Die Situation ist grotesk. Da beschließt der Gemeinderat im Dezember 2019 nach langer Diskussion im Vorfeld, den tristen Adenauerplatz zu begrünen. Ein Berliner Fachbüro wird beauftragt, kluge Ideen dafür zu entwickeln. Dann liegen drei Entwürfe vor. Doch statt sich nun für eine Variante zu entscheiden, stimmt das Gremium gar nicht mehr darüber ab, wie der zentrale Platz vor dem Rathaus attraktiver werden soll. Nach rund zweistündiger Debatte beschließt der Gemeinderat – bis auf die SPD – stattdessen nur, was er nicht will: die Verlegung von Wochen- und Schlemmermarkt.

Debatte um Verlegung des Freitags-Wochenmarkts auf den Buchhornplatz
Dass dieses Thema überhaupt am Montagabend auf die Tagesordnung kam, war der Wunsch-Variante der Rathausspitze geschuldet. Die hatte von Anfang an die Variante „Hain“ bevorzugt, eine recht üppige Baumgruppe auf dem Westteil des Platzes, deklariert als „grünes Dach aus Klimabäumen“. Mit der Variante müsse allerdings auf jeden Fall der Freitags-Wochenmarkt auf den Buchhornplatz verlegt werden, positionierte sich das Rathaus und trat damit eine Debatte los, die eigentlich keiner auf dem Zettel haben wollte. Das wurde bereits in der Vorberatung des Ausschusses für Planen, Bauen und Umwelt überdeutlich. Trotzdem hielt die Verwaltung an ihrem Beschlussvorschlag fest.

Hohe Fördersumme für den „Hain“ in Aussicht
Ein Blick in die vor der Sitzung des Gemeinderats nur marginal geänderte Ratsunterlagen liefert auch eine mögliche Erklärung dafür. Mitte September erreichte das Rathaus die Kunde von einem Sonderprogramm des Bundes, mit dem Modellprojekte zur Klimaanpassung gefördert werden. 90 Prozent der Kosten bei maximal 3 Millionen Euro pro Projekt zahlt der Bund für neue, innovative Grünanlagen mitten in der Stadt. Um die höhe Fördersumme frühzeitig zu sichern, steht in der Vorlage, habe das Rathaus bereits unverbindlich Projektskizzen für die Begrünung des Adenauerplatzes eingereicht – für die Variante „Hain“. Denn nur die entspreche den Förderkriterien.
Doch im Gemeinderat beeindruckte das offenbar niemanden. So gab es schon vor der Sitzung zwei Anträge von CDU und Netzwerk, die inhaltlich gar nicht so weit voneinander entfernt waren. CDU-Fraktionschef Achim Brotzer betonte: „Uns geht es um eine Vereinbarkeit. Der Wochenmarkt am Freitag und der Schlemmermarkt am Samstag sollen bleiben, inklusive maximaler Aufenthaltsqualität und maximaler Begrünung des Platzes.“
Netzwerk: Funktion des Adenauerplatzes soll erhalten bleiben
Auch Jürgen Holeksa (Netzwerk) bekräftigte, dass die Funktion des Adenauerplatzes als Marktplatz, der er seit 750 Jahren nahezu ununterbrochen ist, erhalten bleiben solle. Sein Fraktionskollege Philipp Fuhrmann stellte nachträglich einen erweiterten Antrag. „Die Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro K1 wird beendet. Das Stadtbauamt erarbeitet in Eigenarbeit einen Vorschlag zur Aufwertung“, hieß es da.

Wie Fuhrmann begründete, sei das Planungsbüro zu teuer. Er plädierte für einen Kostendeckel von 300.000 Euro. Außerdem sei keine der drei Varianten in seinen Augen für einen Marktplatz akzeptabel. „Es soll doch keine Landesgartenschau werden. Die Vorschläge können auf keinem Planeten für einen Marktplatz bestimmt sein.“

Ein weiterer Antrag wurde im Laufe der Sitzung von der SPD gestellt. Parteimitglied Heinz-Joachim Tautkus erklärte: „Für uns steht die Verbesserung des städtischen Klimas an erster Stelle.“ Er schlug vor, einen Platanengarten – ähnlich wie zwischen Zeppelin-Museum und Medienhaus – auch auf dem Adenauerplatz anzulegen. „So könnte das Marktgeschehen unter den Platanen stattfinden.“ Wenn der Vorschlag nicht verwirklicht werden könne, stehe die SPD einer Verlegung der Märkte auf den Buchhornplatz offen gegenüber, sagte Tautkus.

Mit dieser Meinung war die SPD am Montagabend alleine. Alle anderen Parteien sprachen sich in der Diskussion gegen die Verlegung der Märkte aus. So bleibt der Adenauerplatz der zentrale Marktplatz in Friedrichshafen, wofür es letztlich auch keine Gegenstimme, nur sieben Enthaltungen gab.

Nun muss sich das Stadtbauamt, beraten vom Büro K1, über eine angepasste Planung für einen grünen Adenauerplatz Gedanken machen. Dabei ist dessen Neugestaltung nur ein Teil des Ganzen: Das Berliner Büro tüftelt bereits an einem Gesamtkonzept, wie Plätze, Straßen und die Promenade in der Kernstadt attraktiver und grüner gestaltet werden können. Parallel dazu will die Stadt vorab vereinzelt weitere Bäume pflanzen lassen. Doch bis dato sind diese Pläne noch in keinem Haushaltsplan mit Geldern hinterlegt. Dabei standen für die drei Varianten allein für den Adenauerplatz laut Schätzung Kosten von mindestens 450.000 bis zu einer knappen Million Euro zu Buche.