Der Rathaussturm ist Geschichte und war in diesem Jahr auch nur ein virtuelles Stürmle. Damit die Stadtverwaltung trotzdem in Bewegung bleibt, kommt der bevorstehende Umzug in die Schlossscheuer gerade recht. „Nach dem ausgefallen Rathaussturm ist das eine willkommene Bewegungseinheit für uns alle“, lacht Chef-Entrümplerin Monika Schneider, die zusammen mit Salome Kimmig und Simone Striebel das Zepter, oder besser gesagt den Kehrbesen schwingt und gehörig viel Staub aufwirbelt.

Wer in jüngster Zeit einen Blick in den Rathaus-Hinterhof geworfen hat, mag sich gewundert haben. Von der Dachterrasse herunter ragte eine lange Röhre, die in einen großen Metallcontainer mündete. Und wer stehen geblieben ist, dem ist ein zischendes „Sssst!“, ein lautstarkes „Krawumm!“ oder ein durchdringendes „Patsch!“ nicht entgangen, während Ordner, Akten und Schachteln in die Tiefe sausten.
Heimlich still und leise – wäre das Getöse im Hinterhof nicht – ist man bei der Stadtverwaltung seit Wochen dabei, die Archive zu sortieren, das Dachgeschoss zu entrümpeln und die Spreu vom Weizen zu trennen. Frei nach dem Motto „Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“ fällt dabei so manche verstaubte Akte, vor allem aber ganz viel Klump und Krempel dem weit aufgerissenen Schlund in den Rachen.

Mitarbeiter misten aus
„Auch alle Mitarbeiter sind schon längst dabei, ihre Büros und Schreibtische zu entrümpeln“, sagt Monika Schneider. Mit gemeinsamen Kräften, freilich stets mit dem notwendigen Corona-Abstand, ist seit Wochen nicht nur das Team vom Bauamt am Werk, auch die Finanzverwaltung, die Damen aus dem Bürgermeistervorzimmer und sogar Bürgermeister Georg Riedmann höchstpersönlich krempeln die Ärmel hoch und packen ordentlich mit an. „Manchmal war man sich nicht ganz einig, was weg kann und was nicht“, lacht Beate Geng aus dem Bürgermeistervorzimmer heraus. „Was der Eine wegschmeißen wollte, war dem Anderen fast heilig“, meint sie schmunzelnd. Aber wie das bei jedem Umzug sei, ginge das Wegwerfen mit fortschreitendem Verlauf immer leichter von der Hand. Und bei den ollen Markdorfer Schlager-LPs aus den 80er Jahren tönte es unisono: Bloß weg damit!

Gleichwohl nicht alles rausfliegt; vieles bleibt erhalten. Etwa das Archiv im UG des Rathauses, das vorübergehend ins Untergeschoss des Bischofsschlosses umziehen wird. Und dann sind da noch die vielen historischen Ordner vom ehemaligen Krankenhaus, welche den Finanzhaushalt von anno Tobak belegen. Wirft man einen Blick in die noch voll bestandenen Regalreihen, beginnt es trotz Maske in der Nase leicht zu jucken, und man kann ein Niesen kaum unterdrücken.

Es ist eine Menge Staub, der hier gerade aufgewirbelt wird und Geschichten von Markdorf und seiner Stadtentwicklung ans Tageslicht bringt. Bis diese Geschichten wieder im Untergrund verschwinden, kitzeln sie Erinnerungen wach. Oder sind am Ende doch in der Mulde gelandet.

Noch stehen einige prall gefüllte Regale auf dem Dachboden. „Genau genommen sind das noch 400 Laufmeter Meter hier oben und weitere 200 im Untergeschoss“, sagt Simone Striebel. Klingt noch nicht so recht nach leergefegt – und ist es auch nicht. „Die gehen in die Zwischenregistratur nach Stockach“, erklärt Striebel. Und die Regale? „Werden von den Männern vom Bauhof bald abgebaut und demnächst in der Schlossscheuer wieder aufgestellt.“ Es gibt also noch gut zu tun.


Rathausumzug
Vom 31. März bis zum 7. April soll der Umzug des restlichen Mobiliars in die Schlossscheuer erfolgen. Über diesen Zeitraum wird das Rathaus für die Öffentlichkeit geschlossen bleiben. Ab 8. April sind die Rathausmitarbeiter für die folgenden 24 Monate in der Schlossscheuer erreichbar. Die Bauzeit für die Sanierung des Rathauses ist gemäß Rahmenzeitplan mit 24 Monaten veranschlagt. Der Umzug ins neu sanierte Rathaus soll im Mai 2023 erfolgen. Aufgrund der Flächenberechnung wird das Stadtbauamt künftig ausgelagert sein. Varianten sind bereits im Gemeinderat vorgestellt; über eine endgültige Möglichkeit der Unterbringung wird noch beraten.