Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass gleich zwei ehemalige Landesminister zum 80. Geburtstag am Tisch sitzen. Doch Paul Müller und die beiden CDU-Parteifreunde Ulrich Müller und Rudolf Köberle verbindet die politische Arbeit vieler vergangener Jahre. Darüber hinaus sind sich die drei freundschaftlich verbunden.
Paul Müller, ehemaliger langjähriger Salemer Gemeinderat und Neufracher Ortsreferent, kämpft als verkehrspolitischer Sprecher des örtlichen CDU-Ortsverbandes seit Jahren für die Umfahrung seines Heimatdorfes. So war es kein Wunder, dass er seine Geburtstagsfeier um ein Pressegespräch ergänzte, zumal die alten Weggefährten schon vor Ort waren.
Ortsumfahrung erstmals im „Impulsprogramm 2008“
Ex-Landesverkehrsminister Ulrich Müller, bis 2011 CDU-Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Bodensee, referierte aus dem Stegreif über die Entstehungsgeschichte der Ortsumfahrungen für Markdorf, Bermatingen und eben Salem-Neufrach. „Diese Baumaßnahmen haben wir in das Impulsprogramm 2008 aufgenommen“, sagte Müller. 2008 lag auf dem Land die Weltfinanzkrise, die Landesregierung beschloss ein Investitionsprogramm. „Drei der vier Regierungsbezirke hatten schon Verkehrsmaßnahmen, für den Bezirk Tübingen sollten die Umfahrungen gebaut werden.“
Finanzierung der Straße schien schon gesichert
Die Planungsentwürfe drei Strecken seien damals laut Müller schon sehr weit fortgeschritten gewesen. Wobei die Markdorfer Umfahrung am weitesten vorangeschritten war. „Auch wenn es sinnvoll ist, alle drei Umfahrungen zu bauen, ist doch jede Entlastung eine Entlastung“. Denn das Verkehrsproblem der B 33 als Ortsdurchfahrung in Markdorf sei mit der hohen Belastung für die Anwohner am drängendsten, und ein Baubeginn hier könne auch ohne die Umfahrung in Neufrach und Bermatingen sinnvoll sein. Der Landespolitiker bekräftige, dass die Finanzierung gesichert gewesen sei und die Baumaßnahme kurz vor ihrer Umsetzung gestanden hätte.
Regierungswechsel in Stuttgart stoppte Projekt
Doch es kam anders. 2011 wechselten die politischen Machtverhältnisse im Land. Die CDU verlor die Wahl, eine grün-rote Landesregierung kam ins Amt. Alle Planungen für neue Verkehrsprojekte wurden gestoppt und sollten erneut überprüft werden. Somit lagen auch die drei Ortsumfahrungen im westlichen Bodenseekreis auf Halde. Neuen Schub bekamen die drei Verkehrsprojekte nach der Landtagswahl 2016. In Koalitionsverhandlungen zwischen den Grünen und dem Juniorpartner CDU wurde die Fortführung dieser Baumaßnahmen ausgehandelt.
Beide Ex-Minister sehen eine neue Chance
Rudolf Köberle war von Februar 2010 an Landesminister für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz und zuvor als Staatssekretär im Landesinnenministerium für die Verkehrspolitik des Landes zuständig. Zusammen mit seinem Parteifreund Ulrich Müller hatte er die Finanzierung und Planungsentwürfe der Umfahrungsstrecken vorangebracht. Bei Koalitionsverhandlungen 2016 war er einer der CDU-Vertreter in der Arbeitsgruppe für die Verkehrsthemen. „Es waren harte Verhandlungen. Unsere Gruppe wurde als Letzter fertig“, erzählte Köberle. „Sie haben zwei Projekte in den Koalitionsvertrag übernommen. Einmal die Fortführung des Flughafen Friedrichshafen, und als Zweites die Bauprojekte aus dem Impulsprogramm 2008.“ Auch ohne das Wort „Wortbruch“ in den Mund zu nehmen, konnten sich seine Zuhörer denken, was er meinte, als er sagte: „Der Koalitionsvertrag ist auf Parteitagen verabschiedet worden. Im letzten Jahr der Regierung muss jetzt noch was kommen.“ Sowohl Ulrich Müller wie auch Rudolf Köberle wiesen darauf hin, dass die Landeskasse gefüllt sei. Und auch Grüne in Regierungsverantwortung sähen ihrer Beobachtung nach, dass die Umfahrungen notwendig seien. Für sie gäbe es jetzt keine Ausflüchte mehr, die Umfahrungen nicht zu bauen.
Neuer Schub durch Entwicklungen in Markdorf?
Die Hausaufgaben in Salem wären gemacht, ergänzte Paul Müller. Als verkehrspolitischer Sprecher des Salemer CDU-Ortsverbandes ist er seit Langem Verfechter der Neufracher Umfahrung. „Die Bahn ist untertunnelt und im Gewerbegebiet der Kreisel mit der Ausfahrt für die Umfahrung vorbereitet.“ Durch die aktuellen Entscheidungen im Kreistag, die Gelder für die Planungen der Markdorfer Umfahrung freizugeben, erhofft er sich einen neuen Schub. „Auch die Erweiterung des Gewerbegebiets macht eine Umfahrung notwendig.“ Ein weiteres Argument für das fast 50-jährige CDU-Mitglied für den Bau und die Entlastung der Neufracher Anwohner.