Wenn der Zeppelin am Morgen des 16. Oktober in den Himmel steigt, dann sitzen nicht wie sonst Passagiere mit Fotokameras und Ferngläsern ausgerüstet in der Gondel und freuen sich auf einen gemütlichen Rundflug über dem Bodensee. Wer an jenem Sonntag zwischen 9 und 10.20 Uhr einen Platz im Luftschiff ergattert hat, der wird mit Fallschirm und Helm ausgestattet etwa 15 Minuten später direkt über dem Landeplatz vor dem Hangar in einer Höhe von mindestens 700 Metern aus dem Zeppelin springen.

Insgesamt vier Mal startet der Zeppelin mit jeweils vier Fallschirmspringern zu den 15-minütigen Sonderflügen. Mit dabei sind nur erfahrene Fallschirmspringer, die bereits mindestens 400 Sprünge absolviert haben. Zwei von ihnen sind Nils Dickhoff und Sebastian Schuster aus München. "So einen Sprung macht man nicht jeden Tag", sagt Nils Dickhoff, der bereits auf 460 Fallschirmsprünge zurückblicken kann. Ihm gehe es bei der Sportart um mehr als den Sprung selbst. "Neue Plätze, neue Länder, verschiedene Flugzeuge, Hubschrauber und natürlich die Menschen – das alles macht den Reiz aus", betont er und fügt hinzu: "Der Zeppelin fehlt auf unserer Liste noch. Ein Sprung aus einem Luftschiff ist natürlich etwas ganz Besonderes, auch weil es bislang nicht die Gelegenheit dazu gab."

Auch für Sebastian Schuster ist Fallschirmspringen ein Gesamterlebnis. "Wer Fallschirmspringen als Sport betreibt, der möchte natürlich immer besser werden und daher so viel wie möglich springen", so der Münchner. Darüber hinaus wolle er andere Länder kennenlernen, Neues ausprobieren und die Zeit mit vielen besonderen Menschen an unterschiedlichen Sprungplätzen genießen. Er freut sich am 16. Oktober insbesondere auf den Sprung aus dem Zeppelin. "Aber auch auf die Umgebung, den Platz und die Aussicht." Sebastian Schuster hat bereits rund 710 Fallschirmsprünge absolviert und das an ganz unterschiedlichen Plätzen auf der Welt. "Highlights waren bislang Sprünge in Zell am See, wo es nur zwei Mal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, die Gelegenheit dazu gibt. Wir Fallschirmspringer entfliehen aber auch gerne der Wintersaison", sagt der 35-Jährige lachend. In Beni-Mellal in Marokko etwa gebe es einen tollen saisonalen Sprungplatz. "Außerdem lernen wir bei solchen Reisen die Kultur und die Menschen kennen." So auch am Plattensee in Ungarn oder der Algarve in Portugal.

Nils Dickhoff wagte den Sprung aus einem Flugzeug zum ersten Mal in Argentinien. "Ich habe meinen Zivildienst dort gemacht. Meine Schwester, die damals auch in Argentinien war, hatte die Idee zu einem Tandemsprung. Das war ein cooles Erlebnis und daher habe ich dann auch dort meine Lizenz gemacht," so der 32-Jährige.

Vor der Anmeldung zum Fallschirmsprung aus dem Zeppelin haben sich Sebastian Schuster und Nils Dickhoff gründlich informiert. "Ich hatte mehrfach Kontakt mit der Reederei, um mich über die Bedingungen zu informieren", erzählt Dickhoff. Der größte Unterschied zu den sonstigen Sprüngen der beiden ist die Absprunghöhe. "Normalerweise springen wir in etwa 4000 Metern ab. Dann folgen rund 60 Sekunden freier Fall und in etwa 1000 Metern ziehen wir den Fallschirm. In dem Moment haben wir eine Fallgeschwindigkeit von 250 bis 300 Stundenkilometer. Bei einer Absprunghöhe von etwa 700 Metern müssen wir hingegen sofort den Fallschirm ziehen", so Schuster. Und nach rund drei Minuten landen sie schon vor dem Zeppelin-Hangar.

Sprung aus dem Zeppelin

  • Warteliste: Die Sonderflüge sind bereits ausgebucht. Interessierte können sich aber auf eine Warteliste setzen lassen. Für den Fall, dass ein Teilnehmer absagt, können Interessenten nachrücken, sagt Andrea Fischer, Sprecherin der Deutschen Zeppelin-Reederei. "Aufgrund des riesengroßen Interesses an den Fallschirmsprung-Flügen haben wir außerdem geplant, solche Flüge auch im kommenden Frühjahr wieder anzubieten und werden uns dann direkt mit den Wartelisten-Kandidaten in Verbindung setzen", so Fischer weiter. Ein genauer Termin stehe noch nicht fest.
  • Zuschauer: Die Springer werden direkt auf dem Start- und Landeplatz des Zeppelins vor dem Hangar landen. Zuschauer können sich die Sprünge von den öffentlich zugänglichen Bereichen rund um den Zeppelin-Hangar ansehen. "Oder auf der Terrasse des Restaurants Zeppelin Hangar FN ein Frühstück genießen und dabei die Springer beobachten", schlägt Andrea Fischer vor. (wie)

Windverhältnissepermanent im Blick

Fritz Günther ist Chefpilot und Flugbetriebsleiter bei der Deutschen Zeppelin-Reederei:

Welche Vorbereitungen mussten Sie für diese besonderen Flüge treffen?

Zum ersten Mal bietet die Deutsche Zeppelin-Reederei buchbare Fallschirmsprung-Flüge an. Die Verfahren dafür wurden bereits in einigen Test-Sprüngen erprobt, festgelegt und genehmigt.
 

Worauf muss der Pilot bei einer solchen Aktion achten?

Der Pilot muss auf den Luftraum bzw. auf die Flugsicherungslage achten – in enger Zusammenarbeit mit dem Friedrichshafener Tower. Außerdem ist es wichtig, die Windverhältnisse vom Boden bis zur Absetzhöhe der Springer permanent im Auge zu behalten. Die Zusammenarbeit zwischen Cockpit und dem Jump Master, der an Bord für die Springer verantwortlich ist, ist ebenfalls ein zusätzlicher Aspekt im Vergleich zu unseren sonstigen Passagierflügen.
 



Normalerweise bleibt das Gewicht während eines Fluges konstant. Welche Auswirkungen hat es auf die Flugeigenschaften, wenn plötzlich vier Passagiere plus Ausrüstung weniger an Bord sind?

Auch während eines normalen Passagierfluges bleibt das Gewicht nicht immer konstant. Wir können zwischen plus 400 Kilogramm und minus 200 Kilogramm Landegewicht operieren. Das gibt uns ein Gewichtsfenster von 600 Kilogramm. Wenn wir also 400 Kilogramm schwer den Flug starten und vier Springer absetzen, so ist das Schiff immer noch rund 80 Kilogramm schwer – also immer noch in den operativen Limits.
 

Wie schwierig ist es für den Piloten, die Position des Zeppelins in der Luft zu halten, damit die Fallschirmspringer ohne Risiko abspringen können?

Aufgrund unserer Triebwerksanordnung und der Tatsache, dass diese schwenkbar sind, stellt das für die Piloten keinerlei Schwierigkeit dar. Mit dem Zeppelin NT können wir so exakt manövrieren wie mit einem Helikopter.
 

Fragen: Fabiane Wieland