„Trauer braucht Raum und Antworten.“ Bibliotheksleiterin Gertrud Schied weiß, wovon sie spricht. Zu Anfang der Corona-Pandemie war ihre Mutter gestorben. Gertrud Schied hat sie auf ihrem letzten Weg begleitet. Profitiert habe sie von einem zuvor gehörten Vortrag, in dem Trauerbegleiterin Kaya Sick auch über Hospizarbeit sprach.

Der Inhalt sei für sie sehr ergreifend gewesen, sagt Schied. „Es hat mich motiviert, mit meiner Mutter zu beten und zu singen“, erzählte die ehrenamtliche Büchereileiterin anlässlich der Eröffnung der von ihr eingerichteten Trauerthek. Der Tod ihrer Mutter sei der Impuls gewesen, tiefer in die Sterben-, Tod- und Trauer-Thematik einzutauchen.

Umfeld mit Hospiz, Altenheim, betreutem Wohnen

Ein weiterer Anstoß lag für sie im Salemer Umfeld. „Hospiz, Altenheim, betreutes Wohnen – alle sind mit dem Thema konfrontiert“, zählt Schied auf. Ein Ansporn für die langjährige Leiterin der Katholischen Bücherei im Ortsteil Neufrach, die erste Trauerthek im Bodenseekreis einzurichten.

„Bei Gertrud Schied ist die Trauerthek in den besten Händen“, lobt Dekan Peter Nicola (rechts). Zur Eröffnung war auch ...
„Bei Gertrud Schied ist die Trauerthek in den besten Händen“, lobt Dekan Peter Nicola (rechts). Zur Eröffnung war auch Barbara Dorn (links) von der Erzdiözese gekommen. | Bild: Martina Wolters

Hausherr Dekan Peter Nicola sei schnell überzeugt gewesen. Ihm oblag es auch, dem neuen Büchereiangebot Gottes Segen zu geben. Im Jugendheim gleich neben der Bücherei las er aus dem Johannesevangelium von Jesu Weg zu Gott über Tod und Auferstehung. Jenseits der Schwelle des Todes sei große Hoffnung für alle Menschen vorhanden, machte der Pfarrer ein Angebot für Trauernde.

Angebot nach Rubriken übersichtlich geordnet

Weil das Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg Gertrud Schied bei der Auswahl der bislang 200 Medien unterstützt hatte, war auch Barbara Dorn vom Fachbereich Kirchliches Büchereiwesen extra aus Freiburg angereist. In ihrer Einführung erklärte die Büchereileiterin, das neue Ausleihangebot sei nach verschiedenen Rubriken übersichtlich geordnet. Um einer großen Zahl an Gästen bei der Eröffnung möglichst viele Medien präsentieren zu können, hatte sie das Material aus den Regalen in der Bibliothek herausgenommen.

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Erfahrungsberichte, Trost, auch Humor

Rubrik für Rubrik stellte Schied die Bücher vor. Das Material reicht von Erfahrungsberichten, wie dem eines Intensivmediziners, der eine Krebsdiagnose erhielt, über Informationen zu möglichen Sterbehilfen des bekannten Palliativmediziners Gian Domenico Borasio bis hin zu tröstenden Bibeltexten. Auch Suizid wird thematisiert.

Trotz des Ernstes der Themen ist viel Trost und durchaus die eine oder andere Portion Humor im Leseangebot enthalten. Beispielsweise in dem Roman „Barbara stirbt nicht“ von Alina Bronsky, in dem sich der unnahbare Rentner Walter plötzlich um den Haushalt kümmern muss, weil seine Frau krank wird.

Auswahl richtet sich auch an Kindergärten und Schulen

Auch 30 Bilderbücher zum Thema Tod und Trauer können ausgeliehen werden. Wie Gertrud Schied erzählt, gingen Kinder mit dem Tod lockerer um als Erwachsene. Ihre Buchauswahl richtet sich auch an Kindergärten und Schulen. Darunter ist auch ein Leitfaden für Kitas mit Notfallplänen und Listen sowie Hilfen zur Trauerbegleitung oder Bildimpulse für die Jugendarbeit. Die ausgestellten Bücher, außer der Fachbücher, seien zum größten Teil von Betroffenen geschrieben, sagt die Büchereileiterin. „Der Leser fühlt sich dadurch gleich mitgenommen und verstanden“, ist sie sich sicher.

Erzieherin informiert sich über Titel für Kinder

Die Gäste, zumeist Frauen, inspizieren die Buchauslagen. Erzieherin Angela Kreutter berichtet von einem Kind, dessen beide Eltern verstorben sind und das ganz unbelastet mit dem Tod umgehe. Der Bilderbuchtitel „Die besten Beerdigungen der Welt“ hat Kreutter spontan angesprochen. Es erinnere sie an die Zeit als Kind, als noch alle verstorbenen Tiere beerdigt wurden.

Trauerbegleiterin freut sich über Buch mit neuem Ansatz

Besucherin und Trauerbegleiterin Kaya Sick freut sich, dass ein Buch des führenden Trauerexperten Roland Kachler vorhanden ist. “Meine Trauer wird dich finden“ beschäftige sich mit einem neuen Traueransatz. „Es geht nicht um das Loslassen, sondern das Einbinden der Trauer in den Alltag.“ Genau so stellt sich die Bibliotheksleiterin den Gebrauch ihrer Trauermedien vor. Mitten im Ausleihgeschehen und mitten im Leben.