„Der Marinekutter gehört heute ganz selbstverständlich zu unserem kleinen Dorf am See und trägt auch seinen Teil zum positiven Image von Hagnau bei.“ Wolf Seitz weiß, von was er spricht. Der 79-Jährige ist einer von einem Dutzend Mitglieder der Wassersportgemeinschaft Hagnau (WSGHa), die sich um den Segelkutter MK 10 ehrenamtlich kümmern. Mit dem „Teamwork“ genannten Boot unternehmen die Kutterpaten seit Mai 1999 jeweils dienstags die beliebten Gästefahrten im Auftrag der Gemeinde Hagnau und richten zahlreiche Privatfahrten aus.

Doch wie kam die WSGHa zu diesem eher an den Küsten von Ost- und Nordsee beheimateten Boot? Den Ausführungen Seitz zufolge handelt es sich bei dem Marinekutter um einen echten Oldtimer. So stammt die Baureihe aus dem Jahr 1912 und war schon in der kaiserlichen Kriegsmarine und der Reichsmarine als Rettungsboot im Einsatz gewesen. „Unser Kutter wurde im Jahr 1951 gebaut und diente der Bundesmarine und danach dem Bundesgrenzschutz als Rettungs- und Schulungsboot“, erläutert Seitz. Nach der Ausmusterung des Kutters Ende der 1960er Jahre hatte ihn der Marine-Yachtclub-Neustadt (MYN) an der Ostsee für seine Jugendausbildung erworben, wo er auf vielen Langfahrten in der Ostsee und den dänischen Inseln über 2500 Seemeilen absolvierte.
Der MYN konnte den Kutter aber schon bald nicht mehr gebrauchen und überließ ihn schließlich gegen zwei Kisten Hagnauer Wein der WSGHa. Es war die Idee des vor zwei Jahren verstorbenen Gunther Hartmann, ehemaliges Mitglied der WSGHa, gewesen, den Kutter an den Bodensee zu holen.
Unfallfrei an den Bodensee
Im November 1996 wurde der Marinekutter in einer abenteuerlichen Reise von der Ostsee nach Hagnau gebracht. Denn die Hagnauer hatte keinen Lastwagen, sondern nur einen Geländewagen vor den Trailer gespannt: Damit war das Gespann aber deutlich zu instabil. Mit viel Glück wurde der Kutter unfallfrei bis Ehingen in eine Halle gebracht. Hier fragten sich die Beteiligten, ob sie den in einem desolaten Zustand befindlichen Kutter einfach zerlegen oder ob sie ihn wirklich wieder herrichten sollten.
Letztlich wagten sie die zweite Lösung – die Kutterpaten waren geboren. Sie restaurierten den Kutter bis zum Sommer 1997. Als sie ihn in Kirchberg ins Wasser legten, lief er prompt mit Wasser voll. Das Holz war zu trocken, sodass das Wasser durch viele Ritzen kam. Beim Häfelefest am 29. Juni 1997 der WSGha wurde das Boot „Teamwork“, wie es schon beim MYN hieß, feierlich eingeweiht.

Da der Kutter außer zehn Riemen und den Segeln keinen Antrieb hatte und die Windverhältnisse auf dem Bodensee meist sehr mager waren und sind, kam schon bald ein Außenborder hinzu. Dieser Motor eröffnete den Kutterpaten die Chance, mit dem Kutter beispielsweise den Hochrhein zu befahren. Ausflüge nach Stein am Rhein, Schaffhausen und in den Untersee folgten. Die einst geplante seglerische Ausbildung der Jugend auf dem Kutter wurde verworfen, da es dem Nachwuchs mehr Spaß machte, alleine zu segeln als unter den Kommandos eines Skippers zu reagieren. So wird der Kutter seitdem zum Vereinsboot für Ausflüge, Gesellschaftsfahrten und ähnlichen Veranstaltungen, aber auch zur Ausbildung von Segelscheinerwerbern genutzt.

Bisher knapp 10.000 Fahrgäste
Den Aufzeichnungen der Logbücher des Kutters ist zu entnehmen, dass bisher über 6000 Personen an den Gästefahrten teilgenommen haben, dazu weitere 3500 bei zahlreichen Privat- und Vereinsfahrten. Neben den vielen Segeltörns während der Monate Mai bis Oktober gibt es für die Kutterpaten aber auch eine ganze Menge an Arbeit: Beispielsweise das oft schweißtreibende und kräftezehrende Auf- und Abtakeln vor und nach jedem Törn; das Aus- und Einwassern mit allem Drum und Dran, die Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten im Herbst und im Frühjahr. Jährlich wird der Kutter einer Überholung unterzogen, um ihn im folgenden Jahr wieder nutzen zu können. Seitz: „Dennoch sind wir Kutterpaten auch heute noch froh und dankbar darüber, dass wir unser Lieblingsspielzeug haben und es mit viel Liebe hegen und pflegen können.“