Eva-Maria Bast

Zu dem Haus mit dem Türmchen auf dem Stein blickt manch ein Thermebesucher voller Bewunderung hinauf. Cornelia und Michael Nagel können es ihr Eigen nennen. Seit 1990 wohnen sie in diesem Haus und damit auch in der Straße "Auf dem Stein." Aus beruflichen Gründen zog die Familie mit den drei kleinen Kindern damals aus Tuttlingen nach Überlingen und Cornelia Nagel hatte sich schon an die Hundert andere Häuser in der Umgebung angesehen, bevor sie dieses Wohnhaus fanden, das obendrein das des einstigen Überlinger Bürgermeisters Heinrich Emerich war.

So schön das Haus war und so wohl sie sich gleich fühlten: die heute in der ganzen Stadt so gut integrierten Nagels hatten es anfangs ziemlich schwer, wie sie rückblickend berichten: "Die Straße war damals total überaltert, hier 'Auf dem Stein' wohnten kaum Kinder", erinnert sich Cornelia Nagel. "Hier lebten auch durch das Vianney-Hospital überwiegend alte Leute." Auch ansonsten sei die Integration in Überlingen für sie sehr schwierig gewesen: "Ich lief mit meinen Kindern in den Kindergarten und sagte 'Guten Morgen' und alle drehten sich weg", erzählt sie viele Jahre später. Doch die junge dreifache Mutter gab nicht auf, schaltete eine Anzeige in der Zeitung, in der sinngemäß stand: "Bin neu zugezogen, suche Anschluss" und kam in Kontakt mit den Frauen Auriga, Munding und Schwarzwälder, die eine Krabbelgruppe gegründet hatten. In der engagierte sich Cornelia Nagel dann auch gleich kräftig und der Integration stand nichts mehr im Wege.



Seither sind Jahre, Jahrzehnte vergangen. Die Kinder der Nagels sind aus dem Haus, Nagels sind Großeltern geworden, die Straße "Auf dem Stein" hat sich verändert. Sehr sogar. "Vis a vis haben sie eine schöne alte Villa abgerissen und ein Achtparteienhaus gebaut", bedauert Cornelia Nagel. "So was Ähnliches hätten wir auch machen können, als wir das Haus kauften, hieß es, wir könnten noch acht Wohneinheiten in den Garten bauen. Das haben wir natürlich nicht gemacht. Wir hätten uns die ja ganze Atmosphäre kaputt gemacht."

Auch heute noch sei das Wohngebiet "Auf dem Stein" sehr durch das Vianney-Hospital dominiert, viele der hier stehenden Häuser gehören zu dem Alten-Pflegeheim dazu, sagt Michael Nagel. Doch im Vergleich zu früher sei "der Stein" jünger geworden, "heute leben hier viel mehr Kinder, der Altersdurchschnitt ist sehr nach unten gegangen".

Für Cornelia und Michael Nagel ist die Straße "Auf dem Stein" seit vielen Jahren der perfekte Wohnort.
Für Cornelia und Michael Nagel ist die Straße "Auf dem Stein" seit vielen Jahren der perfekte Wohnort. | Bild: Magdalena Stoll

Bedauerlich findet Michael Nagel aber den Umstand, dass es "Auf dem Stein" recht viele Zweitwohnungen gibt und dadurch viele Rollläden häufig unten sind. "Das bedeutet einen großen Wechsel und mit den Leuten, die hier nur einen Zweitwohnsitz haben und nicht so oft da sind, kommt man auch nicht so gut in Kontakt." Diese Bewohnergruppe mache sicherlich ein Drittel der "Auf dem Stein" lebenden Menschen aus. "Ein weiteres Drittel entfalle auf das Vianney, das eine Welt in sich sei, aber mit dem letzten Drittel sind wir in sehr gutem Kontakt", sagt Michael Nagel.

Diese Nachbarschaft wird sehr gepflegt: "Man trifft sich ein Mal im Jahr reihum, jeder kommt mal dran, jeder ist mal Gastwirt", berichtet Cornelia Nagel. Insgesamt sei es sehr angenehm, hier zu wohnen, findet das Ehepaar. "Es ist eine wunderschöne Villenstraße mit direkter Nähe zur Natur, man muss nur bis zum Ende gehen, dann ist man im Wäldle und im Stadtgarten, außerdem sind wir im Nu am See." Schön fände Cornelia Nagel, wenn es ein kleines Lebensmittellädchen für schnelle Besorgungen gäbe – so wie früher einmal. "Das wäre praktisch", meint sie. Ansonsten fehle ihr nichts, betont die Überlingerin und ergänzt: "Ich gehe hier nicht mehr weg."

