Ein Coronaausbruch an der Waldorfschule Überlingen rief im vergangenen Jahr die Behörden auf den Plan. Das Regierungspräsidium Tübingen stellte fest, dass der überwiegende Teil der damals 126 vorliegenden Maskenbefreiungsatteste ungültig war. Die Regeln für eine Ausnahme von der Maskenpflicht sind in der jeweils gültigen Corona-Verordnung festgelegt. Diesen entsprachen die beanstandeten Atteste allerdings nicht. Dennoch erkennt die Staatsanwaltschaft Konstanz, die Vorermittlungen aufnahm, keine Hinweise auf mögliche Straftaten.
Erster Staatsanwalt Andreas Mathy teilt auf SÜDKURIER-Nachfrage mit: „Wir sehen keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen.“ Die Staatsanwaltschaft hatte sich die Atteste laut Mathy in Kopie vom Regierungspräsidium zukommen lassen. Sie wurden ihm zufolge „von vielen verschiedenen ortsansässigen Ärzten“ ausgestellt. Er spricht von einer Streuung querbeet. Es gebe lediglich zwei, drei Ausreißer. So wurde ein Attest zur Maskenbefreiung beispielsweise in Berlin ausgefertigt.
Nach Aktenlage kein bewusst falsches Handeln
Die 126 Atteste stammten zum Großteil von Schülern, einige wenige von Lehrpersonal. Einige Ärzte stellten nach Mathys Angaben mehrere der Bescheinigungen aus. Es habe aber niemand wider besseren Wissens gehandelt, erläutert Andreas Mathy. Das bedeutet, dass – nach Aktenlage – kein Arzt bewusst Atteste ausgab, die nicht den Coronaregeln entsprachen. Die Lage hätte sich anders gestaltet, wenn ein Arzt zum Beispiel für besonders viele der unzureichenden Atteste an der Waldorfschule in Überlingen verantwortlich wäre.
In Offenburg gab es etwa einen Zahnarzt, der Patienten reihenweise falsche Atteste ausgehändigt hatte. Laut Spiegel Panorama musste er eine Geldstrafe von mehr als 21 000 Euro zahlen. Hier greift Paragraf 278 des Strafgesetzbuches. Absatz 1 besagt: „Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr als Arzt oder andere approbierte Medizinalperson ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen ausstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Und in Absatz 2 heißt es: „In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von unrichtigem Ausstellen von Gesundheitszeugnissen verbunden hat, Impfnachweise oder Testzertifikate betreffend übertragbare Krankheiten unrichtig ausstellt.“
In Überlingen ergab sich aber kein entsprechender Anfangsverdacht, dem weiter durch die Staatsanwaltschaft Konstanz nachgegangen werden würde. „Was vonseiten des Regierungspräsidiums passiert, weiß ich nicht“, berichtet Erster Staatsanwalt Mathy. Doch das Regierungspräsidium Tübingen hatte die Überlinger Waldorfschule bereits im Dezember vor allem dazu aufgefordert, „Maskenbefreiungsatteste in Zukunft nur dann anzuerkennen, wenn sie den rechtlichen Anforderungen standhalten“.