Hanspeter Walter und Lothar Fritz

Die geistlichen Impulse zu Ostern waren in Überlingen weitgehend medial vermittelt. Virtuell bei den Protestanten und traditionell medial via Radio bei den Katholiken.

Die evangelische Gemeinschaft der Gläubigen blieb auch beim Fest der Auferstehung virtuell. Dies galt auch für den Taizé-Aufruf „Im Dunkel unsrer Nacht entzünde das Feuer, das nie mehr verlischt“, der sonst an der in diesem Jahr abgesperrten Seepromenade rund um die lodernden Flammen erklang. Nur ein kleines Osterfeuer fachten Dekanin Regine Klusmann und Stadtpfarrer Kai Tilgner im familiären Kreis unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Garten des Pfarrhauses am See an, um daran zumindest die Osterkerzen zu entzünden.

Münsterpfarrer Bernd Walter am Altar des Überlinger St. Nikolaus-Münsters bei der Übertragung des Ostergottesdienstes auf SWR 4.
Münsterpfarrer Bernd Walter am Altar des Überlinger St. Nikolaus-Münsters bei der Übertragung des Ostergottesdienstes auf SWR 4. | Bild: Markus Korn

Aus dem Münster übertrug der SWR

Der in Überlingen geborene Dominik Frey ist seit 2015 Rundfunkbeauftragter der Erzdiözese Freiburg beim öffentlich-rechtlichen Fernsehsender SWR. So kam eine Kooperation zwischen ihm und Münsterpfarrer Bernd Walter zustande, die es ermöglichte, dass trotz des Gottesdienstverbotes in der Corona-Krise eine Osternachtfeier im Überlinger Münster gefeiert werden konnte und für die Gläubigen erlebbar wurde. Anstatt im Münster dabei zu sein, konnte die Überlinger Kirchengemeinde sie im Radiosender SWR 4 verfolgen. Die Messe wurde zwischen 22.05 und 23.30 Uhr im Rundfunk übertragen.

Evangelische Auferstehungskirche lud auf eigene Art ein

Die evangelische Auferstehungskirche indessen stand den Gläubigen offen und sie lud – unter Wahrung der Abstandsregeln – zu einem individuellen „Gottesdienst to Go“ auf dem Weg durch ein Labyrinth der Nachdenklichkeit ein. Seit Palmsonnntag war der Weg mit Ziegeln in dem lichten Gotteshaus ausgelegt, wo sonst die Bänke für die Kirchenbesucher stehen, und hatte schon in der Karwoche mit geistlichen Impulsen das Ende der Passionszeit begleitet. Von dort hatte Pfarrer Kai Tilgner am Karfreitag seine Gedanken aus der Auferstehungskirche zumindest online an die Gemeindemitglieder gestreamt.

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„Im Dunkel unsrer Nacht entzünde das Feuer...“: Am kleinen Osterfeuer im Garten des Pfarrhauses am See haben der evangelische Stadtpfarrer Kai Tilgner und Dekanin Regine Klusmann unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Osterkerzen entzündet. | Bild: Andreas Bücklein

Persönliche Osterkerze konnte entzündet werden

Am Ostersonntag nun stand im Zentrum des Labyrinths die Osterkerze, an der die Besucher am Ende des zwar unübersichtlichen, aber zielführenden Wegs ihre persönliche Osterkerze entzünden konnten. Viele nahmen ihre Kerze mit nach Hause, andere stellten sie am Ende auf den Ziegelsteinen ab, die sie zum Zentrum geführt hatten. Zudem konnten die Besucher Tulpenblüten in die Vasen stellen – als Zeichen des Lebens. So entstand bis zum Abend eine ganz besondere Atmosphäre.