"Auf dem Stein", das ist eine der besten Adressen in Überlingen. Wer hier lebt, sagt man, sei fein. Michael Nagel grinst, als er mit diesem "Vorurteil" konfrontiert wird, sagt, das habe er schon oft gehört und erklärt: "Früher war das noch viel stärker. Da haben einige ältere Damen ganz anders angeschaut, wenn man sagte, man lebe 'Auf dem Stein"."

Idyllisch: Die Straße "Auf dem Stein".
Idyllisch: Die Straße "Auf dem Stein". | Bild: Magdalena Stoll

Blick in die Geschichtsbücher

Die Wohngegend „Auf dem Stein“ gilt in Überlingen als besonders fein und edel, was nicht zuletzt an der Seesicht und den vielen villenartigen Häusern liegen mag, die allerdings wie überall zunehmend großen Mehrfamilienhäusern weichen müssen. Historisch besonders interessant ist der an die Straße angrenzende Stadtgarten. Hier steht zum Beispiel das Hexenhäuschen, das 1905 gebaut wurde.

Damals schrieb der SÜDKURIER-Vorläufer „Seebote“: „Die Besucher unserer städtischen Anlagen, welch letztere gerade jetzt in voller Pracht stehen, werden überrascht sein, wenn sie die Treppe zum Pavillon in den oberen Anlagen emporsteigen. Dort ist in den letzten Tagen ein niedliches Waldkirchli' erbaut worden, eine Klausnerwohnung, im norwegischen Stil aus Holz errichtet.“ Leider verfiel das Häuschen mit der Zeit immer mehr. Bis die Überlinger die Wandlung vom einstigen Schmuckstück zum Schandfleck nicht mehr ertrugen und dank einer Bürgerinitiative 1999 Rettung in Sicht war. Handwerker, Bürger sowie unzählige Institutionen spendeten und Handwerker/Architekt Thomas Pross und Statiker Andreas Taglang stellten ihre Arbeitsleistung zur Verfügung.

Das unter Denkmalschutz stehende Häuschen wurde nach historischem Vorbild saniert. Auch spannend:
Die Teufelstreppen, über die man „Auf dem Stein“ von der Stadt aus erreicht. Gebaut wurde die Treppe vermutlich um 1870. Ihren Namen verdankt sie dem Wirt Anton Teufel, sein Vorgänger Bräumeister Kasper Müller hatte Höhlen in den Sandstein graben lassen. Die originale Treppe wurde im Zuge eines Kanalbaus abgerissen und erst einmal nicht wieder aufgebaut. Glücklich war damit niemand und die Bürger wollten ihre Treppe zurück. Die Stadt bewegte sich und stellte die nötigen Mittel zur Verfügung.

 Die Schüler der Jörg-Zürn-Gewerbeschule und allen voran der Lehrer Hansjörg Straubhelfen mit, 1999 konnte die neue Treppe fertiggestellt werden. Eröffnet wurde die Treppe passenderweise vom damaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel. (mku)
 

Zahlen, Zahlen, Zahlen

597 Meter lang ist die Straße "Auf dem Stein"

Die kleineste Hausnummer ist die 2 und die größte die 56

Von unten nach oben muss man 104 Stufen der Teufelstreppe überwinden

Auf dem Stein leben 175 Bewohner

Bild 3: Sommerserie Meine Straße: "Auf dem Stein" in Überlingen

Was fehlt in meiner Straße?

  • Rücksichtnahme von Autofahrern: Häufig wird zu schnell gefahren.
  • Mülleimer: Vor allem am Kneipp-Becken.
  • Einsicht von Hundebesitzern: Die Hinterlassenschaften der Vierbeiner bleiben nach Ansicht der Anwohner zu oft liegen.
  • Einhaltung von Parkregeln: Die Anwohner wünschen sich deutlichere Hinweisschilder.
  • Parkplätze

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