Sie war laut und herzlich, hatte den Namen „Goschamarie“ nicht umsonst. Die frühere Wirtin im Gasthof „Zur Traube“ in Taldorf kurz hinter der Kreisgrenze in Richtung Ravensburg muss ein Original gewesen sein. Eine Frau, die ein bisschen wie Witwe Bolte aussah und breit schwäbisch schwätzte. Gemeint ist Maria Fugel, die 1994 mit 70 Jahren starb und nach der im Dorf sogar eine Straße und ein Mofa-Cup benannt sind.

Wirtshaus-Original wieder lebendig werden lassen

Als Stefan Mitrenga 1998 nach Taldorf zog, gab‘s die Wirtschaft schon nicht mehr. „Aber alle sprachen über die Goschamarie“, erzählt der 54-Jährige, der abends am Stammtisch im Landgasthof staunend und amüsiert den Geschichten lauschte. Nach und nach schrieb er sie auf, hatte bald 40, 50 Seiten mit urkomischen Sprüchen und Anekdoten beisammen. Und beschloss, die Goschamarie wieder lebendig werden zu lassen und ein Buch daraus zu machen.

Stefan Mitrenga hat schon den 6. Band der „Goschamarie“-Reihe geschrieben. Dieser Regionalkrimi spielt auch im Taldorfer ...
Stefan Mitrenga hat schon den 6. Band der „Goschamarie“-Reihe geschrieben. Dieser Regionalkrimi spielt auch im Taldorfer Rathaus, das auf dem Buchcover und hinter ihm zu sehen ist. | Bild: Mitrenga

Denn tagsüber hat der langjährige Radiomoderator von Radio7 bis Antenne Bayern und heutige Sprecher im heimischen Tonstudio zwischen seinen Aufträgen oft viel Luft. Er spricht Spots für Kinotrailer, macht Radio- oder Fernsehwerbung, liest Podcasts und Hörspiele. Viele kennen ihn noch als Hallensprecher bei Spielen der Volleyball-Profis des VfB Friedrichshafen in der ZF-Arena.

Ein Sprecher, der schreiben will? Dank eines Kurzstudiums über drei Semester in Journalistik war das kein Unding. Aber wie fängt man ein Buch an, das über viele Seiten Spannung und Spaß beim Lesen erzeugt? „Das kannst du nirgendwo lernen. Das kann man sich nur abgucken“, hat er festgestellt.

„Todlangweiliger“ erster Entwurf

Der erste Entwurf sei „todlangweilig“ gewesen, „wie von einem schlechten Witze-Erzähler“. Auf der Suche nach Ideen, wie er das Material aufpeppen könnte, blieb nach vielen Versuchen und fast vier Jahren eine nachhaltig hängen: einen Regionalkrimi daraus machen. Mit Menschen, die es in Taldorf und drumherum gibt oder geben könnte. Der Autor, der in Friedrichshafen aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, kennt die Region.

Stefan Mitrenga erfand Walter, einen pensionierten Postboten, der im Dorf die Zeitung austrägt und abends bei der Goschamarie im Wirtshaus einkehrt, wo an den Tischen herzhaft gespeist und getrunken und auch mal kräftig ausgeteilt wird. Zwischen reihenweise urigen Gestalten gibt‘s eine Leiche und bald einen Mordfall, den der Hobbyermittler aufklären will.

Start beim legendären Goschamarie-Mofa-Cup: In diesem Jahr gibt es schon die 16. Auflage. Der Name erinnert an die legendäre Wirtin ...
Start beim legendären Goschamarie-Mofa-Cup: In diesem Jahr gibt es schon die 16. Auflage. Der Name erinnert an die legendäre Wirtin Maria Fugel. | Bild: Claudia Wörner I SK-Archiv

Beim Schreiben bediente er sich Stilmittel von Autoren, die ihm gefielen, schrieb Kapitel für Kapitel, ließ den Text liegen, nahm ihn mit Abstand wieder zur Hand, änderte die Geschichte. So entstand 2018 der erste Dorfkrimi um die Goschamarie, „Alte Geschichten – neue Freunde“, stolze 364 Seiten lang.

Die ersten 250 Bücher gingen nur über Mundpropaganda weg. Dann entschied sich Stefan Mitrenga, den Krimi im Selbstverlag auch in die Buchläden zu bringen. Mit Epubli in Berlin hat er eine Plattform gefunden, die all das im Verlagsgeschäft managt, was er nicht selber machen kann. Viel bleibt vom Verkaufspreis allerdings nicht für ihn übrig. „Schönes Hobby, dass ein bisschen Geld einbringt“, sagt der Autor lachend.

Sechs Bände über die „Goschamarie“

Inzwischen liegt schon der sechste Band vor, „meine beste Geschichte“, sagt er. Die Weihnachtsepisode „Eis, Feuer & Breedle“ schrieb er im hitzigen Sommer bei teils 35 Grad und lüftet darin auch einige Geheimnisse, die in früheren Bänden offen geblieben sind. Zu seinem Erstlingswerk hat er heut eine eher kritische Distanz. „Ich hatte null Ahnung“, sagt er. Der Grundidee bleibt er in jeder Folge treu. Alles rankt sich um die Wirtin, die „für das Dorfleben steht, wie es früher einmal war“ und in seinen Büchern immer Dialekt spricht.

Bild 3: Vom Radiomoderator zum Krimi-Autor: Stefan Mitrenga macht „Goschamarie“ zur Buchheldin
Bild: Benjamin Schmidt I SK-Archiv

Auch der Seehas musste sterben

Zwischen den Goschamarie-Folgen hat Stefan Mitrenga noch zwei Krimis geschrieben und beide Fälle in Friedrichshafen verortet. Besonders der erste Thriller „Schwarzer Seehas“ (2021) bot Stoff für Diskussionen. Der Autor wagt es, das beliebte Symboltier des Häfler Kinder- und Heimatfestes einfach sterben zu lassen, als Kriminelle drei Schiffe der Weißen Flotte kapern und für die 1500 Passagiere an Bord eine nie dagewesene Lösegeldsumme fordern. „Drei Monate, nachdem das Buch erschienen war, gab es die erste Terrorübung an Bord eines Ausflugsdampfers, wo genau dieses Szenario geprobt wurde. Allerdings mit weniger Geiseln“, erzählt der Autor schmunzelnd.

Gerade ist der sechste Band der „Goschamarie“-Krimis im Handel.
Gerade ist der sechste Band der „Goschamarie“-Krimis im Handel. | Bild: Cuko, Katy

Siebte Folge in Arbeit

Auch in diesem Jahr will Stefan Mitrenga eine neue, die dann siebte Folge der „Goschamarie“-Reihe liefern. Hauptfigur bleibt Walter, der Hobby-Detektiv, der inzwischen schon einige Leichen ausgebuddelt und deren Mörder dingfest gemacht hat. „Ich hab noch Geschichten für ein paar Bücher“, sagt er, auch wenn noch eine konkrete Idee fehle. Der Schreibtisch neben dem Tonstudio lässt ihn jedenfalls nicht mehr los.