Moderne Bibliotheken sind keine reinen Büchertempel mehr. Die Überlinger Stadtbücherei hievte schon die langjährige Leiterin Bärbel Frei ins 21. Jahrhundert mit neuen, digitalen Medien und der Onleihe. Darauf wollen Sabrina Böhringer, die seit Anfang Januar Freis Nachfolgerin ist, und Heidi Hössle aufbauen. Letztere kümmert sich bereits seit Juli vergangenen Jahres um den Bereich für Kinder und Jugendliche.
Bibliothek entwickelt sich zum Treffpunkt
Die beiden haben viele Ideen, die Bibliothek in dem historischen Gebäude besonders für junge Leute und Familien attraktiver zu machen. „Das Leseverhalten der Menschen ändert sich stetig“, sagt Sabrina Böhringer. „Die Bibliotheken sind auch ein Ort für den Aufenthalt, Treffpunkt und weitere Angebote, die nicht mehr viel mit der klassischen Bücherei zu tun haben.“ Das Buch behielte trotzdem seinen hohen Stellenwert, auch wenn die Ausleihe weniger genutzt würde, ergänzt sie.
Sabrina Böhringer stammt aus dem Hegau und startete ihren beruflichen Werdegang mit einer Ausbildung zur Bürokauffrau. In Hamburg begann sie ihr Bachelor-Studium im Fach Bibliotheks- und Informationsmanagement. Den Master legte sie anschließend in Leipzig ab. Zurück im Süden arbeitete Sabrina Böhringer zwei Jahre in Konstanz beim Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg, wo es mehr um technische Themen ging. Im Jahr 2017 wechselte sie als Kinder- und Jugendbibliothekarin nach Überlingen. „Ich habe mich für die Leitungsposition beworben, weil es spannend finde, wie sich die Bibliothek weiterentwickeln kann.“

Kinder so früh wie möglich ans Lesen heranführen
Sabrina Böhringer zitiert eine Studie, die besagt, dass Jugendliche immer weniger lesen. Da will sie ansetzen und „die Kinder so früh wie möglich ans Lesen heranführen“, erläutert die zweifache Mutter. Außerdem soll der Bestand lockerer und kundenfreundlicher präsentiert werden. Den Anfang wird bald ein neues Regal mit Sachbüchern und Ratgebern machen. „Wir wollen das Stöbern erleichtern und für verschiedene Nutzergruppen anpassen“, so Böhringer.
Auch bei den Öffnungszeiten wollen sie kundenfreundlicher werden und die wenig genutzten Abendtermine zugunsten von Zeiten am Mittag streichen. Die vor der Pandemie sehr gut besuchten Veranstaltungen will sie so bald wie möglich wieder aufleben lassen. „Wir sind in der Planung und der Veranstaltungsplan ist groß. Wir wünschen uns, dass wir bald loslegen können.“
Wenn sich die Leiterin etwas wünschen könnte...
Sabrina Böhringer muss mit dem gleichen Budget auskommen wie ihre Vorgängerin, die an der finanziellen Ausstattung mehrfach Kritik übte. „Die Bibliotheken sind eine freiwillige Leistung der Kommunen“, sagt Böhringer. „Bei den Sachmitteln ist der Etat auf dem gleichen Niveau wie vor Corona.“ Wenn sie sich trotzdem etwas wünschen könnte, würde Sabrina Böhringer gerne neue Möbel für das Lesecafé anschaffen und mehr Medien einkaufen, wie zum Beispiel Sachbücher. Von Schülern, die bei ihnen für Referate recherchieren, hören sie oft, dass der Bestand nicht ausreiche. Ein weiterer Wunsch wäre eine neue Internetseite. Auch eine personelle Neuerung wird es geben. In diesem Jahr wird erstmals eine Ausbildungsstelle für eine Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste angeboten.
Heidi Hössle kann bereits auf ein lebhaftes halbes Jahr als Kinder- und Jugendbibliothekarin zurückblicken. Sie initiierte neue Kreativ-Veranstaltungen zum Thema Handarbeiten, lotste Kinder mit einer digitalen Bücher-Rallye durch das alte Gemäuer und brachte Schülern bei, wie man recherchiert. Zum 25. Jubiläum der Bibliothek in dem ehemaligen Torkelgebäude hatten junge Besucher Spaß bei einem digitalen Escape Spiel, eine Art virtuelles Labyrinth.
Heidi Hössle stammt aus dem Stuttgarter Raum. Sie absolvierte eine Lehre zur Fachkraft für Medien und Informationsdienste und schloss ein Studium an der Hochschule für Medien in Stuttgart an. Als frisch gebackene Absolventin kam sie dann nach Überlingen.
Kooperationen mit Bildungs- und Kultureinrichtungen
Auch für dieses Jahr hat sich Heidi Hössle viel vorgenommen. Sie möchte die bestehenden Kooperationen mit der Wiestorschule und dem Kunkelhaus fortführen, sowie neue mit weiteren Bildungs- und Kultureinrichtungen ins Leben rufen. „Da bin ich gerade dran“, sagt sie. „Im Sommer werden wir wieder an der Aktion ‚Heiß auf Lesen‘ teilnehmen und ich plane einen Comic-Workshop in den Ferien“, nennt sie weitere Beispiele.
Dann fällt der Begriff „Bibliothek der Dinge“. Das bedarf einer Erläuterung. Die liefert das junge Leitungsteam mit sichtlicher Freude und präsentiert zwei kleine Bodenroboter. Die saugen nicht den Staub auf, sondern sehen lustig aus und bringen bereits kleine Kinder dazu, ihnen mit Kurzbefehlen Wege auf einer Matte mit Planquadraten vorzugeben. So lernen sie die Vorstufe des Programmierens. Bee bot und Blue Bot, wie die beiden heißen, kann man bald hier ausleihen. „Bibliothekarin ist ein sehr vielfältiger und spannender Beruf“, betont Sabrina Böhringer. Sie freue sich auf die Herausforderung.