Die jungen Frauen sitzen vorne. Sie amüsieren sich köstlich. Mitten unter den Lachenden und Plaudernden ist Heidi Meister. Sie trägt ein weißes Kleid, die anderen weiße Blusen zu ihren Jeans. Heidi Meister wird in zwei Wochen heiraten. Zum Junggesellinnenabschied haben ihr ihre Freundinnen aus Behla und Umgebung (Schwarzwald-Baar-Kreis) einen Ausflug an den Bodensee spendiert.
Der Höhepunkt: ein Besuch auf dem Obsthof Steffelin samt Tour durch die Obstanlagen, Dinnele-Essen, Probe der hauseigenen Liköre und Edelbrände und ein Einblick in die Brennerei. Dieses Programm hat der SÜDKURIER auch 16 seiner Leser spendiert. Im Rahmen der Sommeraktion „Der SÜDKURIER öffnet Türen“ haben die sich für die Fahrt entlang der Steffelinschen Obstbäume, das Dinnele-Schmausen und die Obstbrand- und Likör-Degustation beworben.
„Wir machen immer mit, wenn es etwas zu gewinnen gibt“, erklärt SÜDKURIER-Leserin Doris Rominger aus Bermatingen. „Vor Jahren haben wir einen Hotelaufenthalt im Zillertal gewonnen“, berichtet Ehemann Helmut Rominger, „aber das ist lange her.“ Beide freuen sich auf den Einblick in den Obstbau. Bisher kennen sie nur die Besenwirtschaft, kaufen auch gelegentlich im Hofladen ein. Doch einmal einen Blick hinter die Kulissen eines großen Obsthofes zu werfen, das finden beide spannend.

Augenschmaus vor der Ausflugsfahrt durch die Obstanlage
Bevor es mit den Obstkisten auf Fahrt durch die Anlagen geht, gibt es noch etwas fürs Auge. Die jungen Frauen von der Baar tanzen. Auch Heidi Meister, die künftige Braut, tanzt mit im Junggesellinnen-Abschiedsballett. Anschließend werden die SÜDKURIER-Abonnenten von Toni Ganter, Redakteur der Markdorfer Lokalredaktion, begrüßt.
Vom Wandel im Obstbau
Erstaunlich flott kurvt der Zug mit Großraumobstkisten vom Hof. Kurz geht es über die Bundesstraße 33, dann auf den parallel verlaufenden Landwirtschaftsweg und schon zieht der Variotrecker die stabilen Hänger mit ihrem tiefen Schwerpunkt durch die Obstanlagen. Vorbei an Obstbäumen, die in langen Reihen wachsen und nicht umsonst Fruchtwände genannt werden. Schließlich stehen sie sehr kompakt da, auf die sogenannte Niederstammform zurückgeschnitten. Die Früchte hängen dicht am Stamm. Beinahe wachsen sie dem Pflücker in die Hand.

„Früher ging es mit Leitern auf die Bäume“, erklärt Obstbauer Christoph Steffelin. Solch mühsames Geschäft gehöre freilich der Vergangenheit an. Ebenso wie die weit ausladenden Kronen der Apfelbäume auf den Hochstammwiesen. „Schön anzusehen ist das“, findet Steffelin, „da geht einem schon das Herz auf.“ Schön, aber unrentabel. Allenfalls, wenn fürs Brennen für den Obstbrand geerntet wird, halten sich die Verluste in Grenzen. Das aber wird der Obstbauer später erklären, nach dem Dinnele-Essen, beim Besuch in der hofeigenen Brennereianlage.

