Sie waren damals die jüngsten Herbergseltern Deutschlands: Agnes und Holger Weppler waren erst 23 und 25 Jahre alt, als sie eine Jugendherberge in Westfalen leiteten. Das ist jetzt über 30 Jahre her. Vielleicht hat ihnen ihre Erfahrung dabei geholfen, durch die Pandemie zu kommen.

Agnes Weppler (56) stammt aus Überlingen-Goldbach. Holger Weppler wurde in Bremen geboren. Nach Überlingen kam er, weil seine Eltern hier die Jugendherberge leiteten. In Überlingen haben sie sich jedoch nicht kennengelernt, sondern im Alter von 14 und 16 Jahren bei einer Fahrradtour im Elsass: „Da hat es gefunkt“, erzählt Holger Weppler (58) mit einem Lächeln. Das Ehepaar hat eine 29-jährige Tochter, seit 2022 sind sie Großeltern.

Gästebetreuung und Unternehmertum

Als junges Paar waren Agnes und Holger Weppler in Überlingen zunächst stellvertretende Hausleiter, bevor sie Herbergseltern in Westfalen, Freiburg und Titisee wurden. 2008 kehrten sie als Hausleiter nach Überlingen zurück. Der gute Standort, die Größe der Jugendherberge, aber auch die Region selbst seien für diese Entscheidung ausschlaggebend gewesen. Ihr Beruf sei nie langweilig. Die unternehmerische Tätigkeit und der Gästekontakt seien spannend.

Die Jugendherbergseltern Agnes und Holger Weppler im Speisesaal der Martin-Buber-Jugendherberge Überlingen.
Die Jugendherbergseltern Agnes und Holger Weppler im Speisesaal der Martin-Buber-Jugendherberge Überlingen. | Bild: Eike Kirchmaier

Wer steigt heute in Jugendherbergen ab?

Die Bedürfnisse der Gäste haben sich über die Jahre gewandelt. Ein reines Dach über dem Kopf sei eine Jugendherberge schon lange nicht mehr, Pauschalprogramme gewinnen immer mehr an Bedeutung, berichten die Herbergseltern. „Auch das Tagungsgruppensegment ohne Übernachtungen, ist ein neu dazugekommenes Geschäftsfeld“, so Holger Weppler.

Einschränkungen in der Pandemie

Doch Anfang 2020 überschattete die Covid-19-Pandemie den gewohnten Lauf der Dinge. Schnell wurde im März 2020 beschlossen, dass keine Gäste mehr aufgenommen werden dürfen. Mitte 2020 dann ein kleiner Hoffnungsschimmer. Mit neuem Hygienekonzept konnte die Martin-Buber Jugendherberge, wenn auch nur mit etwa 100 Gästen den Betrieb wieder aufnehmen. Die maximale Auslastung liegt bei 240 Gästen.

Einbruch der Besucherzahlen um zwei Drittel

Während das Kultusministerium Ausfallzahlungen übernahm, half das Herbergswerk Baden-Württemberg bei rechtlichen Belangen. „Es wurde fair und gut geholfen“, so Agnes Weppler. Doch die Möglichkeit zur Aufnahme von vielen Gästen blieb lange aus. Während in normalen Jahren rund 43.000 Übernachtungen stattfinden, waren es 2020 nur 17.000. Während es 2021 schon 21.000 Übernachtungen waren, stieg diese Zahl über die Jahre weiter kontinuierlich an und lag 2022 bei insgesamt 37.000. Mit etwa 40.000 Übernachtungen, die oftmals schon über ein Jahr im Voraus gebucht werden, werde 2023 wieder ein normales Jahr.

„Das war eine Zeit extremer Unsicherheit, es wusste ja keiner, wie es weitergeht.“
Agnes Weppler

Doch auch wenn sich die Zahlen wieder auf einem normalen Wert eingependelt haben, bleiben die Gedanken an die Pandemie zurück: „Das war eine Zeit extremer Unsicherheit, es wusste ja keiner, wie es weitergeht. Wir haben ja auch eine große Verantwortung unseren Mitarbeitern und Gästen gegenüber“, sagt Agnes Weppler. Auch mit der Unsicherheit der Gäste und mit den Sorgen der Eltern, wenn Schulklassen verreisten, musste umgegangen werden.

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Die Gäste buchen immer kurzfristiger

Veränderungen brachte Corona auch im Reiseverhalten der Gäste mit sich: „Man merkt den Nachholbedarf der Gäste, jetzt wo das Reisen wieder möglich ist. Holger Weppler: Auch das Buchungsverhalten ist kurzfristiger geworden, sogar im Sommer.“ Doch auch wenn sich durch die Pandemie vieles verändert hat, auf die Gäste sei Verlass: „Es gibt viele Stammgäste, und das nicht nur aus dem Gruppenbereich. Es gibt bestimmte Schulen, die seit Jahrzehnten in die Martin-Buber-Jugendherberge nach Überlingen kommen.“

Fabienne Bachofer (55) mit einem Teil der Reiseteilnehmer.
Fabienne Bachofer (55) mit einem Teil der Reiseteilnehmer. | Bild: Eike Kirchmaier

Das Beispiel einer Gruppenreise aus Bern

Während rund 70 Prozent der Gäste Schulklassen sind, finden sich auch andere Gruppen wie Musikgruppen, Tagungsteilnehmer und auch Kirchengemeinden in der Jugendherberge in Überlingen ein. Darunter Fabienne Bachofer (55) aus Bern, die für die Katholische Pfarrei St. Marien in Bern Ausflüge organisiert. Die Teilnehmer ihrer Gruppe sind 2 bis 93 Jahre alt. Die über 90-Jährigen, berichtet Fabienne Bachofer lachend, hätten aber ein Bett im Hotel vorgezogen. Auf die Frage, warum sich die Reisegruppe für eine Jugendherberge entschied, meint Bachofer, dass es die vielen Gruppenräume seien, aber auch die Möglichkeit, viele neue Menschen kennenzulernen. „Man sollte immer aufgeschlossen für Neues sein“, sagt Bachofer und zeigt auf ein Zitat von Martin Buber, das im Empfangsraum der Jugendherberge angebracht ist: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“