Eigentlich wollte Fabio Kopf aus Immenstaad als Jugendlicher Breakdance oder Hip-Hop lernen. An der Musicalschule Bodensee entdeckte er seine Liebe zu Tanz, Gesang und Schauspiel – und Schulleiterin Jeannette Munère erkannte sein Talent. Heute studiert der 19-Jährige an der Berliner Universität der Künste das Fach Musical/Show und hat es bis in die Finalrunde des Bundeswettbewerbs Gesang geschafft.
Am Dienstag betrat er dafür im Foyer der Deutschen Oper Berlin zum ersten Mal seit Monaten wieder eine Bühne. Mit jugendlich-aggressiver Energie gab er den „Jet Song“ aus der „West Side Story“, einfühlsam und nachdenklich präsentierte er „Wir können nur gewinnen“ aus „Anastasia“ und begleitete sich mit selbst ironischem Augenzwinkern selbst auf dem Klavier bei „Man müsste Klavier spielen können“ von Johannes Heesters.

„Es hat sehr viel Freude gemacht, und ich nehme es als Riesenkompliment, dass die Jury mich wiedersehen will“, sagt er nachher. Heute Mittag singt er in der Endrunde Songs aus „Cats“, „Anyone can whistle“ und von Udo Jürgens. Bei allem Lampenfieber freut er sich darauf: „Ich darf vor Publikum machen, wofür ich lebe“, sagt er.
Als Jugendlicher wurde die Musicalschule in Überlingen sein zweites Zuhause. „Ich bin da gleich nach der Schule hin, habe meine Kurse gemacht und bin abends mit der Seelinie zurück, habe gegessen, halbherzig Hausaufgaben gemacht, dann war der Tag vorbei“, erinnert er sich. An fünf Tagen in der Woche übte er Tanz, Schauspiel und Gesang, vor Aufführungen oder Wettbewerben auch am Wochenende.
Musical-Aufführung in Überlingen gibt den Ausschlag
Die Aufführung des Musicals „Fame“ 2019 in Überlingen gab den Ausschlag: Nach Proben mit Musikern und dem Regisseur des Stage Theaters Stuttgart gaben die Schüler der Musicalschule sechs Aufführungen. Fabio Kopf sang und tanzte den extrovertierten Joe Vegas. „Da wusste ich, das geht: auch beim sechsten Mal die Lust nicht verlieren, jeden Ton zu singen, als wäre es das erste Mal.“ Am Abend der mündlichen Abiprüfung am Droste-Hülshoff-Gymnasium fuhr er zur Aufnahmeprüfung nach Berlin – und wurde als einer von fünf aus 180 Bewerbern angenommen.

Der Alltag an der Uni ist vor allem eins: harte Arbeit, bis alles leicht aussieht auf der Bühne. Mit den drei Sparten Gesang, Tanz und Schauspiel haben Musicalstudenten lange Tage. Heute hat er morgens um 9 Uhr mit Gesangsstunden begonnen, sein Schauspielunterricht dauert am Abend bis 21.30 Uhr. Im Ballett wird gedehnt, bis die Tränen fließen, im Schauspielunterricht kommen die jungen Menschen sich selbst so nah, dass es weh tut.
Fortschritte sind mühsam erkämpft und es gibt reichlich Kritik. „Es ist ein Handwerk, das wir lernen, so viel Kunst wir auch später machen. Wir lernen die Technik, mit der wir auch an einem schlechten Tag eine gute Show geben können“, sagt er.
Die Leichtigkeit beim Tanz, die Fülle im Gesang, die Lust am Schauspiel und die Verbindung dieser drei – Fabio Kopf fasziniert vieles an seiner Tätigkeit. Er liebt die besondere Interaktion mit dem Publikum, bei der die Zuschauer ihre eigene Welt vergessen und er sie in seine mitnimmt. „Das ist der Grund, warum das Theater niemals aussterben wird“, ist er überzeugt.
Die Suche nach dem einen Moment
Aber eigentlich sucht er immer nach dem einen Moment, in dem alles ins Gleichgewicht kommt – die Geste stimmt, der Ton von selbst fließt, das Bein sich wie magisch in die Luft habt, Künstler und Publikum gemeinsam atmen. „Den gibt es nicht oft, diesen Moment. Aber ich glaube, ich werde noch mit 60 danach suchen“, sagt er. Erzwingen lässt er sich nicht. Aber anstreben wird ihn Fabio Kopf bei jedem einzelnen Auftritt – auch beim Wettbewerb.