Stolz auf die Handarbeit am Baum
Noch parken der Traktor und seine drei Hänger auf einem kleinen Wiesenstück mitten in der Obstanlage. Noch schildert Christoph Steffelin seine Arbeit mit Äpfeln, Pflaumen und Co. Zunächst beeindruckt der Landwirt mit Zahlen. Weit mehr als 7000 Hektar machen die Obstbauflächen auf der deutschen Seite des Bodensees aus. Insgesamt sind rund 1200 Betriebe mit dem Pflanzen, mit dem Schneiden, mit der Pflege und mit der Ernte befasst – etwa 600 davon im Vollerwerb – so wie Landwirt Christoph Steffelin.

Damit gehöre die Region Bodensee zu den wichtigsten Anbaugebieten. Noch mehr als mit Erntemengen und Absatzzahlen beeindruckt Steffelin indes mit etwas anderem. Wenn er von seiner „Handarbeit“ am Baum, wenn der von der Sorgfalt seiner Beobachtungen und wenn er von seinen Ängsten vor ungünstigen Wetterentwicklungen spricht, dann spricht er nicht als kühler Betreiber des komplexen Systems Obstplantage. Dann spricht er als Landwirt, der seine Arbeit liebt. „Nicht jeden Tag“, so räumt er später ein. Dazu sei mit viel zu vielen Widrigkeiten zu kämpfen – auf dem überaus hart umkämpften Markt. Auf dem der einzelne Landwirt nur hoch überleben könne, wenn er sich einer Erzeugergemeinschaft anschließt.
Was die wenigsten Kunden wissen
Äpfel sind gesund. Und Apfelbäume reinigen die Luft. Nacht für Nacht entziehen Steffelins Plantagen der Luft etliche hundert Tonnen Kohlendioxid, erklärt Landwirt Steffelin. Ein Beitrag für den Umweltschutz, für den er übrigens keinen Cent erhalte.

Zu bedenken gibt Christoph Steffelin solche Überlegungen auch, weil die Kunden in den Discountern und in den Supermärkten beim Blick auf die Preisschilder allzu oft vergessen, welche Leistungen die Landwirte in ihrer Nachbarschaft für Landschaft und Umwelt erbringen. An dieser Stelle schlägt Steffelin dann den Bogen zu den Imkern, mit denen man äußerst eng zusammenarbeite. Seinen Ärger über die Bienensterben-Diskussion der vergangenen Jahre deutet Steffelin nur an, auch den über die häufige Verkürzung in den Medien.
Fachwissen sehr gut verpackt
„Wir haben daheim selbst Obst angebaut“ – doch nicht in so großem Stil wie auf den Steffelinschen Plantagen. „Wie es hier zugeht“, zeigt Teilnehmer Paul Müller auf die langen Baumreihen unter den Hagelnetzen, „das hat mich schon sehr interessiert.“ Paula Müller überzeugen die Argumente für den Kauf von regionalen Produkten. Nicht, dass sie das nicht ohnehin schon immer so gehalten habe, doch nun wisse sie noch mehr. Viele Details nimmt auch Christian Rebstein mit. Detailwissen über die neuen, schonenden Formen der Schädlingsbekämpfung. Da schildert Christoph Steffelin, wie er sich die Unterstützung von Nützlingen zunutze macht, um Schaden von seinen Pflanzen abzuwehren.

Hofladen und Gastronomie als zweites Standbein
1991 hat Christoph Steffelin den elterlichen Hof übernommen. Vier Festangestellte unterstützen ihn das ganze Jahr über. Während der Ernte setzt er Helfer aus Polen ein. Seine Frau Monika führt den Hofladen. Hinzu kamen zwei Ferienwohnungen, später das Gästehaus auf dem Anwesen. Gedacht war das auch als zweites Standbein – neben der Landwirtschaft. „Die Arbeit geht uns nicht aus“, lacht Monika Steffelin. Spaß mache die Arbeit für nette Gäste. Zum Glück sei das die Regel. Und auch seine Obstbrennerei betreibt Christoph Steffelin eher aus Liebhaberei. Viel gerühmt: sein Gin. Doch ebenso begehrt sind die Obstbrände und Liköre vom Obsthof Steffelin.