Markdorf – Am Tag, da in Berlin Regierung und Opposition um Wachstumsimpulse ringen und die CDU/CSU auf eine Entlastung der Landwirtschaft pocht, außerdem der Vorwurf kommt, das Wachstumspaket werde mit „Steuererhöhungen in der Landwirtschaft finanziert“, wird die Agrarkrise in Markdorf näher beleuchtet. „Bauern und Landwirte in Bedrängnis“ lautet das Thema der jüngsten öffentlichen „I mein‘ halt“-Runde. Zu der deren Moderator Ernst Arnegger drei Landwirte aus der Umgebung ins Zunfthaus Obertor eingeladen hat.

Markus Mock, Milchviehhalter aus Markdorf, Nebenerwerbs-Obstbauer Markus Maier aus Riedern und Landwirt Hubert Felix, der in Roggenbeuren auch eine Biogasanlage betreibt, schildern ihre Situation und was sie belastet. Sie blicken auf die Rolle der Agrarpolitik in Brüssel, in Berlin und in Stuttgart, aber auch auf die kommunale Ebene. Sie blicken auf den Agrarmarkt mit seiner Wettbewerbsverzerrung. Und sie zeigen auf, wie sehr sie die immer weiter angewachsene Reglementierung in ihrer Produktivität einschränkt.

Über Boden wisse er bestens Bescheid, erklärt Markus Mock. Das Thema sei ihm schon in der Schule begegnet, dann während seiner Berufsausbildung zum Landwirt, anschließend im agrarökonomischen Studium, vor allem aber tagtäglich in seiner landwirtschaftlichen Praxis. „Mit dem Boden kennen wir uns nun wirklich gut aus“, versichert Mock. Und trotzdem gebe es jetzt „GLÖZ“. Das Kürzel steht für den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen“, mit dem Standards festgelegt werden. Beispielsweise für den Schutz von Feuchtgebieten, für den Erhalt von Landschaftselementen, für den Fruchtwechsel und vieles mehr – unter anderem jedoch auch für die Bodenbearbeitung. Also dafür, womit sich laut Markus Mock die Bauern gewissermaßen von Haus aus sehr gut auskennen. Aber sie müssen GLÖZ mit seinen zahlreichen Anforderungen beachten, wenn sie Fördergelder aus Brüssel bekommen wollen.

Landwirt sei schon in Kindertagen sein Berufswunsch gewesen, erklärt Mock, „die Arbeit macht mir Spaß“. Immer mehr werde ihm dieser Spaß aber durch den Zwang, „alles zu kontrollieren, alles zu dokumentieren, durch den ganzen hohen Verwaltungsaufwand“ verleidet. Es sei noch schlimmer, bleibt Mock beim Beispiel GLÖZ: „Keiner kann‘s einem richtig erklären – wir Bauern sollen es aber anwenden.“ Was er alles dokumentieren muss, zählt Hubert Felix aus Roggenbeuren auf – eine lange Liste, die ihn von Nähr- bis Schadstoffen Punkt für Punkt fortdauerndes Bilanzieren abverlangt.

Alle fordern den Bürokratieabbau, erklärt Markus Maier, „tatsächlich aber wächst die Bürokratie ständig“. Damit auch die Belastung – nicht nur für Landwirte, stimmt Franz Frick aus dem Publikum in das Klagen ein. „Wir werden auf kaltem Wege entmündigt“, so Frick, weil sich immer mehr Bürokraten immer mehr neue Regeln ausdenken. „Die Industrie kann ins Ausland ausweichen, die Bauern sind dagegen ortsgebunden.“ Überdies, so Markus Maier, leide die bundesdeutsche Landwirtschaft am Wettbewerb mit jenen Landwirten, die in anderen Ländern weniger reglementiert werden und deshalb preisgünstiger produzieren können.

Karl-Heinz Kreidler, ein „I mein‘ halt“-Besucher aus Ittendorf, spricht die Komplexität an. „Alle reden von Regionalität – von dem was unsere Landwirte in der Region verkaufen, können sie nicht leben.“ Es brauche Vermarkter, starke Vertriebsgesellschaften. Nur so könne dem Preisdruck von Lebensmittelketten ansatzweise Paroli geboten werden. Dem Preisdruck eines marktbeherrschenden „Oligopols“, wie es Markus Maier nennt. Der Obsterzeuger verweist auf die Rolle der Politik. Billige Milch, billige Butter – das bedeute weniger Belastung für die Einkommensschwachen. Eben darin sehe er die Berechtigung für Agrarsubventionen. Sie gleiche nur die Verluste aus, die den Landwirten aufgebürdet würden. Lieber wäre ihnen ein gerechtes Marktgeschehen.

Am Ende ist es Susanne Schwaderer, die auf die Macht der Verbraucher hinweist. Die träfen Kaufentscheidungen. Könnten dadurch zumindest im Kleinen die Bauern in ihrer Nachbarschaft unterstützen, „indem sie auf deren Produkte zurückgreifen, um sich gesund zu ernähren“.