Es ist bitter kalt an diesem Sonntag. Trotzdem haben sich etwa 150 Mitglieder der serbisch-orthodoxen Kirchengemeinde Friedrichshafen nach dem Gottesdienst um 12 Uhr im Strandbad versammelt. Heiße Getränke wärmen die Hände bei Temperaturen, die deutlich unter dem Gefrierpunkt liegen. Gefeiert wird die große Wasserweihe, einer der wichtigsten Feiertage der orthodoxen Christen. Das Fest, das nach dem Julianischen Kalender am 6. Januar gefeiert wird, fällt nach unserer Zeitrechnung auf den 19. desselben Monats und wurde von der Gemeinde aufs Wochenende gelegt.
Priester Milorad Marjanovic wendet sich auf Serbisch an seine Gemeinde, segnet das Wasser und betet für Frieden. Den Abschluss bildet der Dialog mit der Gemeinde, der nur sinngemäß wiedergegeben werden kann: Auf „Gott wird erscheinen“ antwortet die Gemeinde: „Gott ist erschienen“. Nach dreimaliger Wiederholung nähert sich die Zeremonie ihrem Höhepunkt.
Erst Gedenken, dann heißes Gulasch
Das Fest der großen Wasserweihe wird zum Gedenken an die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer alljährlich an Epiphanias, dem Tag der Erscheinung des Herrn, gefeiert und auf Russisch Theophanie genannt. Zum traditionellen Eisschwimmen haben sich dieses Jahr 21 Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren angemeldet. In Badebekleidung versammeln sie sich auf dem Steg des Strandbads, während Colia Dusan, Vorsitzender des Kirchengemeinderats, das blumengeschmückte Holzkreuz von einem Motorboot aus in etwa 33 Metern Entfernung – entsprechend dem Alter Christi – ins Wasser legt.
Ohne zu zögern stürzen sich die Schwimmer in den fünf Grad kalten See, der etwa eine Minute lang zu kochen scheint. Zwei Männer greifen gleichzeitig nach dem Kreuz. Der 16-jährige Milos Luganja und Zivko Radolovic werden sich den diesjährigen Titel des Kreuzträgers teilen, was ihrem Stolz keinen Abbruch tut. Noch immer in Badehose posieren sie für unzählige Fotos bevor es zurück zum Gemeindehaus geht, wo ein heißes Gulasch auf sie wartet.