
Überlingen kommt zweimal jährlich einem Gelübde nach, das der Magistrat der Stadt, also das politische Gremium der Stadt während des Dreißigjährigen Kriegs abgab. Gedacht wird dem Schutz vor Belagerungen durch Schwedische Truppen. Im Volksglauben tief verankert ist die Überzeugung, Maria, der Mutter Jesu, sei es zu verdanken, dass die Schweden um General Horn kampflos abzogen – bevor sie die Nachbardörfer brandschatzten.
In heutiger Zeit wird bei der Schwedenprozession daran erinnert, dass bei der Flugzeugkatastrophe von 2001 am Boden kein Mensch zu Schaden kam. Außerdem wird um den Frieden in der Stadt gebetet. An Gottesdienst im Münster und an der Prozession beteiligen sich auch die Stadtoberhäupter aus Oberbürgermeister und Gemeinderat.
Begleitet wird der Zug von der Stadtkapelle, den Pfadfindern, dem Trachtenbund sowie bei der zweiten Schwedenprozession im Juli von den Schwertletänzern.
Wie Überlingenes neuer Stadtpfarrer Bernd Walter in seiner Predigt sagte, sei er oft gefragt worden, wie er seine erste Schwedenprozession abzuhalten gedenke. „Wir machen es im Großen und Ganzen wie im letzten Jahr“, antwortete er und nahm damit Bezug auf die Tradition. Rituale, also Wiederholungen, könnten als ein „sich etwas wieder holen“ verstanden werden, sich zurückholen, was in unserem Wohlstand oft verloren gehe: Die Dankbarkeit. Walter: „In diesem Sinn ist die erste Schwedenprozession eine Wiederholung. Win wieder holen von Dankbarkeit.“ Zum Beispiel der Dankbarkeit dafür, „in einem vereinten Europa leben zu können, in dem sich die Länder nicht bekriegen, sondern ein Miteinander leben“.
Bernd Walter in seiner Predigt: „Diese Schwedenprozession möchte uns Dankbarkeit lehren. Zufriedenheit. Wer zufrieden ist, hat gelernt zu sehen, was er hat. Wer unzufrieden ist, hat gelernt zu sehen, was er nicht hat.“
Allerdings steht für ihn die Prozession nicht in einem rein irdischen Umfeld. Ohne Beziehung zu Gott, so der Priester, „wäre das heute in meinen Augen eine ziemlich sinnfreie Veranstaltung“. Walter: „Als Christ muss ich mein Leben nicht alleine schultern, sondern da ist noch einer und der geht mit. Daran erinnert uns diese Prozession. Gott geht mit durch unsere Stadt!“
Wenn er gefragt werde, was ihm der Glauben bringt, sage er: Nicht viel, keine besseren Schulnoten, keine bessere Gesundheit und keinen größeren Erfolg im Beruf. „Der Glaube bringt letztlich nur eines: Eine Beziehung mehr.“ Und so würdigte er die Schwedenprozession als eine Enttabuisierung von Glaubensüberzeugungen. „Diese Wiederholung der Schwedenprozession bringt Gott wieder neu ins Spiel.“