Was ist aus dem Bürgerdialog geworden, in den vor gut zwei Jahren große Hoffnungen für die Zukunft der Gemeinde Deggenhausertal gesetzt wurde? Zur Erinnerung: Im Juli 2015 fand der Bürgerdialog "Gut leben auf dem Land – was uns wichtig ist" statt. Auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hatten sich rund 30 Bürger nach Auswahl durch das Ministerium in Workshops zusammengesetzt. Es wurden Inhalte für die Handlungsfelder bezahlbarer Wohnraum, Natur und Landwirtschaft, Infrastruktur, Bildung, Schule und Kultur sowie Lebensqualität zur Zukunftssicherung im Ländlichen Raum erarbeitet.

Zu allen Bereichen hatten die Teilnehmer Kritik, Anregungen und Ideen entwickelt, diskutiert und dann den jeweiligen Themen zugeordnet. Die Ergebnisse der anschließenden Diskussion mit Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) waren auf Flipcharts grafisch zusammengefasst und Lösungsansätze für mögliche Verbesserungen aufgezeigt worden. Bei einem Besuch des damaligen Bürgermeisters Knut Simon anlässlich der Grünen Woche im Frühjahr 2016 in Berlin waren die Ergebnisse des Dialogs, an dem bundesweit zehn Gemeinden aus dem ländlichen Raum beteiligt waren, präsentiert worden. Wobei die Gemeinde Deggenhausertal im Vergleich in allen Bereichen recht gut abschnitt.
Was ist danach konkret erfolgt? Dazu das Ministerium in einem Brief an die Teilnehmer: "Ziel unserer Dialogreihe war, den speziellen Anliegen ländlicher Regionen im Regierungsdialog 'Gut leben in Deutschland' eine Stimme zu geben. Ihre Beiträge sind in den Gesamtbericht der Bundesregierung zum Regierungsdialog 2015 eingeflossen, der im Sommer 2016 veröffentlicht wurde. Im November 2016 hat das Bundeskabinett dann einen Bericht zur Entwicklung der ländlichen Räume beschlossen. Er wurde unter der Regie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erstellt und gibt einen breiten Überblick über die Themen, die Sie benannt haben, über die Situation ländlicher Regionen und die Aktivitäten aller Bundesministerien mit Bezug zu ländlichen Räumen."

Und in Deggenhausertal selbst? Der Gemeinderat hatte dem Vorschlag zugestimmt, dass die aus dem Dialog entwickelten Maßnahmen in den einzelnen Handlungsfeldern vom Förderverein Deggenhausertal weiterverfolgt werden sollen. Dazu passte recht gut eine Projektarbeit der Hochschule Ravensburg-Weingarten unter dem Titel "Ländliche Gesundheitsversorgung im Deggenhausertal", die auch die Themen des Bürgerdialogs aufgriff und die im Oktober 2016 abgeschlossen worden war. Eine Studentengruppe um Professor Axel Olaf Kern hatte im Tal eine Befragung durchgeführt, die auch die Handlungsfelder des Bürgerdialogs zum Inhalt hatte. Der Vorsitzende des Fördervereins Siegfried Kopp erklärte gegenüber dem SÜDKURIER: "Ich habe von der Projektarbeit der Hochschule nie etwas gesehen und nach meiner Kenntnis auch nicht die Gemeinde." Durch den Gewerbetag seien die Kapazitäten des Vereins stark gebunden gewesen, aber er könne sich gut vorstellen, das Thema bei der nächsten Jahresversammlung wieder aufzunehmen.
Bürgermeister Fabian Meschenmoser bestätigt: "Die Gemeinde hat wiederholt versucht, Kontakt zur Hochschule aufzunehmen – ohne Erfolg. Die Projektarbeit haben wir nicht bekommen." Meschenmoser war im Herbst des vergangenen Jahres und zur diesjährigen Grünen Wochen auf Einladung des Ministeriums in Berlin, wo es auch um die Entwicklung der Gemeinden im ländlichen Raum gegangen ist.
Fördermöglichleiten
Im Oktober 2016 wurde durch eine Gesetzesänderung die "Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz" (GAK) erweitert und als Förderinstrument der ländlichen Entwicklung durch Bund und Länder gestärkt. 2017 folgten weitere Fördermaßnahmen, für die der Deutsche Bundestag 40 Millionen Euro bereitgestellt hat. Das Infoportal www.zukunft.land enthält einen "Landatlas", der die Lage in den ländlichen Regionen veranschaulicht. Es gibt dort einen Wegweiser zu den wichtigsten Fördermöglichkeiten. In dieser Legislaturperiode wurde das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) geschaffen. Es erprobt und fördert innovative Ansätze der ländlichen Entwicklung und trägt dazu bei, die ländlichen Regionen als attraktive Lebensräume zu erhalten. Der Bundestag hat das BULE 2017 von 10 auf 55 Millionen Euro aufgestockt.
"Es ist ein ständiger Dialog entstanden"
Christian Schmidt, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, beantwortet drei Fragen zum Thema Bürgerdialog.
Herr Minister, es ist jetzt zwei Jahre her, dass der sehr engagiert geführte Bürgerdialog in der Gemeinde Deggenhausertal stattfand. Wurde Ihrer Kenntnis nach in Deggenhausertal etwas von den Dialog-Ergebnissen umgesetzt?
Verschiedene Teilnehmer und Bürgermeister aus allen zehn teilnehmenden Gemeinden waren teilweise wiederholt in Berlin, sind über die Ergebnisse des Dialogs und die auf Grundlage des Dialogs entwickelten neuen Fördermöglichkeiten informiert worden. Es ist ein ständiger Dialog entstanden.
Es ist Bundestagswahlkampf. Gibt es Elemente, Schlussfolgerungen, Visionen aus dem bundesweiten Dialog, die in Ihr Wahlprogramm eingeflossen sind?
Insbesondere Erkenntnisse aus dem Dialog für die Versorgung im medizinischen Bereich, der Pflege und im Betreuungsbereich für Ältere sind in unserem Wahlprogramm berücksichtigt. Die komplette politische Gleichstellung der Entwicklung im ländlichen Raum ist das Ziel. Es wird ein zusätzliches Programm in Höhe von 55 Millionen Euro für Leuchtturmprojekte im ländlichen Raum aufgelegt.
Wie werden Sie, wie wird Ihr Ministerium, diesen Dialog fortführen? Sind konkrete Maßnahmen geplant? Können sich die Bürger von Deggenhausertal hier erneut einbringen?
Es wurde im Ministerium ein Beirat ländliche Entwicklung gebildet mit verschiedenen Themenclustern wie Medizin, Daseinsvorsorge und Struktur des Transportwesens. Nach der Wahl wird eine Kommission gebildet, die binnen eines Jahres eine Gesetzesvorlage ausarbeiten soll, was auf dem Land geändert werden muss. Die Ergebnisse sollen bis zum Jahr 2019 vorliegen.
Fragen: Wolf-Dieter Guip