Stetten, Hagnau und Daisendorf gehören zu den flächenmäßig kleinsten Gemeinden im Bodenseekreis. Dennoch blieben sie im Zuge der Gebietsreform in der ersten Hälfte der 1970er Jahre, als durch Eingemeindungen größere Verwaltungseinheiten gebildet wurden, selbstständig. Lediglich der Bildung des Gemeindeverwaltungsverbands Meersburg wurde zugestimmt, was damals zulässig war. Wie kam es dazu?
Verzicht auf stattliche Förderung durch das Land
Den Gemeinden, die sich für den Zusammenschluss zu einem Gemeindeverwaltungsverband entschieden, entging eine doch stattliche Förderung durch das Land, erläutert Kreiskulturamtsleiter Stefan Feucht dazu. Im Falle einer Eingemeindung wäre die Förderung nach Meersburg geflossen.

Eingemeindungen sollten also nicht nur verwaltungstechnische, sondern auch finanzielle Vorteile mit sich bringen. So war jüngst beim Dorffest in Lippertsreute zu hören, dass die Eheschließung mit der Stadt Überlingen eine Mehrzweckhalle ermöglichte, und sich die Bürger in Bambergen über ein Schwimmbad freuen konnten, beides bezahlt vom Land Baden-Württemberg.
Doch die Bürgervertreter aus den kleinen Gemeinden um Meersburg lehnten ab. „Die Entscheidung für den Verwaltungsverband fiel wohl – so ist dem SÜDKURIER zu entnehmen – bei einem Treffen der Gemeinderäte und Bürgermeister im Grünen Baum in Stetten Anfang August 1972“, schreibt der Kreiskulturamtsleiter. Der damalige Daisendorfer Bürgermeister Wegener habe ein klares Votum für die Verwaltungsgemeinschaft abgegeben.
Nicht an den Lasten der anderen beteiligt werden
Bei dieser Lösung, zitiert Stefan Feucht Wegener, „würden die Gemeinden weitgehend ihre Selbstständigkeit behalten, jedoch wesentliche Aufgaben an die Verwaltungsgemeinschaft delegieren. (…) Trotz gemeinsamer Kasse aber würden die einzelnen Gemeinderäte ihre Haushalte selbst beschließen, selbst verwalten und nicht an den Lasten der anderen Teilgemeinden beteiligt werden.“ So wird das Zahlenwerk zum Haushalt in Stetten zum Beispiel durch die Kämmerei im Gemeindeverwaltungsverband vorgestellt. Der Beschluss darüber obliegt aber alleine den Räten im örtlichen Gremium.
Stettens Bürgermeister Daniel Heß sagt: „Ich bin überzeugt, dass die Entscheidung für die Selbstständigkeit Stettens in Verbindung mit dem Gemeindeverwaltungsverband richtig und wichtig war. Haben wir mit dem Verband einen größeren Handlungsspielraum, um Kräfte zu bündeln, und können Fachpersonal zielgerichtet und wirtschaftlich einsetzen.“ Die Entscheidungsträger hätten zur damaligen Zeit eine zukunftsweisende Entscheidung getroffen, meint Heß. „Mag sein, dass das ein oder andere Viertele im Stettener Grüner Baum zur Entscheidungsfindung beigetragen hat“, scherzt der Bürgermeister.
Aufgaben der Zukunft in der Gemeinschaft schultern
Heß, damals noch ein Kind, zeigt sich hinsichtlich des Gemeindeverwaltungsverbands zufrieden: „Viele Themen, die wir im Verband zusammen angepackt haben, sind im Ergebnis positiv. Hier denke ich beispielsweise an den Ausbau der Breitbandversorgung. Alleine hätte das keine unserer Verbandskommunen geschultert.“ Die Zusammenarbeit beschreibt er als „vertrauensvoll“ und „gut“. Heß erklärt: „Wir sollten in Zukunft aufgrund der immer komplexeren Anforderungen und der Aufgabenvielfalt unsere Zusammenarbeit weiter intensivieren.“

Volker Frede, Bürgermeister in Hagnau, schließt sich an: „Die Entscheidung damals war sicherlich keine leichte, aber zukunftsweisend. Sie hat unserer Gemeinde die Eigenständigkeit bewahrt und zugleich den Rahmen geschaffen, dass im Miteinander verschiedene Aufgaben bewältigt werden konnten, die alleine nicht möglich gewesen wären.“ Die Gemeinschaft mit der Stadt Meersburg sowie den Gemeinden Stetten, Daisendorf und Uhldingen-Mühlhofen nennt er konstruktiv und vertrauensvoll. „Und das ist wichtig und richtig, denn Aufgaben gibt es genug“, meint Frede. In den vergangenen Jahren, die er persönlich beurteilen könne, „haben wir auch immer mehr Themenbereiche erkannt, in denen ein gemeinsames Herangehen der richtige Weg ist und wir dies auch so machen. Für jede Kommune einzeln wäre es schwierig bis unmöglich, den aktuellen Anforderungen auf hohem Niveau gerecht werden zu können“. Auf diese Weise profitierten am Ende alle.
Die Aufgaben der kleinen Gemeinden
Was sind die wichtigsten Zukunftsthemen?
Daniel Heß sagt: „Nach Corona haben wir einen neuen Flüchtlingsstrom zu bewältigen. Es gibt aber auch weiteren Wohnraum zu schaffen, um die sich mehrenden Abwanderungen, gerade von jüngeren Mitbürgern zu vermeiden. Mein großer Wunsch und auch Wunsch des Gemeinderats ist die Ansiedlung eines Einkaufsmarktes. Bei den steigenden Energiepreisen ist eine örtliche Nahversorgung aus meiner Sicht unbedingt erstrebenswert. Es bedarf nur noch der Bereitschaft eines Grundstückeigentümers zur Veräußerung. Ein weiterer großer Wunsch meinerseits wäre auch die Umrüstung aller gemeindlicher Objekte und Fahrzeuge auf energiesparende und CO2-neutrale Energien. Hierzu haben wir im Gemeindeverwaltungsverband die Einrichtung eines kommunalen Energiemanagements (...) beschlossen.“
Volker Frede erläutert: „Nach der Realisierung von dringend benötigter Gewerbefläche steht nun aktuell die Weiterentwicklung einer unserer Visitenkarten, das heißt des gesamten Bereichs rund um die Schiffslandestelle, im Fokus. Daneben wird auch die Infrastruktur im Uferpark beim Rathaus zukunftsfähig gemacht. Die Themen reichen von der Unterbringung geflüchteter Menschen über die Schaffung passender und ausreichender Angebote der Kinderbetreuung und der vorausschauenden Planung von Wohnraumbedarf, gerade auch für Menschen mit Unterstützungsbedarf. Natürlich ist und bleibt die unerträgliche Situation mit der B 31 im Ort ein Hauptthema, bei dem es gilt, die nun grundsätzlich vorhandene Lösung auch endlich anzugehen und die Realisierung voranzutreiben; wir als Betroffene werden hier nicht geduldig abwarten können, wie ein ums andere Planungs- und Prüfungsjahr vergeht.“ Antworten aus Daisendorf stehen noch aus.