Als Biobauer Patrick Saile nach seinen Kamerun-Schafböcken schaute, fehlte einer. Unterhalb des Leopoldbergs zwischen Schloss Salem und Mimmenhausen hatte er eine stromzaunbewehrte Koppel für seine vier Böcke eingerichtet. Zwischen den Hochstammbäumen steht ein alter Bauwagen, in dem die Böcke für gewöhnlich übernachten. Am Samstagmorgen fand Saile nur noch drei seiner vier Tiere vor. Am Unterstand fand er die wenigen Reste des vermissten Schafs. "Es lagen nur einige Knochen am Wagen. Sonst nichts. Auch nichts vom Fell", erzählt er von dem Moment des Schreckens. Doch dabei blieb es nicht. Nach der Kontrollfahrt am Folgetag musste er einen weiteren Verlust registrieren. "Am Sonntag lebten nur noch zwei Böcke. Von dem zweiten gerissenen Schaf ist nur noch ein halber Kadaver übrig." Den brachte Patrick Saile in den nahegelegenen Schopf. Bei den Minustemperaturen war er tiefgefroren und somit lagerungsfähig.
Ein Jäger riet ihm, die Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Vermutet wurde, dass wildernde Hunde die Böcke gerissen haben. "Drei Jahre sind die Schafe hier draußen. Noch nie ist was passiert", sagt Hans Degen, Großvater von Patrick Saile. Er lebt im wenige hundert Meter entfernten Staigerhof und hat ein Auge auf die robusten Schafe seines Enkels. Für ihn sah es so aus, als ob ein tierischer Jäger den bis zu 40 Kilo schweren Bock aus dem Bauwagen gezerrt hat. Aber auch das sei nur Spekulation.

Armin Hafner ist Jäger, Hundeführer, Falknermeister und Betreiber der Jagdschule Wald. Als ehrenamtlicher Fachberater Wolf und Luchs im Wildtiermanagement kennt er sich mit Wildschäden aus. Er kann auf eine über zehnjährige Erfahrung bei der Beurteilung gerissener Tiere zurückgreifen. Es war seine Fotofalle, in die jetzt ein Wolf im Donautal bei Beuron gelaufen war. Das war genau eine Woche vor den beiden Schafsrissen in Salem. "Innerhalb einer Woche kann so ein ausgewachsenes Tier überall sein", erzählt der Wolfsexperte auf Anfrage am Telefon. Hafner begutachtet als Fachmann auch Wolfsbisse. "Rein von der Bissstruktur her können die Bisse vom Wolf und Hund nicht unterschieden werden. Aber der Wolf beißt sich im Regelfall an der Gurgel der Beutetiere fest", klärt Hafner auf. Aber auch er habe schon Wolfsbissspuren identifiziert, die sich im Nachhinein als Hundebisse heraus gestellt hätten, und umgekehrt. Es könne auch sein, dass Füchse am Kadaver der Schafsböcke waren. Bei den aktuell herrschenden Minustemperaturen seien die Waldtiere ausgehungert, da bleibe von einem Beutetier nichts übrig. "Ohne harte Fakten ist so eine Beurteilung Meinungssache, und Meinungen können falsch sein. Nur die DNA-Analyse oder ein Foto sind harte Fakten", stellt Hafner klar.

So könnte also eine DNA-Analyse des Kadavers von Sailes Schafbock Gewissheit bringen. Vorerst versucht Saile den anderen Weg. "Das Anbringen einer Kamera hat mir die Polizei geraten, und die Kamera ist auch schon bestellt", erzählt der Biobauer. Von einem Wolfsangriff geht er nicht aus. Eher vermutet er wildernde Hunde. Ihn ärgert es, dass er einen Schaden erleidet, obwohl er seine Tiere artgerecht hält. Mit einem Foto könnte der Hundehalter ermittelt werden. Der Schafshalter hat aber nicht viel Hoffnung, dass ihm das gelingt. So bleibt die Befürchtung, dass das Tier, das seine Schafböcke gerissen hat, weiter in seiner Koppel auf die Jagd geht. Der Rickenbacher Landwirt ist vorsichtiger geworden. Mit seinem Großvater schaut er jetzt öfter nach den Schafen. Und seit den Vorfällen werden die Tiere über Nacht eingeschlossen.