In Christoph Mandalkas Büro im zweiten Stockwerk des Gebäudes in der Seestraße 7 steht ein Fernglas auf dem Fenstersims. „Klar brauche ich das“, sagt der Leiter der Häfler Wasserschutzpolizei und ergänzt: „Letzten Sommer konnte ich schon morgens ein Boot beobachten. Mit dem Fernglas konnte ich sehen, dass es sich um keine Profis handelte. Sie trugen keine Schwimmwesten und hatten Daunenjacken an. Die sind gefährlich, da sie sich im Wasser sofort vollsaugen und schwer werden.“ Durch einen Fahrfehler sei das Boot schließlich gekentert. Mandalka konnte sofort reagieren und den Personen an Bord rechtzeitig zu Hilfe kommen und die Sanitäter herbeirufen. „Als Faustregel nimmt man an, dass eine Person bei 15 Grad Wassertemperatur rund 15 Minuten aushalten kann. Natürlich zählen noch andere Faktoren, wie die körperliche Verfassung oder was die Personen anhaben, dennoch ist Unterkühlung eine große Gefahr“, weiß der Polizist.

Über ein Empfangsgerät hört er konstant den Funkverkehr des Polizei-Präsidiums Göppingen „Einsatz“ mit an. Seit der Polizei-Reform gehören auch die Häfler Wasser-Polizisten zu diesem Präsidium. „Das sind Spezialeinheiten wie die Hundestaffel, die Hundertschaft, die Helikopter-Staffel und eben wir“, sagt Mandalka.

Momentan sind auch einige Kollegen im Einsatz und suchen in der Rotach nach einer vermissten Person. So etwas gestaltet sich oft wie die Suche nach der berüchtigten Nadel im Heuhaufen: „Seit 1947 haben wir 98 Vermisste zu verzeichnen, die nie gefunden wurden. Die wurden dann oft von Strömungen weggetragen oder liegen verdeckt in einer Grube“, erläutert Mandalka.

 

 

Nicht für jedermann: Die Taucher durchlaufen eine anspruchsvolle und anstrengende Ausbildung. „Die müssen topfit sein. Hier ist nicht Hurghada, wo man zehn Meter weit sehen kann. Unsere Taucher gehen auch bei einer Sichtweite von wenigen Zentimetern ins Wasser. Dann bei 20 Metern Tiefe einem Vermissten plötzlich in die Augen zu starren – das kann nicht jeder“, erläutert Christoph Mandalka die schwierige Aufgabe der Polizeitaucher.

 

Hobby und Beruf: Er selbst komme leider nicht mehr so oft mit dem Polizeiboot auf den See: „Ich bin gezwungen, nach Dienstschluss privat aufs Boot zu gehen“, erklärt er schmunzelnd. Wenn sich dienstlich die Möglichkeit ergebe, dann sei er auch dabei. Das sei allerdings nur bei größeren Einsatzlagen der Fall. Jetzt ist der 58-Jährige hauptsächlich mit Verwaltungs- und Administrations-Aufgaben beschäftigt. Dafür gibt es gerade im Winter Zeit, sagt der Polizist: „Von April bis Oktober häufen sich bei uns rund 2500 Überstunden an, die werden dann oft im Winter abgebaut. Wichtig ist, dass noch genug Leute da sind, um eine Bootsbesatzung zusammen zu kriegen.“

 

Viel Arbeit in der Hitze: Der Großteil der Arbeit findet im Sommer statt. Dann gilt es, gekenterte und havarierte Boote zu bergen, vermisste Personen zu suchen oder auch die im Hafen liegenden Schiffe zu überwachen und zu kontrollieren. „Es kommt vor, dass Leute monatelang auf einem Boot wohnen“, sagt Mandalka und ergänzt: „Das ist nur problematisch, wenn es nicht ihr eigenes ist.“2015 sei zudem ein Jahr gewesen, in welchem es so viele Bade-Unfälle gab wie selten zuvor. In der Statistik ist dieser Wert enorm nach oben geklettert, beschreibt der Leiter der Wasserschutzpolizei Friedrichshafen: „Der Sommer war sehr lang und sehr heiß. Getroffen hat es viele ältere Leute, die schon Vorerkrankungen hatten. Das war extrem.“

 

Skurriler Vorfall: Ein Einsatz, wie ihn auch Christoph Mandalka noch nie zuvor erlebt hat, war die Verfolgungsjagd nach einem Boot ohne Steuermann: „Ein Vater fuhr mit seiner Tochter auf dem Schiff auf den See hinaus. Durch bis heute ungeklärte Umstände fielen beide Personen über Bord. Dabei kam der Vater noch an den Gashebel. Dies hatte zur Folge, dass das 100-PS-Boot auf dem See im Kreis fuhr.“ Über eine ausgelegte Leine konnte man schließlich den Antrieb blockieren.

 

Häufige Ursache für Unfälle: Meistens handelt es sich um mangelnde Sorgfalt, wenn ein Schiff in einen Unfall gerät. Dazu gehören menschliches Fehlverhalten, fehlende Erfahrung des Bootsführers, Selbstüberschätzung und mangelnde Wetterbeobachtung. Mandalka erläutert: „Viele schauen in ihre App auf dem Smartphone. Sinnvoller wäre es allerdings, einen Blick an den Himmel zu werfen.“ Gerade ein so genannter Föhndurchbruch könne trotz hoher Temperaturen und sonnigem Wetter in Windeseile für Unwetter sorgen: „Da ist dann plötzlich ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 Kilometer pro Stunde da“, weiß der Polizist.

 

Anspruchsvolle Ausbildung: Ein Wasserschutzpolizist darf sich nicht vor dem Wasser fürchten und muss bereit sein, sich ständig weiterzubilden. Nach zwei Jahren Dienst bei der Polizei benötigt es drei weitere Jahre direkt bei den Wasser-Polizisten und zahlreiche Lehrgänge, um zu den Beamten am See zu gehören. „Die Ausbildung umfasst Fischereirecht, Naturschutz, Schifffahrtsrecht, aber auch den Umgang mit der Bootstechnik. Sei es im Maschinenraum oder an den Messgeräten wie Radar oder GPS“, erklärt der Dienststellenleiter.Per Funk kommt im Büro dann die Nachricht an, dass die Taucher von der Rotach zurück sind: Bisher wurde niemand gefunden und sie fahren jetzt weiter in nördlicher Richtung. An einer anderen Stelle steigen sie wieder in den Fluss. Die Suche geht weiter.