Das Vorhaben legt zurzeit zwar, wieder einmal, eine unfreiwillige Pause ein, doch gearbeitet wird dennoch: Zum ersten Spatenstich für die Südumfahrung Markdorf hatten Landratsamt und Stadt am Montag ins Eisweihergebiet zwischen Bermatingen und Markdorf eingeladen.

Das Attribut „erster“ wurde bewusst gewählt: Der eigentliche Spatenstich, der den Beginn der Bauarbeiten markieren wird, wird noch mindestens ein Jahr auf sich warten lassen. Schuld sind die streng geschützten Zauneidechsen, die an der B33 vor Ittendorf gefunden wurden, genau dort, wo der Anschlussknoten der Südumfahrung in die Bundesstraße geplant ist. Dort muss in den kommenden Wochen und Monaten umgeplant werden. Wie und vor allem wann es dann weitergeht, ist noch ungewiss.

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14 Hektar Natur sollen aufgewertet werden

Doch auch ohne Baustart laufen die Arbeiten im Umfeld der geplanten Trasse weiter. Darunter auch die sogenannten landschaftspflegerischen Maßnahmen, deren Start mit dem ersten Spatenstich nun vollzogen wurde. Ein „Spatenstich en miniature“, wie es Landrat Lothar Wölfle formulierte, aber deswegen nicht weniger wichtig als die eigentlichen Bauarbeiten.

Denn insgesamt werden mit der Südumfahrung 5,6 Hektar Grünland versiegelt, also zubetoniert. Dafür müssen gesetzlich vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen vorgenommen werden, die die Natur in der unmittelbaren Umgebung aufwerten. Die wiederum werden eine Gesamtfläche von 14 Hektar umfassen, wie Tobias Gähr, Leiter des Straßenbauamtes im Landratsamt, sagte.

Straßenbauamtsleiter Tobias Gähr (von links), Bürgermeister Georg Riedmann und Landrat Lothar Wölfle zeigen auf der Karte an, wo nun die ...
Straßenbauamtsleiter Tobias Gähr (von links), Bürgermeister Georg Riedmann und Landrat Lothar Wölfle zeigen auf der Karte an, wo nun die landschaftspflegerischen Arbeiten beginnen werden. | Bild: Grupp, Helmar

Ein bolzengerader Graben auf dem Weg zum Spatenstich-Treffpunkt zeigte dabei auf, in welche Richtung die Aufwertung gehen wird: Aktuell sind weite Flächen zwischen den Eisweihern und Markdorf-Süd noch intensiv landwirtschaftlich genutzt. Diese Flächen sollen nun wieder in einen naturnäheren Zustand zurückgeführt werden: Durch Vernässung, durch die „Reparatur“ landwirtschaftlicher Eingriffe soll das jetzige Intensivgrünland in künftig wieder artenreiche Wiesen umgewandelt werden. Ziel, so Gähr, sei es, an dieser Stelle den Biotopverbund der Eisweiher zu stärken und auszuweiten.

An den Eisweihern wird nun begonnen

Insgesamt drei größere Bereiche sollen auf diese Weise aufgewertet werden. Der Eisweiherbereich, in dem die Salemer Firma Herter nun mit den Baggerarbeiten begonnen hat, ist mit zwei Hektar dabei der kleinste. Hier sollen Sperren angelegt und mit dem Ausheben zweier neuer Tümpel großzügig verwässert werden. Größere Ausgleichsmaßnahmen soll es anschließend noch im Bereich der Minkhofer Halde östlich des Stüblehofs und im Hepbacher-Leimbacher Ried geben. Mit den betroffenen Landwirten, die dafür und für die Trasse Flächen abgeben müssen, werden die Maßnahmen seit einem Jahr in einem Flurbereinigungsverfahren abgestimmt.