Die Gläubigen konnten an der Osterkerze im Zentrum ihre persönliche Kerze entzünden.
Die Gläubigen konnten an der Osterkerze im Zentrum ihre persönliche Kerze entzünden. | Bild: Hanspeter Walter

„Es geht weiter und führt zu einem guten Ende“

„Wie können wir Ostern feiern angesichts dieses Lockdowns? Wie können wir die Botschaft der Auferstehung Jesu verkündigen in einer Welt, in der weltweit immer mehr Menschen an einem nicht erforschten Virus sterben?“ fragte Pfarrer Kai Tilgner zum Osterfest. „Ich habe ein Bild gefunden, dass in der mittelalterlichen christlichen Tradition versucht, die Spannung zwischen dieser Welt, wie sie ist, und der Wirklichkeit der Auferstehung auszudrücken: das sogenannte Lebensbaum-Kreuz.“ Es zeige den gekreuzigten Jesus, angenagelt, tödlich verwundet. „Aber das Kreuz, an dem er hängt – aus allen Seiten bricht das Leben heraus: grünende Blätter, reifende Trauben.“ Für Tilgner ist das zugleich die entscheidende Botschaft von Ostern: „Das Mord- und Folterwerkzeug des Kreuzes verwandelt in einen Baum des Lebens. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Das Leben siegt. Und trotz Kontaktsperre und Promenadensperrung, es geht weiter und führt zu einem guten Ende, wie wir seit mehr als 2000 Jahren glauben.“

Auch die Jüngerinnen und Jünger Jesus seien bei seinen Erscheinungen nach seinem Tod verwirrt, ja schockiert gewesen. „Und es brauchte noch einmal einige Zeit, bis sie verstanden, was diese Gegenwart Jesu bedeutete – nicht Wiederbelebung eines Toten, und auch keine Wiederkehr einer unsterblichen Seele. Sondern Beginn einer neuen, verwandelten Schöpfung, die mitten hineinkommt in unsere chaotische und tödliche Welt“, betont Pfarrer Tilgner: „Und so ist Ostern immer wieder und in diesem Jahr besonders eine Herausforderung, den Baum des Lebens zu entdecken und den Ruf hinauszutragen in die Welt: Halleluja, er ist auferstanden!“ Wo sich Christen an den Ostertagen begegneten, blieb der Friedensgruß – anders als gewohnt – ebenso distanziert wie das österliche Bekenntnis: „Er ist wahrhaftig auferstanden.“

Ein fast leeres Münster

Nur die liturgischen Dienste haben sich um Pfarrer Walter und Pater Theodor Shanika zum höchsten Festtag der Christenheit versammelt. Nach dem dreifachen Ruf „Lumen Christi“ wurde die Osterkerze, das Symbol des auferstandenen Christus, entzündet. Die Münsterkantorin Melanie Jäger- Waldau sang das feierliche „Exsultet“ mit der Botschaft, „Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach“.

Ein Blick von oben in das fast leere Kirchenschiff des Münsters
Ein Blick von oben in das fast leere Kirchenschiff des Münsters | Bild: Melanie Jäger-Waldau

Ein Kind stellte im Verlauf der Feier achtmal die Frage, „Warum ist diese Nacht anders als die anderen Nächte?“. Diese Frage beantworteten die Lektoren mit den Lesungen aus dem Alten Testament. Aus dem Buch Genesis über die Erschaffung der Welt, dem Buch Exodus, Auszug des Volkes Israel aus Ägypten und aus dem Buch Jesaja. Am Ende dieser Vigil wurde bei vollem Licht und Glockengeläut das Gloria angestimmt. Das Evangelium nach Matthäus berichtet von der Begegnung der Frauen mit dem Engel am leeren Grab: “Fürchtet Euch nicht, er ist nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat“.

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„... und Hoffnung trotz allem“

In seiner Predigt schilderte Münsterpfarrer Walter drei Ostererlebnisse, die den Glauben an das Licht in der Dunkelheit zum Inhalt hatten. Er betonte: „Und diese Hoffnung ist das Geschenk von Ostern, wenn ich das Glaubensbekenntnis spreche“. Für ihn und alle Hoffnungssuchenden ist die Flamme der Osterkerze das wichtigste Zeichen für Ostern. Ein kleines Licht im Dunkeln und Hoffnung trotz allem, „denn der Herr ist wahrhaft auferstanden“. Der großen Heiligenlitanei folgte die Weihe des Wassers für die Taufen und die Erneuerung des Taufversprechens.

Zum außergewöhnlichen Schluss des Ostergottesdienstes dankte Pfarrer Walter allen Mitwirkenden des Hörfunks, und den Hörern vom Südwestrundfunks und Saarländischem Rundfunk, für das Mitfeiern. Mit dem Segen, exakt zum vorgesehenen Zeitpunkt um 22.30 Uhr, endete die Übertragung.