Natürlich ist bei einem Firmenjubiläum viel von Fleiß, Innovationskraft und unternehmerischem Mut die Rede. Davon handelte auch der Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Dämmstoff-Herstellers Puren, am Freitag im Kursaal. Im Wesentlichen aber fußt die Existenz von Puren auf Zufällen.
Unternehmensgründer Hans Bommer berichtete vor rund 200 Festgästen anekdotenhaft von der zufälligen Entdeckung des Werkstoffs Polyurethan vor über 80 Jahren. Einem Arbeiter bei der IG Farben sei ein Glas mit einer chemischen Substanz aus der Hand gerutscht und auf dem frisch mit Wasser geputzten Boden begann es schäumend zu reagieren – Polyurethanschaum (PU) entstand. Doch dauert es über 30 Jahre, bis man erkannte, dass dieser Hartschaum vielfältig verwendbar ist.

Franz Bommer, der Vater von Hans Bommer, erfuhr zufällig am Stammtisch im Überlinger Hotel Ochsen von dem unbekannten Wunderwerkstoff und ermunterte seinen Sohn, der Sache nachzugehen. Hans Bommer hörte bei der Firma Bayer, dass der Rohstoff noch unausgereift und die Technik in den Kinderschuhen stecke, er musste seinen Vater also vermeintlich enttäuschen. „Der aber sagte: Genau das ist das Interessante an der Sache. Wenn man Probleme löst, dann hat man ein Alleinstellungsmerkmal am Markt.“ Als die junge Firma Puren die Probleme gelöst und verstanden hatte, wie man PU ohne Risse oder Brandlöcher herstellt, war trotzdem kein Markt vorhanden. Die Baufirmen setzten damals auf Kork, wie Hans Bommer berichtete. „Da habe ich gelernt, dass man als Unternehmer nicht so schnell aufgeben darf.“
Heute beschäftigt das Unternehmen 300 Mitarbeiter an sechs Standorten, rund 130 arbeiten in Überlingen. Polyurethan wird als Dämm-, Konstruktions- und Funktionswerkstoff vielfältig genutzt. Die Puren-Produkte sind im Ball der letzten Fußball-Weltmeisterschaft verbaut, genauso als Dämmmaterial im Dach der Bergstation auf der Zugspitze, in der Fahrzeugflotte der DHL oder in den Türen des neuen ICE.

Hans Bommer sieht sich als Pionier: Umweltschutz durch Energieeinsparung. „Innovationen sind für uns eine Herzenssache“, sagte Geschäftsführer Andreas Huther. Umso mehr stimme es ihn nachdenklich, wie wenig bei der Energiewende, vor allem bei der energetischen Sanierung von Gebäuden, erreicht worden ist. An die Adresse der Landtagsabgeordneten Hahn (Grüne) und Hoher (FDP) sagte er, dass eine steuerliche Förderung dringend angeraten sei. Huther wörtlich: "Um die Ziele der Energiewende zu erreichen, bleibt eine steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen als Anreiz dringend angeraten."

Oberbürgermeister Jan Zeitler würdigte „das hohe Maß an Innovationskraft“ der Firma. Die Stadt, so sein Versprechen, werde Rahmenbedingungen schaffen, unter denen ein unternehmerischer Geist wie der von Puren gedeihen kann. Der Bodenseekreis, so Landrat Lothar Wölfle, liege in der jüngsten Prognos-Studie, was Innovation und Wirtschaftskraft betrifft, wieder sehr weit vorne. „Das hat mit den Menschen wie Ihnen zu tun, die sich hier einbringen“, sagte er an die Beschäftigten gerichtet. Huther und Bommer würdigte er für ihre, einem Mittelständler typische, Verankerung in der Bevölkerung. „Das ist Teil Ihrer Erfolgsgeschichte.“
Andreas Huther, Geschäftsführer bei der Puren GmbH in Überlingen, bewertet in einem Gastbeitrag für den SÜDKURIER den Unternehmensstandort Überlingen:
„Wenn man den Unternehmensstandort Überlingen bewertet, so kann die Stadt insbesondere in Sachen Work-Life-Balance punkten. In kaum einer Gegend lassen sich Beruf und Freizeit so attraktiv vereinen, da ist Überlingen schon ein privilegierter Standort, welcher in den kommenden Jahren nicht zuletzt auch durch die Landesgartenschau weiter an Lebensqualität gewinnen wird.
Problematisch ist dagegen die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum. Aufgrund der stark gestiegenen Immobilienpreise ist inzwischen sogar für den beruflich gefestigten Durchschnittsverdiener das Wohnen und Leben innerhalb der Stadt Überlingen kaum noch zu finanzieren. Insbesondere für unsere jungen Mitarbeiter und Berufseinsteiger sowie berufliche Quereinsteiger, die gemeinsam mit ihren Familien am Bodensee leben wollen, stellt sich die Situation besonders schwierig dar. Sofern hier nicht ebenso entschlossen wie zügig gegengesteuert wird, steht zu befürchten, dass sich die oben genannten Personengruppen vermehrt in anderen Gemeinden ansiedeln müssten mit der Konsequenz, dass sich die Stadt Überlingen zunehmend von einer bürgerlich geprägten und sozial ausgewogen durchmischten Gesellschaft entfernt.
Hier haben die Gemeinden im Hinterland die besseren Karten, was oftmals auch die Wahl des Arbeitsplatzes mit entscheidet. Insofern wäre ein weiterer Ausbau des ÖPNV in die umliegenden Gemeinden und Städten sehr hilfreich.
Ein sehr gutes Beispiel ist hier die Regio-Buslinie 500, welche von der Zimmerwiese über das Gewerbegebiet Nord, Bambergen, Owingen, Herdwangen und Pfullendorf bis nach Sigmaringen fährt, und das nicht nur einmal am Tag, sondern regelmäßig von frühmorgens bis in die Nacht, so dass auch unsere Mitarbeiter im Schichtdienst die Möglichkeit haben – und diese auch nutzen -, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrem Arbeitsplatz fahren zu können. Ein tolles Angebot, welches wir uns auch in Richtung Salem, Heiligenberg und Ostrach wünschen würden.
Neuansiedlungen von Unternehmen in Überlingen sind grundsätzlich zu begrüßen, und mit der Attraktivität der Region kann man punkten. Ihnen empfehle ich aber, sich sehr sorgfältig mit der Grundstückssituation und mit den etwaigen Erweiterungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen, da sich dies in Überlingen und Umgebung schwierig gestaltet.“