„Was gibt‘s hier noch?“, fragt ein Passant seine Begleiterin. Eben waren sie auf dem Häfler Moleturm, jetzt wollen sie die Stadt offenbar weiter erkunden. Sie zücken ihre Smartphones und laufen zur Promenade.
Doch wie attraktiv ist die Stadt eigentlich für Gäste und Einheimische? Das haben wir Martin Ruf und Sieglinde Ege, den Vorsitzenden des Häfler Stadtforums und seine Stellvertreterin, gefragt. Mitglieder aus den Bereichen Handel und Dienstleistung, Tourismus, Kultur und Bildung gehören dem Forum an. Gemeinsam setzen sie sich für Friedrichshafen ein und wollen die Stadt weiter voranbringen.
Handlungsbedarf bei Aufenthaltsqualität
„Mein Herz schlägt für Friedrichshafen“, sagt Sieglinde Ege. Sie ist ein Häfler Original, in der Nordstadt aufgewachsen und seit vielen Jahren im Stadtforum engagiert. „Wir haben den See, insgesamt eine tolle Lage, die Industrie und die Unis“, zählt sie zahlreiche Vorzüge auf. Darauf allein könne man sich aber nicht ausruhen. Vor allem die Aufenthaltsqualität in der Stadt liegt ihr und ihren Mitstreitern am Herzen. Und da sehen sie durchaus noch Handlungsbedarf.

Martin Ruf ist in der Immobilienbranche tätig, engagiert sich ebenfalls ehrenamtlich im Stadtforum. „Die Kaufkraft in der Region ist hoch, der See bietet viel Potenzial“, sagt er. In einigen Bereichen sei aber in der Vergangenheit zu wenig passiert. Projekte seien nicht zur Umsetzung gekommen, als noch genügend Geld zur Verfügung stand. In Zeiten knapper Kassen werde die Realisierung umso schwieriger. Ein Beispiel sei das Zollhaus-Areal. „Hier muss dringend mehr Bewegung reinkommen“, sagt Ruf. Das Stadtforum lege den Finger immer wieder in die Wunde. Mancher könne es vielleicht schon nicht mehr hören, sagen Ruf und Ege schmunzelnd.
Positiv bewerten sie die Entwicklungen am Adenauerplatz. „Wenn die Pflanzen und Bäume hier erst grün sind, gibt das gleich ein ganz anderes Bild“, glaubt Sieglinde Ege. An anderen Plätzen in der Stadt müsse jetzt ebenfalls etwas passieren, etwa am Romanshorner Platz. Auch Martin Ruf betont: „Entscheidend ist, dass nicht nur über Projekte geredet wird, irgendwann müssen sie auch umgesetzt werden.“ Die Bürger müssten davon etwas sehen.
Stadtforum will Dialogpartner sein
Dabei seien nicht allein die Verwaltung und der Gemeinderat gefragt, auch Händler, Gastronomen und Immobilienbesitzer könnten mit einer entsprechenden Außengestaltung zu einem ansprechenden Stadtbild beitragen. „Wir wollen nicht nur motzen oder kritisieren, vielmehr sehen wir uns als Dialogpartner“, sagt Sieglinde Ege über das Stadtforum. Schließlich wolle man gemeinsam etwas erreichen. Manches gehe zu langsam voran, könne mitunter zäh sein, daher wollen sie „das Rad am Laufen halten“ und Stillstand vermeiden.
Im Vergleich zu anderen Städten stehe Friedrichshafen bei der Leerstandsquote zwar durchaus gut da, „am Buchhornplatz sind aber gleich drei Geschäfte nebeneinander leer“, sagt Sieglinde Ege. Auch in der benachbarten Passage sei es ruhig geworden. Das Stadtleben funktioniere heute zudem nicht mehr allein durch den Handel. „Das gilt in allen Städten“, sagt Martin Ruf und Sieglinde Ege ergänzt: „Innenstädte müssen heute Erlebnisorte sein, punkten durch Ambiente, Kultur und Gastronomie.“ Hier gebe es noch Luft nach oben. Entscheidend sei zudem der richtige Branchenmix, damit möglichst alle Bevölkerungsschichten angesprochen werden.
Martin Ruf macht deutlich: „An machen Stellen müssen wir den Trading-Down-Effekt stoppen. Handyläden, Imbissbuden und Co. gehören zur Angebotspalette sicherlich dazu, aber für eine gelungene Quartiersentwicklung muss es halt auch noch anderes geben.“ Als Trading-Down-Effekt wird in der Stadtplanung die Entwicklung bezeichnet, bei der ein Gebiet durch ausbleibende Kundschaft, Leerstände oder Ansiedlung weniger attraktiver Gewerbe an Wert verliert.
Mit Blick auf eine ausgewogene Mischung hebt auch Sieglinde Ege hervor: „Wir haben in der Innenstadt beispielsweise viele Bäckereiflächen, aber keinen einzigen Metzger mehr.“ Ein breiteres Angebotsspektrum wünscht sie sich auch bei der Gastronomie.
„Da braucht es einen guten Mittelweg“
Zur Debatte um Parkflächen in der Innenstadt sagt Martin Ruf: „Da braucht es einen guten Mittelweg.“ In seinen Augen kann das Auto in einer ländlichen Region nicht ganz aus den Städten verbannt werden, gleichzeitig sei eine Reduktion sicherlich notwendig. Positiv bewertet die Stadtforumsspitze die Entwicklung durch die Verkehrsberuhigung in der Friedrichstraße. „Natürlich kann man es nie allen recht machen, aber zumindest als Fußgänger ist man hier inzwischen wesentlich entspannter unterwegs“, sagt Ruf.
Effekte erhofft er sich auch von der Bewerbung der Stadt für die Landesgartenschau und damit verbunden einer nachhaltigen Aufwertung des Stadtbilds. „Das bringt dann hoffentlich auch wieder Bewegung in die Umgestaltung des Uferparks.“