Ein Vormittag im März: Das Thermometer klettert langsam auf sechs Grad und die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel. Ein idealer Tag für die Solarthermieanlage am Schättlisberg, die gerade im Probebetrieb arbeitet. Die Folien sind weg, die dunklen Röhren der Paneele glitzern in der Sonne.

In den doppelwandigen Glasröhren mit einer Vakuumschicht zirkuliert das Wasser. Für die optimale Ausnutzung der Sonnenenergie sorgt ein ...
In den doppelwandigen Glasröhren mit einer Vakuumschicht zirkuliert das Wasser. Für die optimale Ausnutzung der Sonnenenergie sorgt ein wie ein Parabolspiegel geformter Untergrund. | Bild: Sabine Busse

„Hier fließt das warme Wasser in den Kreislauf“, sagt Projektleiter Sören Hilger und zeigt auf ein dünnes Metallrohr am oberen Ende eines Paneels. „Aber Vorsicht, das ist heiß!“, fügt er hinzu. Sören Hilger ist mit der bisherigen Ausbeute zufrieden. „In der ersten Woche haben wir bereits vier Megawattstunden Wärme mit der Anlage erzeugt“, berichtet der Energietechniker. Damit könnte man theoretisch den Wärmebedarf von zwei Familien im Jahr decken.

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Start des Testbetriebs wegen Lieferengpässen verschoben

Ihre Freude darüber, dass die Solarthermieanlage am Schättlisberg nun in Betrieb ist, zeigen Oberbürgermeister Jan Zeitler und Alexander-Florian Bürkle, Geschäftsführer Stadtwerk am See, bei einem Gespräch vor Ort. Zeitler erinnert an den Baustart vor einem Jahr und erklärt, dass der Start des Testbetriebs wegen Lieferengpässen beim Zubehör verschoben werden musste.

Alexander-Florian Bürkle, Geschäftsführer Stadtwerk am See (links), und Oberbürgermeister Jan Zeitler freuen sich über den Start der ...
Alexander-Florian Bürkle, Geschäftsführer Stadtwerk am See (links), und Oberbürgermeister Jan Zeitler freuen sich über den Start der Solarthermieanlage. | Bild: Sabine Busse

Der OB verweist auf die Bedeutung der Anlage im Hinblick auf die Wärmewende: „Das Überlinger Solarfeld hat mittlerweile noch mehr Bedeutung als im vergangenen Jahr absehbar.“ Zusammen mit der benachbarten Holzhackschnitzelanlage und einem Blockheizkraftwerk für die Wintermonate versorge das Ensemble 750 Haushalte, darunter das Helios-Spital sowie das neue Stadtquartier 2050.

Unter diesem Namen firmiert die vom Bund geförderte Erweiterung des Neubauviertels am Hildegardring, wo die Baugenossenschaft Überlingen (BGÜ) 170 bezahlbare Wohnungen im Effizienzhaus-Bau errichtet. Die Wärme beziehen die Anwohner aus regenerativen Energien der Anlage des Stadtwerk am See. „Das ist ein wichtiger Beitrag zur Energiesicherheit unserer Stadt“, betont der Oberbürgermeister.

Bau und Betrieb der Anlage mit regionalen Ressourcen

Wie Alexander-Florian Bürkle berichtet, werden in Deutschland etwa „70 Prozent der Primärenergie für Wärme verbraucht“. Das werde bei der Energiewende oft vergessen. Er beschreibt, dass beim Bau und beim Betrieb der Anlage am Schättlisberg vor allem regionale Ressourcen zum Einsatz kommen.

Die Module für die Anlage lieferte ein Unternehmen aus dem Schwarzwald, das Holz für die Hackschnitzel stammt aus den Wäldern des Überlinger Spital- und Spendfonds. „Dank der Solarthermieanlage sparen wir 1750 Tonnen CO2 jährlich ein“, sagt Bürkle. Die Investitionssumme belaufe sich auf 3,1 Millionen Euro.

Insgesamt 864 Kollektoren auf einer Fläche von 4.300 Quadratmetern erzeugen im Sommer warmes Wasser für ein ganzes Stadtquartier. Im ...
Insgesamt 864 Kollektoren auf einer Fläche von 4.300 Quadratmetern erzeugen im Sommer warmes Wasser für ein ganzes Stadtquartier. Im Winter liefern sie zu. | Bild: Sabine Busse

Die Wärmeversorgung mit regenerativen Energien möchte das Stadtwerk am See in Überlingen künftig auf andere Stadtteile ausweiten. So sollen laut Bürkle auch die kommunalen Gebäude im neuen Stadtquartier Südlich Härlen, wie beispielsweise das Pflegezentrum, angeschlossen werden. Dazu startet im April die Wohnverdichtung des älteren Baubestands am Schättlisberg. Auch diese sollen einen Anschluss an das Wärmenetz erhalten.

864 Kollektoren arbeiten in der Anlage

Die Funktion der 864 Kollektoren erklärt Sören Hilger: Das in den Röhren der Module erwärmte Wasser zirkuliert in einem geschlossenen Kreislauf. Es wird durch dick isolierte Rohre unterirdisch ins Betriebsgebäude geleitet, wo die thermische Energie mittels Wärmetauscher entzogen wird.

Sören Hilger erläutert Jan Zeitler und Alexander-Florian Bürkle (von links) die ersten Ergebnisse des Testbetriebs.
Sören Hilger erläutert Jan Zeitler und Alexander-Florian Bürkle (von links) die ersten Ergebnisse des Testbetriebs. | Bild: Sabine Busse

Mit dem Testbetrieb der ersten Woche ist der Energietechniker sehr zufrieden. „Bisher lief alles problemlos“, sagt Hilger. In einer Woche soll der Probebetrieb abgeschlossen sein. Damit kann der Holzschnitzelofen von Ende April bis Oktober komplett abgestellt werden. Zwar liefere die Solaranlage auch an bewölkten Tagen Ertrag, sagt Hilger, aber für Schlechtwetter-Zeiten gebe es noch drei große Pufferspeicher.

Sie befinden sich auf der Rückseite des Geländes und können zusammen insgesamt 270 Kubikmeter mit bis zu 95 Grad heißem Wasser speichern. Damit ließe sich das Wohngebiet bis zu zwei Tage mit Wärme versorgen, erklärt der Experte. Auch der Betrieb der Pumpen ist emissionsfrei: Den Strom liefert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes.

Die drei Behälter des Pufferspeichers können bis zu 95 Grad heißes Wasser speichern und zwei Tage lang die Versorgung übernehmen.
Die drei Behälter des Pufferspeichers können bis zu 95 Grad heißes Wasser speichern und zwei Tage lang die Versorgung übernehmen. | Bild: Sabine Busse

OB Zeitler möchte künftig auch die Seewärme nutzen

Die Solarthermieanlage soll in Sachen Klimaschutz erst ein Anfang sein. Alexander-Florian Bürkle berichtet auf Nachfrage, dass zu den künftigen Maßnahmen auch der Anschluss der Überlinger Altstadt an eine zentrale Wärmeversorgung gehört. „Bei der Wärme besteht Nachholbedarf“, bekräftigt der Stadtwerk-Geschäftsführer.

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OB Jan Zeitler wird konkreter. „Es geht darum, die Seewärme zu nutzen“, sagt er und verweist auf hohe Investitionen, die dafür nötig sind. Noch sei man dabei, eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzurechnen. Daher sei es noch zu früh für die politische Diskussion, erklärt Zeitler. Diese müsse aber noch dieses Jahr geführt werden.