Auf etwas mehr als drei Kilometern Länge soll die Südumfahrung Markdorf den Transitverkehr aus der B-33-Ortsdurchfahrt heraushalten. Mit ...
Auf etwas mehr als drei Kilometern Länge soll die Südumfahrung Markdorf den Transitverkehr aus der B-33-Ortsdurchfahrt heraushalten. Mit den eigentlichen Bauarbeiten soll 2024 begonnen werden. | Bild: SK

Nach all den jüngsten Meldungen um Stillstände und Verzögerungen war es Wölfle sichtlich ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass Kreis, Stadt und Regierungspräsidium trotz der zehn Zentimeter kleinen Reptilien keineswegs untätig sind: „Der Spatenstich ist auch ein klares Zeichen, dass sich trotzdem etwas tut“, sagte er. Alle Ausgleichsmaßnahmen seien gemeinsame Aktionen von Landkreis und Stadt.

Straßenbau umfasse weit mehr als nur Asphalt, sagte Bürgermeister Georg Riedmann. Und bei einer so großen Baumaßnahme wie der Südumfahrung sei der naturschützerische Ausgleich „hochbedeutend“. Auch für die Stadt und die Bürgerschaft sei der erste Spatenstich deswegen ein wichtiges Signal: „Das Projekt läuft und das Projekt ist auf der Schiene.“ Zwei Mal, so Riedmann, hätten die Bürger per Bürgerentscheid mehrheitlich die Umfahrung gewünscht. Stadt und Landkreis stünden im Wort, dies seien nun die ersten praktischen Schritte zur Realisierung des Vorhabens.

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Riedmann streifte in diesem Zusammenhang auch das Kostenthema. Es sei sicherlich „ungewöhnlich“, dass eine Stadt sich bei einem Kreisstraßenprojekt zu 50 Prozent an den nicht durch Zuschüsse gedeckten Kosten beteilige. Dies regele aber der Vertrag von 2013. „Die Kosten werden die Stadt vor riesige Herausforderungen stellen“, verhehlte er nicht. Die wiederum bezifferte Wölfle auch am Montag auf rund 30 Millionen Euro für die Gesamtmaßnahme. Das aber ist die letzte offizielle Kostenschätzung des Landratsamtes vom Juni 2021. Dass diese 30 Millionen nicht reichen werden, steht allerdings heute schon fest. Je nach Dauer und eventueller weiterer Unwägbarkeiten bei den Bauarbeiten wird man nochmal 5 bis 10 Millionen Euro draufpacken müssen.

Kleines Reptil, große Wirkung: Eine jüngst gefundene Population von bis zu 200 der streng geschützten Zauneidechsen hat den Baustart der ...
Kleines Reptil, große Wirkung: Eine jüngst gefundene Population von bis zu 200 der streng geschützten Zauneidechsen hat den Baustart der Südumfahrung fürs erste auf Eis gelegt. | Bild: DPA

Baustart ist auf 2024 verschoben

Wo man am Ende also tatsächlich landen wird, ist derzeit noch überhaupt nicht absehbar. Solange noch nicht feststehe, inwiefern und wie wegen der Eidechsen umgeplant werden müsse, sei alles Spekulation, so Wölfle auf Nachfrage des SÜDKURIER. Viel wird davon abhängen, ob der Anschlussknoten komplett verschoben werden muss oder ob es stattdessen gelingt, den Reptilien ohne größere Umplanungen ein neues Habitat zuzuweisen. Das Ziel sei „die Vermeidung des Konflikts mit dem Habitat“, so Gähr. Die Gespräche mit den Planern und dem Regierungspräsidium würden derzeit geführt. Im Landratsamt geht man noch von einem Baustart 2024 aus. Bei der geplanten dreijährigen Bauzeit könnte die Südumfahrung dann 2027 fertig sein – „wenn alles nach Plan läuft“, betonte Wölfle.

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Unwägbarkeiten warten aber auch am anderen Ende der etwas mehr als drei Kilometer langen Trasse: Bei der Firma Wagner, wo die Südumfahrung an ihrem Ostende in die L207 Richtung Kluftern münden soll, muss für die dortigen Bauarbeiten mehrere Male der Bahnverkehr komplett gesperrt werden. Dort sei man dann auf das grüne Licht der Bahn angewiesen. „Da kann es schon sein, dass uns da auch mal ein Strich durch unsere Planungen gemacht werden wird“, prophezeite Gähr am Montag.