Wer am Daisendorfer Neuweiher vorbeikommt, dem fällt das Storchennest hoch oben auf einem Mast direkt ins Auge. Auch Maren Pretorius und ihr Mann werfen stets einen Blick nach oben, wenn sie mit dem Auto daran vorbeifahren oder zu Fuß unterwegs sind.

Umso erstaunter war das Ehepaar, als der gewohnte Anblick am Mittwochmittag ausblieb. „Wir schauten zu den Störchen und sahen auf einmal, dass der Mast umgefallen war“, erzählt Maren Pretorius. „Wir haben natürlich sofort angehalten, um zu schauen, was dort los ist.“
Also stiegen die beiden Tettnanger aus, liefen ein paar Meter auf die Wiese und beobachteten die Szenerie: Ein Storch nach dem anderen kam aus dem umgefallenen Nest herausgekrabbelt. „Es war so witzig. Erst kam ein Kopf zum Vorschein, dann ein Hals und dann der ganze Jungstorch“, erzählt Pretorius und lacht. „So etwas habe ich noch nie erlebt.“
Weil Pretorius sich sicher sein wollte, dass die Störche sich nicht verletzt haben, rief sie die Feuerwehr. Die Helfer trafen nach wenigen Minuten ein, im Schlepptau große Kisten für die Störche. „Dann wurden die Störche direkt in die Kisten eingeladen. Sie hatten sich zwischenzeitlich schlafend gestellt, haben aber noch geatmet“, erzählt Pretorius rückblickend. „Es war eine Aktion fürs Herz.“
Um das Überleben der Störche zu sichern, brachte die Feuerwehr die vier Jungtiere zur Storchenauffangstation an den Affenberg nach Salem. Thomas Ritsche, Kommandant der Daisendorfer Feuerwehr, berichtet: „Wir haben die Störche so schnell es geht in Sicherheit gebracht, weil es an dem Weiher in Daisendorf viele Milane gibt, die die Jungtiere gerne mal attackieren.“

Der Kontakt zur Storchenauffangstation wurde hergestellt und die Jungtiere übergeben. Wie Roland Hilgartner, Leiter des Affenbergs, zwei Tage nach der Rettungsaktion erzählt, haben drei der vier Störche den Unfall gut überstanden. „Wir haben sie bei uns eingehorstet, also Pflegeeltern untergeschoben.“ Das funktioniere bei Störchen recht einfach, sagt Hilgartner. Denn die Vogeleltern würden die Anzahl der Tiere im Horst nicht zählen.

Der vierte gerettete Jungstorch überstand den Unfall nicht so gut wie seine Geschwister. „Er hat sich einen Flügel gebrochen und es dann leider nicht geschafft“, bedauert Roland Hilgartner. Für die Zukunft der drei verbliebenen Vögel ist er aber optimistisch: „Wir sind zuversichtlich, dass die drei geretteten Störche ihre Reise in den Süden dieses Jahr antreten können.“