Sie ist 25 Jahre jung, studiert in Stuttgart-Hohenheim Kommunikationsmanagement im Master und engagiert sich seit Jahren im Senegal: Lisa Meier aus Markdorf.

Lisa Meier mit einigen Straßenkindern.
Lisa Meier mit einigen Straßenkindern. | Bild: privat

„Senegal bedeutet für mich mittlerweile Heimat. Durch die Zeit, die ich dort verbracht habe, kenne ich die Menschen, die Kultur, die Traditionen und die Sprache. Ich fühle mich sehr wohl im Senegal„, sagt die Studentin. Erst im März kam sie von einem einmonatigen Aufenthalt zurück. Es war Lisa Meiers achter Besuch im westafrikanischen Staat, der seit 1960 unabhängig ist und mehr als 15 Millionen Einwohner hat. „Immer wenn ich zurückkomme, fällt mir auf, welche tollen Dinge wir in Deutschland als Selbstverständlichkeit wahrnehmen – zum Beispiel die Vielfalt an Gerichten oder warmes Wasser“, so die junge Frau.

Starke kulturelle Unterschiede

Die Kultur im Senegal unterscheidet sich den Erfahrungen Meiers zufolge stark von der in Deutschland. „Ich habe zweimal Heimat und versuche den Menschen dort, Deutschland ein Stück weit näherzubringen“, sagt die Markdorferin. Manchmal würden falsche Bilder von Europa und Deutschland in den Köpfen der afrikanischen Bevölkerung existieren. Andersrum sei das laut Lisa Meier aber genau so: „Die Arbeitssituation im Senegal ist nicht einfach. Oftmals finden nicht einmal Ausgelernte mit bestem Diplom eine Beschäftigung. Es ist also nicht so, dass die Menschen nicht wollen, es gibt schlicht und einfach nicht genug Arbeit“, sagt sie. Die Studentin ist der Meinung: „Wenn es im Senegal annähernd genug Arbeit geben würde, würden die Bewohner auch bleiben wollen.“ Eine gute Einnahmequelle sei das Militär, doch dort hineinzukommen, sei schwierig. „Es wird kräftig ausgesiebt“, so Meier. Sie ergänzt: „Die Menschen wollen wissen, wo du her kommst und wie man bei dir lebt. Sie haben nicht die Möglichkeit, einfach mal zu verreisen.“

Senegalesen sind sehr kreativ

Generell sind die Strukturen im afrikanischen Land andere als in Deutschland. „Natürlich ist der Senegal nicht so gut ausgestattet wie wir. Selbst in der Hauptstadt Dakar gibt es zum Beispiel im Supermarkt nicht die Auswahl, die es bei uns gibt“, berichtet Lisa Meier. Sie fügt an: „Der Vorteil dabei ist, dass die Leute sehr kreativ sind und aus nichts viel machen. Sie sagen nicht: ‚Das haben wir nicht, oder das gibt es nicht‘.“ Außerdem wüssten sie die kleinen Dinge im Leben zu schätzen und würden diese viel stärker wahrnehmen. Gerade Gesundheit, Familie und Freunde sowie das Singen meint Lisa Meier damit, also Sachen, die man nicht mit Geld kaufen kann. „Der einzige Luxus, den die Menschen dort haben, ist ein Röhrenfernseher und ein Handy“, so die junge Frau.

Ein afrikanisches Kind freut sich über einen gespendeten Rucksack und Spielzeug.
Ein afrikanisches Kind freut sich über einen gespendeten Rucksack und Spielzeug. | Bild: privat

Die Menschen im Senegal sind laut Lisa Meier „sehr warmherzig und gastfreundlich“. Auch wenn sie in der Regel nicht viel hätten, wären sie immer bereit, zu teilen. „Deutsche haben oft eine Art Schutzmechanismus und gehen zunächst auf Distanz. Dieses Abwartende und Beobachtende ist im Senegal in gewisser Weise auch da, gerade wenn es um Europäer geht. Vor allem mit Franzosen haben die Einwohner schlechte Erfahrungen gemacht“, erläutert die 25-Jährige. Zwar sei der Senegal einerseits von Frankreich abhängig und mit dem Staat verbunden, anderseits würde das westafrikanische Land ausgenutzt werden.

