Faszinierend am neuen Café Walker ist der freie Blick: vom Wasser bis zur Hofstatt und umgekehrt. Tritt man von der Hofstatt her ein, sieht man den See. Aus den ehemals verwinkelten Räumlichkeiten wurde eine durchgehend freie Fläche geschaffen, die wie die Überlinger Gassen zum See Durchblick zum Wasser bietet. "Die Möglichkeit, genau diesen Durchblick zu schaffen, war so verlockend, dass wir eine ganze Menge getan haben, um das hinzukriegen. Jetzt sind wir stolz über das Ergebnis", erklärte der Bauherr und Eigentümer Michael Stehle. Eine architektonische Leistung, für die der Bauherr viel Geld in die Hand genommen habe, erklärte der Architekt Klaus-Dieter König.

Die Statik, die auch die Nachbargebäude sichert, wurde massiv verändert. So kommt man im Gebäude gänzlich ohne Säulen oder sichtbare Träger aus. "Daher haben wir mehr Zeit für den Umbau gebraucht – es hat sich gelohnt", freut sich Klaus-Dieter König.

Der erste Eindruck der zahlreichen Gäste, die am Dienstagnachmittag zur Eröffnung gekommen waren: Hübsch, aber auch spannend sei es geworden, am Puls der Zeit, urban und dennoch unverkennbar das Walker. Der Wintergarten ist geblieben, allerdings mit neuen versenkbaren Fenstern. Die Terrasse mit Barhockern, hohen Tischen und Loungemöbeln wirke noch etwas kalt, hier fehle ganz einfach der Baum, meinte ein Besucher. An diesen Baum erinnert ein Wandgemälde in der Nische im Walker.

Sensibilität bewies man bei der Gestaltung des Cafés. Für die Einrichtung war eine italienische Firma verantwortlich. Fragmente wie das freigelegte alte Mauerwerk oder die Wandfliesen und die komplett neu gestaltete Bar wirken harmonisch. Der Mix aus Kronleuchtern und modischen Lampen mutet wie eine Komposition aus Tradition und Moderne an.

Wird ein neuer Kult aus dem Vergangenen geschaffen und können die Walker-Gäste bald wieder tanzen? Das Walker war eines der ersten Tanzlokale Süddeutschlands, die Tradition reicht bis in die 1960er Jahre zurück. Auch unter dem ehemaligen Eigentümer Axel Ehrle traf sich das tanzfreudige Publikum über 30 Jahre lang im Walker. Gäste kamen sogar aus Zürich. Die Lokalität war einmalig, man konnte tanzen und dann auf der Terrasse sitzen.

Im Februar hatte Axel Ehrle erklärt, das Walker sei genau wie er in die Jahre gekommen und daher sei ein Wechsel angebracht. Der neue Pächter Kostas Panagiotidis erklärt: "Das Tanzen hat im Walker eine lange Tradition und ich könnte mir das Angebot durchaus vorstellen. Wir überlegen, was wir daraus machen können. Unsere Öffnungszeiten, am Wochenende bis 2 Uhr, sind dafür nicht ungeeignet."

Passend dazu veranstaltet der ehemalige Discjockey des Walker, Reinhard A. Weigelt, zusammen mit seinem Kollegen Luigi die vierte Café-Walker-Kultnacht in der ehemaligen Kapuzinerkirche im Rahmen von Kultur im Kapuziner. Discjockeys mit dem Repertoire vergangener Zeiten wären also vorhanden. Wie die Kultnacht in den vergangenen Jahren zeigte, gilt das ebenso für das tanzfreudige Publikum in der Region.

Jetzt sei es aber zunächst das Wichtigste, meint Panagiotidis, dass die Überlinger Flaniermeile wieder komplett sei. Darüber freuten sich auch die Gäste nach einer rund sechs monatigen Umbauphase. Und sie freuten sich, ein bekanntes Gesicht zu sehen: Michael Kaufmann, seit 30 Jahren Kellner im Walker und somit eine Institution, gehört zum 15-köpfigen Team.

Das Walker

1924 eröffnete das Café Walker und ist damit das älteste Café Überlingens. Seit Ende der 1960er Jahre traf sich hier fast drei Jahrzehnte lang auch das tanzfreudige Publikum in einem der ersten Tanzlokale Süddeutschlands überhaupt. Seit 90 Jahren steht das Café Walker auch für den gepflegten Kaffeeklatsch. Wie der neue Pächter erklärt, soll dies mit bewährtem Kuchenangebot auch so bleiben.

Der ehemalige Besitzer Axel Ehrle hatte den Betrieb 1988 vom Ehepaar Meister übernommen. Nachdem er im Februar das Gebäude an Michael Stehle verkauft hatte, heißt der neue Pächter jetzt Kostas Panagiotidis. Er ist den Überlingern bekannt und bewirtschaftet auch das griechische Lokal neben dem Café Walker.