
Birgit Zimmermann ist Jane Kohura, die Stewardess bei der Zeitreise durch Markdorf, dessen Altstadt und dessen Geschichte. Die Rolle der Chrononautin im roten Outfit ist völlig neu und gehörte bislang noch nicht zu den von Hermann Zitzelsperger geschriebenen „Markdorfer Stadtgeschichten“. Wie Birgit Zimmerman sie spielte, begeisterte das Publikum.
Sie war gewissermaßen der Rote Faden durch sechs Jahrhunderte oder sieben Stationen mit Bildern und Szenen aus der Markdorfer Geschichte. Regisseur Jonathan Skawski hat den Rundgang inszeniert, den die Theatergruppe „kreuz & quer“ spielt.

Pilgern gegen Bezahlung
Das „Pilger-G‘schwätz“ bildet stets den Auftakt des Altstadtrundgangs. Markdorf ist im 15. Jahrhundert ein Ort auf dem Jakobsweg, einer von vielen. Die Lohn-Pilgerin, erkennbar an der Jakobsmuschel um ihren Hals, erläutert Markdorfer Frauen, wie mühselig ihr „Geschäft“ ist. Wandert sie doch im Auftrag von Menschen, die zwar den himmlischen Lohn einstreichen, die Zeit für eine lange Pilgerfahrt aber nicht investieren möchten und deshalb Geld bezahlen.

Unerwünschte werden rasch weitergereicht
Winfried Böhm schiebt die Bettelfuhr. Vom 17. bis ins 19. Jahrhundert besteht die Armenfürsorge zum Teil auch im Wegkarren der Bedürftigen. Sieche, Invaliden, Bettler werden von Stadt zu Stadt weitergereicht. Wo sie auftauchen, verteilt sie Stadtobrigkeit auf die Bürger. Für eine Nacht – bis die Bettelfuhr sie fortfährt. „kreuz & quer“ spielt die Szene ganz ohne Sozialromantik. Fast fühlt man sich an die Gegenwart erinnert, die Unerwünschte ebenfalls möglichst rasch weiterleitet.
Pralles Alltagsleben im 13. Jahrhundert
Au fein, endlich Städter, endlich eine Stadtmauer, freuen sich Waschfrau Linde und ihre Kolleginnen. Endlich gibt es einen Schutz vor wilden Tieren und Unholden, die um die Häuser streunen. Dass sich der Bau wie jedes gescheite Großoprojekt etliche Jahrzehnte hinziehen wird, stört wenig. Weiß frau sich doch in der Zwischenzeit mit dem einen oder anderen Handwerker ins Verhältnis zu setzen.
Auch diese Szene kommt gut an beim Publikum, belastet sie doch wenig mit sozialhistorischem Hintergrundwissen und zeigt stattdessen pralles Alltagsleben im 13. Jahrhundert.

Der Schrecken des Schwarzen Tods
O je, o je – große Not! Die Pest sucht die Stadt heim. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass der Dreißigjährige Krieg tobt – zum Glück im Unglück noch weit draußen, nicht vor den Toren der Stadt. Doch rafft die Seuche rund 900 Markdorfer hin. Die Mittel der Ärzte sind sehr, sehr beschränkt, wie Birgit Zimmermann in dieser düstren Szene erläutert. Die Bilder vom Schwarzen Tod sind ganz neu im Altstadtrundgang. Und sie sind sehr eindrücklich. Der Schrecken mag einem schier in die Glieder fahren, wenn die vermummten Seuchenknechte an Läden und Türen pochen.

Grimmiger Unmut gegen die Preußen
Traue keinen Kommissaren. Schon gar nicht, wenn sie von Regierungen entsandt werden, die noch gar nicht im Amt sind, sondern erst noch durch allfällige Revolutionen erstritten sein wollen. Ihre Vertrauensseligkeit bekommt den Markdorfer Streitern für Freiheit und Gerechtigkeit während der 1848er Revolution jedenfalls übel. Bringt der falsche Kommissar (Michaela Zurell) sie doch um ihre Ersparnisse.
Ihrem Unmut über die Preußen verleihen die Revolutionäre daher umso grimmigeren Ausdruck. Eindrucksvoll das Wirrwarr beim Exzerzieren – und noch eindrucksvoller Andreas Piekniewskis Senatorenstimme beim Kommandieren.

Die nächsten Termine
Die nächsten Altstadtrundgänge sind an den Sonntagen 18. August 2019 sowie 1. September und 29. September. Sie beginnen jeweils um 16 Uhr an der Mauritiuskapelle in Markdorf.