Für die Zeit nach ihrem Master-Studium hat Lisa Meier bereits klare Vorstellungen, was ihren Berufsweg angeht. „Ich möchte gerne in einer Nichtregierungsorganisation oder einer Stiftung arbeiten, denn für mich ist das eine Herzensangelegenheit. Dort könnte ich mein Wissen und meine Liebe einbringen“, sagt sie.

Die Projekte von Lisa Meier:

Neue Möbel für die Schule: Während ihres Freiwilligendienstes 2014 unterrichtete Lisa Meier in einer Grundschule Englisch. „Tische, Bänke und Stühle waren kaputt und die 50 bis 70 Schüler großen Klassen waren einem katastrophalen Zustand ausgesetzt“, erinnert sich die Studentin. Daraufhin setzte sich Lisa Meier das Ziel, die Schuleinrichtung zu reparieren, was auch gelang.

Neues Keyboard für die Kirche: „Weil die Orgel in der katholischen Kirche durch regelmäßigen Sandstaub der Sahara-Wüste seit Jahrzehnten verstopft und deswegen nicht mehr spielbar ist, schlossen die Menschen ein Keyboard an einen Verstärker an, um Musik zu machen“, erklärt Lisa Meier. Irgendwann aber ging es kaputt. „Im Senegal wird Glauben gelebt und die Kirchen sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Ich dachte mir: ‚Das kann nicht sein‘ und habe ein neues Keyboard besorgt“, erläutert sie.

Zentrum für Straßenkinder: Im sogenannten Talibé Center werden mehrere Bereiche in den Mittelpunkt gestellt, zum Beispiel Bildung und eine Krankenstation, die von Lisa Meier unterstützt wird. Mithilfe von Spendern organisiert sie beispielsweise Verbandsmaterialien oder Desinfektionsmittel und sorgt dafür, dass die Kinder in der Krankenstation verarztet werden können.

Mithilfe von Unterstützern schaffte es Lisa Meier bereits, zahlreiche Verbandsmaterialien an die Menschen vor Ort zu übergeben.
Mithilfe von Unterstützern schaffte es Lisa Meier bereits, zahlreiche Verbandsmaterialien an die Menschen vor Ort zu übergeben. | Bild: privat

Einzelschicksale: „Bei meinem ersten Besuch habe ich festgestellt, dass ich einiges bewegen kann. Natürlich kann ich nicht die Welt retten, dafür aber kleine Dinge tun, die vielen Menschen helfen können“, erklärt Lisa Meier. Deshalb ist sie der Meinung, am direktesten helfen zu können, wenn sie sich Einzelschicksalen annimmt – so wie dem von Papa Mor Gueye.

Lisa Meier bei einem Besuch im Dorf, wo die Familie von Papa Mor lebt.
Lisa Meier bei einem Besuch im Dorf, wo die Familie von Papa Mor lebt. | Bild: privat

Lisa Meier: „Er ist ältester Sohn der Familie mit fünf Kindern. Vor circa einem Jahr starb sein Vater und die ohnehin schon bestehenden Probleme der Familie wurden noch größer.“ Weil Papa Mor der Studentin zufolge sehr intelligent ist, will sie ihm eine Perspektive mit beruflicher Zukunft ermöglichen. Viele arme Familien würden sich die Einschreibegebühr ihrer Kinder für die Schule, die rund 100 Euro beträgt, nicht leisten können. Davon könne schließlich tagelang gegessen werden, so Lisa Meier, die ergänzt: „Bei Papa Mor war es das Ziel, so viel Geld zu generieren, dass ihm der Start für ein Auslandstudiums ermöglicht werden kann. Momentan macht er den Bachelor im Senegal, für das erste Studienjahr seines Master-Studiums in Europa ist genug Geld zusammen. Papa Mor studiert Journalismus und es macht ihm unglaublich viel Spaß.“

Ein weiteres Schicksal, dem sich Lisa Meier angenommen hat, ist das der Senegalesin Rama. Sie ist 30 Jahre alt und sitzt seit 15 Jahren im Rollstuhl. „Irgendwann ist er nicht mehr vernünftig gefahren. Als gehbehinderte Person hat man im Senegal keine großen Perspektiven, da es keine Barrierefreiheit gibt. Auch zur Schule konnte Rama deswegen nicht gehen“, schildert Meier. Ein Krankenhaus in Hamburg stellte auf Anfrage einen Rollstuhl bereit, der nach langer Reise über Stuttgart, den Bodensee und schließlich quer durch den Senegal bei der 30-jährigen Rama ankam.