Seit über 300 Jahren pilgern Gläubige zur 1704 geweihten Wallfahrtskirche Maria zum Berg Karmel, die in fast 500 Metern Höhe über Baitenhausen liegt. Der beliebte Landgasthof „Grüner Berg“ direkt gegenüber dem barocken Kleinod dürfte für so manchen Besucher einen zusätzlichen Anreiz bilden. Seit Generationen dienen dessen Betreiber zugleich in der Kapelle auch als Mesner. Seit 1986 ist das Karl Wengle, davor waren es sein Vater und sein Großvater.

Witterung verursacht Schäden an Bau

Immer wieder nagen der Zahn der Zeit und das Wetter an der oft windumtosten Kapelle. Derzeit wird sie für rund 570 000 Euro von außen saniert, die letzte Kirchensanierung hatte von 1963 bis 1967 stattgefunden, weiß Karl Wengle.

Bei den aktuellen Arbeiten, die laut dem Konstanzer Architekt Michael C.W. Günther Ende Oktober abgeschlossen sein sollen, werden etwa Dachstuhl und –deckung, inklusive Glockenturm, instandgesetzt, der Putz ausgebessert, die Fassade neu gestrichen.

In der Baitenhauser Kapelle wird unter anderem der Dachstuhl inklusive des Bodens instandgesetzt. Pfarrer Matthias Schneider (rechts) ...
In der Baitenhauser Kapelle wird unter anderem der Dachstuhl inklusive des Bodens instandgesetzt. Pfarrer Matthias Schneider (rechts) hält eine der neuen Weißtannen-Dielen. Von links: Mesner Karl Wengle, Zimmermeister Thomas Herrmann und Architekt Michael C. W. Günther. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Der Dachstuhl sei seit Jahren schon ein Problem gewesen. „Das Wasser lief am Gebälk runter“, berichtet Wengle, der das als Erster bemerkt und gemeldet hatte. Ende 2017 beauftragte das Erzbischöfliche Bauamt die Sanierung, die nach Voruntersuchungen, Absprachen mit dem Denkmalamt und Klärung der Finanzierung dann Mitte 2020 genehmigt wurde und nach Ostern 2021 startete.

Dach wird nach und nach abgetragen

Rund 160 Quadratmeter der gesamten Dachfläche von rund 600 Quadratmetern werden neu eingedeckt, erklärt der Architekt. Doch sukzessive wird das komplette Dach abgetragen. Mitarbeiter der Firma Holzbau Schmäh, die für die Zimmerarbeiten und die Dachdeckung zuständig ist, sortieren beschädigte Ziegel aus, noch brauchbare werden gereinigt und wiederverwendet. Kaputte Ziegel ersetzt man teils durch neue Sinter-Ziegel, teils durch historische Handstrich-Biberschwanzziegel, die man von alten Abbruchgebäuden sicherte.

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Komplett ausgebessert wird auch der Boden des Dachstuhls, teils mit bestehenden teils mit neuen Dielen aus Weißtanne. Der Boden ist durchgängig, das ist laut Pfarrer Matthias Schneider nicht bei allen Kirchen so, oft habe man dort aus Sparsamkeit im Dachstuhl nur Laufgänge eingezogen.

Ter Nyland von der Firma Holzbau Schmäh verlegt auf dem Dachboden der Kapelle ein neues Dielenbrett aus Weißtanne.
Ter Nyland von der Firma Holzbau Schmäh verlegt auf dem Dachboden der Kapelle ein neues Dielenbrett aus Weißtanne. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Dämmung wird komplett ausgetauscht

Ausgetauscht wird auch die komplette Dämmung. Statt des alten Mineralfasermaterials, das gesondert entsorgt werden muss, wird nun eine natürliche Holzflexdämmung angebracht, erklärt Zimmermeister Thomas Herrmann. Für ihn sei die Sanierung der Kapelle etwas ganz Besonderes: „Ich habe vor 18 Jahren hier geheiratet und das hat mir auch Glück gebracht.“

Zimmermeister Thomas Herrmann zeigt das neue, natürliche Dämmmaterial aus Holzfasern.
Zimmermeister Thomas Herrmann zeigt das neue, natürliche Dämmmaterial aus Holzfasern. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Ferner werden die Zifferblätter der Kirchturmuhr restauriert, von der Firma Schneider aus Schonach im Schwarzwald. Die Ausgaben für Letzteres trägt die Stadt, die für sämtliche Kirchenuhren zuständig ist. Die Sanierungskosten verteilen sich laut Stadtpfarrer Matthias Schneider auf mehrere Schultern, wobei die katholische Kirchengemeinde Meersburg den größten Anteil, wohl über die Hälfte, selbst tragen muss.

Weitere Finanzierungsquellen sind die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Freiburger Erzbischof-Bernhard-Stiftung, die Erzdiözese Freiburg und das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg.

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Doch nach der Außensanierung sei in absehbarer Zeit auch eine Restaurierung des Innenraums fällig, kündigt der Pfarrer an. Dort steht zwar momentan schon ein großes Gerüst, doch es dient lediglich der Sicherung des Innenputzes inklusive Deckengemälde. Denn dieser könnte durch die Arbeiten im Dachgeschoss gelockert werden.

Ein Stützgerüst im Innenraum schützt die Putzdecke mit den Deckengemälden vor Erschütterungen, die durch die Arbeiten im Dachstuhl ...
Ein Stützgerüst im Innenraum schützt die Putzdecke mit den Deckengemälden vor Erschütterungen, die durch die Arbeiten im Dachstuhl ausgelöst werden könnten. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Die prächtige Innenausstattung von 1760, inklusive eines Freskos, das die Stadt Meersburg im damaligen Zustand zeigt, war aus Gaben der Pilger finanziert worden, berichtet der Pfarrer. Diese Einnahmenquelle ist in Corona-Zeiten ebenso versiegt wie andere Spendenaktionen, etwa Kirchenfeste.

Zu den Kleinodien der barocken Baitenhauser Kapelle zählt auch diese Stadtansicht von Meersburg aus dem 18. Jahrhundert.
Zu den Kleinodien der barocken Baitenhauser Kapelle zählt auch diese Stadtansicht von Meersburg aus dem 18. Jahrhundert. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Fledermäuse verschmähen Kapelle

Hingegen fällt, im Gegensatz zu der Sanierung der Meersburger Stadtpfarrkirche, ein Ausgabenposten weg: der Fledermausschutz. Denn die Flugsäuger verschmähen die Kapelle als Quartier. Der Pfarrer meint dazu Augen zwinkernd: „Wer zieht schon in eine kleine Pension, wenn er ins Grandhotel kann.“ Aber vielleicht liege es auch daran, dass es den Tieren um die Kapelle herum zu windig sei.

Dafür hat laut Architekt Günther der Specht den Dachreiter, den Glockenturm, der unter Günthers Ägide zuletzt 1997 saniert worden war, entdeckt und ihm so zugesetzt, sodass er nun auch aufgefrischt werden muss.

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