Aktivisten der Initiative Fridays for Future haben im Januar mit dem Jugendparlament einen Workshop organisiert. Gemeinsam haben die etwa 50 Teilnehmer Ideen gesammelt, aus denen vier Leuchtturmprojekte für Friedrichshafen entstanden sind. Die Projekte liegen nach Angaben der Fridays-for-Future-Vertreter sowohl der Stadtverwaltung als auch den Gemeinderäten vor.
„Wir möchten, dass die Umsetzung der Projekte möglichst bald beginnt und mit den Mitteln des neuen Klimabudgets des Haushalts 2020/21 finanziert wird“, sagt Madlen Beck von der Häfler Ortsgruppe Fridays for Future.

Die Stadtverwaltung betont allerdings, dass sie derzeit noch nicht sagen kann, ob die Projekte tatsächlich umgesetzt werden. Das hängt zunächst einmal an der Frage der Finanzierbarkeit. „Zunächst ist der Beschluss zum Doppelhaushalt 2020/21 abzuwarten, denn damit gäbe der Gemeinderat seine grundsätzliche Zustimmung zu den zusätzlich veranschlagten Finanzmitteln“, sagt Andrea Kreuzer, städtische Pressesprecherin, auf Nachfrage des SÜDKURIER.

Erst wenn der Doppelhaushalt – und damit das Klimabudget – beschlossen sei, werde die Verwaltung dem Gemeinderat konkrete Vorschläge zur Verwendung des Klimabudgets zur Entscheidung vorlegen.
Klimakrise sei auch eine Kommunikationskrise
Konkrete Vorschläge haben die Aktivisten von Fridays for Future bereits. Und sie machen darauf aufmerksam, dass die Klimakrise auch eine Kommunikationskrise sei. „Es wird nicht reichen, wenn der Staat alleine handelt“, betont Beck. Die Bürger müssten mit den Politikern an einem Strang ziehen. „Hier ist Zusammenarbeit gefragt“, stimmt Karol Roller zu, der ebenfalls bei Fridays for Future aktiv ist. „Deswegen wollen wir nicht nur Projekte wie die Wärmewende umsetzen, die sofort Treibhausgase einspart. Auch Öffentlichkeitsarbeit ist essenziell.“
Hinter den Projekten stehe vor allem eines: Das Ziel, aus Friedrichshafen bis 2035 eine klimaneutrale Stadt zu machen. Als klimaneutral werden Handlungen bezeichnet, die keine Treibhausgase freisetzen, also das Klima nicht beeinflussen, beziehungsweise deren Treibhausgase kompensiert werden können.
Das sind die vier Leuchtturmprojekte
1. Solar auf allen Hausdächern in Friedrichshafen: Mit dem Ziel, auf allen Dächern Friedrichshafens Solar- und Solarthermieanlagen zu installieren, sollen im Rahmen des ersten Leuchtturmprojekts mehrere Maßnahmen umgesetzt werden. „Wir haben uns gefragt: Wo können wir möglichst schnell möglichst effizient ansetzen? Da sind wir auf das Thema Energieversorgung gekommen“, erklärt Madlen Beck.

So besteht eine Forderung der Klimaaktivisten darin, dass die Stadt ein sogenanntes „Dachflächen- und Parkplatzkatatser“ erstellen soll, dass alle verfügbare Flächen in der Stadt auf ihre Eignung zur Installation von Fotovoltaikanlagen überprüft. „Fotovoltaik lohnt sich auch wirtschaftlich und es ist auf jeden Fall machbar – auch wenn es das optische Erscheinungsbild der Stadt verändert“, sagt Beck. Weiterhin fordern die jungen Erwachsenen, dass die Stadt einen Solaratlas verfasst, der die Nutzung von Fotovoltaikanlagen erklärt.
2. Klimabildung und Öffentlichkeitsarbeit: Um die Kommunikation zwischen Stadt und Bürgern rund um das Thema Klimaschutz zu verändern, fordern die Klimaaktivisten die Umsetzung des Projekts Öffentlichkeitsarbeit. „Klimabildung ist einer der wichtigsten Aspekte überhaupt“, betont Karol Roller. Zahlreiche Menschen wissen seiner Meinung nach zu wenig über die Klimakrise wissen. „Es ist an der Zeit, dass sich die Menschen mit dem Thema beschäftigen.“

Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass die Stadt neben Informationen auch Handlungsempfehlungen für den einzelnen Bürger ausspricht. „Es geht um die Frage: Was kann ich persönlich gegen die Klimakrise unternehmen?“, sagt Roller.
Das alles könnte die Stadt beispielsweise auf einer Internetseite bereitstellen, sagen die Klimaaktivisten. Sie fordern, dass diese Anlaufstelle dann aktiv beworben wird. Zudem solle die Stadt vermehrt Veranstaltungen organisieren, die die Klimakrise thematisieren – auch an Schulen.
Forderung: Zwei neue Vollzeitstellen schaffen
Damit die genannten Punkte umgesetzt werden können, fordern die jungen Erwachsenen, dass die Stadt einen Klimamanager und eine Verwaltungsfachkraft einstellt, die sich um das Thema Klimaschutz kümmern. „Es wäre wünschenswert und aus unserer Sicht notwendig, dass es Experten gibt, die sich um die Klimakrise in Friedrichshafen kümmern“, sagt Beck.
3. Wärmewende: Das dritte Leuchtturmprojekt beschäftigt sich mit der Umstellung der Wärmeerzeugung auf erneuerbare Energien. „Die Zielauffassung dieses Projekts ist ein Nahwärmenetzwerk für Friedrichshafen zu installieren“, erklärt die 19-jährige Beck. Dabei könne die Stadt etwa Wärme der Industrie und aus einzelnen Haushalten nutzen und so einen Kreislauf schaffen. „Mit dieser Methode würde weniger Energie verloren gehen.“
Infrastruktur müsste geschaffen werden
Die Vertreter von Fridays for Future wissen aber auch, dass zuerst die Infrastruktur für ein solches Netzwerk geschaffen werden müsste. „Das geht nicht von heute auf morgen. Aber man kann zumindest schon jetzt damit anfangen, am einfachsten in Wohngebieten, die neu erschlossen werden“, sagt Beck.

Zusätzlich fordern die Aktivisten, dass die Stadt recherchiert, inwiefern es möglich ist, den Bodensee für die Wärmegewinnung zu nutzen. „Da liegt sicherlich großes Potenzial, aber es gibt noch zu wenige Forschungsansätze“, sagt Beck.
4. Mobilitätsmanagement: Ziel des vierten Klimaprojekts der Vertreter von Fridays for Future ist die Reduktion der Emissionen des Häfler Stadtverkehrs. Eine Forderung: Alle städtischen Busse sollen auf Wasser- und Brennstoffzellen sowie elektrisch betriebene Motoren umgestellt werden. „Der Verkehr macht Tonnen von CO2 aus, das sollt dringend verringert werden“, sagt Roller.
„Wir wünschen uns, dass der Busverkehr attraktiver wird“
Weiterhin wünschen sich die Aktivisten, dass der Busverkehr attraktiver wird, indem die einzelnen Linien häufiger fahren und die Bushaltestellen durch grüne Bepflanzung sowie mehr Fahrradständer aufgewertet werden.
Madlen Beck ist oft mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs. „An vielen Haltestellen gibt es einfach gar keine Fahrradständer und auch die Radwege sind teilweise fast gefährlich“, findet die 19-Jährige. Deswegen fordern die Klimaaktivisten auch den Ausbau der Fahrradwege in der Stadt.