War sowieso unwirksam: Zahlreiche Autofahrer ignorierten das Verbot einer Durchfahrt und parkten dennoch hier auf dem Parkplatz am ...
War sowieso unwirksam: Zahlreiche Autofahrer ignorierten das Verbot einer Durchfahrt und parkten dennoch hier auf dem Parkplatz am Strandbad. | Bild: Hilser, Stefan

Gortat: Wir wurden zurückgepfiffen

Zur Lage in Sipplingen gibt Gortat bekannt: „Weil es der Gemeinde nicht möglich ist, dem Ansturm der Tagesgäste und Urlauber an den heißen Wochenenden in den Sommerferien auf die schönsten Badeplätze Einhalt zu gebieten und den Mindestabstand annähernd sicherzustellen, hat der Gemeinderat am 23. Juli eine Sperre beschlossen.“ Das Betretungsverbot sei in ihren Augen angemessen, hier wurde die Gemeinde aber vom Landratsamt zurückgepfiffen, unter anderem mit der Begründung, dass das lokale Infektionsgeschehen derzeit keine Ufersperrung rechtfertige.

Gortat: Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer

Die behördlichen Anweisungen und Begründungen seien für ihn (Gortat) und für Teile des Gemeinderats nicht nachvollziehbar. Es sei doch genau das Ziel ihrer Maßnahme, eine Zunahme der Infektionen und die Bildung eines möglichen Hotspots zu verhindern. „Die Gemeinde Sipplingen wünscht keinen Konflikt mit dem Landratsamt, aber wir halten diese Einschätzung für unangemessen und für ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Wir hätten vom Landratsamt eine wirksamere Unterstützung erwartet. Diese ist nicht im Sinne der Sicherheit der Sipplinger Bürgerschaft und unserer Gäste.“

Gortat: Behörde prüfte nur oberflächlich

Dem Vorwurf, dass die in Sipplingen abgewiesenen Badegäste andernorts den Druck erhöhen, entgegnet Oliver Gortat: „Uns ist klar, dass wir auch als kleine Gemeinde damit den Besucherdruck an anderer Stelle unter Umständen erhöhen. Aber aufgrund der Topografie, unserer Lage an der Autobahn und der Qualität unserer Uferanlage sind wir seit Jahren für Tagesgäste auch aus dem weiter entfernten Hinterland sehr attraktiv.“ Das Landratsamt habe die örtlichen Gegebenheiten „nur oberflächlich und unzureichend beurteilt und nur allgemeine, hier vor Ort unrealistische Lösungsansätze angeführt“, kritisiert der Bürgermeister.

Gortat: Verantwortung liegt jetzt bei diesen Behörden

„Mir macht es auch überhaupt keinen Spaß, mit derart drastischen Maßnahmen die gesetzlichen Vorgaben zum Mindestabstand durchzusetzen“, teilte Gortat mit. Die räumliche Situation lasse keine Entzerrung der Besuchermassen zu. „Unter diesen Gesichtspunkten ist das Handeln der übergeordneten Behörden kontraproduktiv und in der Sache nicht nachvollziehbar.“ Sie nähmen das Risiko eines Corona-Ausbruchs in Sipplingen „bewusst in Kauf“, wirft er den Behörden vor. „Stellen Sie sich vor, wir bekommen Infektionen. Dann möchte ich das Medienecho und die guten Ratschläge aus dem Landratsamt und Überlingen hören. Ich kann dazu nur sagen, ich habe gewarnt, habe Maßnahmen ergriffen und bin aus wenig überzeugenden Gründen zurückgepfiffen worden. Die Verantwortung liegt jetzt bei diesen beiden Behörden.“

Eine Presseanfrage, wie genau er das Mehr an Sicherheitskräften einsetzen möchte, um daraus einen Schutz vor Corona abzuleiten, beantwortete Gortat bislang nicht.