„So ein Hühnerhaufen“, „Zickenalarm“, „sturer Esel“, „lahme Ente“, „blöde Kuh“, „Kollegenschwein“, „Angsthase“: Das liebe Vieh muss in der deutschen Sprache und auch in Büros hierzulande für einige bösartige oder nicht ganz so ernst gemeinte Beschimpfungen herhalten. Die Auswahl ist reichhaltig und reicht von Anstandswauwau bis zur Zuchtsau.
Und obwohl an dieser Stelle erst vor 14 Tagen die neuen Bauernregeln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, kurz BMUB, seeziert wurden, kommt heute schon wieder ein tierisches Thema auf den Tisch, weil es mir nicht aus dem Kopf ging seit der Lektüre einer kurzen Meldung.
Schuld sind diesmal in erster Linie nicht die Amerikaner, sondern die Japaner. Denn bei denen geht es nicht nur auf dem Land, sondern auch in einem Tokioter Betonwolkenkratzer zu wie auf dem Bauernhof. Konkret in der zwölften Etage, also geschätzt in einer Höhe von rund 30 Metern, über und unter Büroetagen. Dort, mitten im Bankenviertel Otemachi, meckern Ziegen und muhen Kühe nämlich auf einer etwa 1000 Quadratmeter großen Weide.
Nicht etwa, damit der Weg vom Produzenten zum Kunden von Kuh- oder Ziegenmilch möglichst kurz ist – in so einem Bürogebäude wird sicher jede Menge Milch benötigt). Nein, die Otemachi-Weide wird von einer Arbeitsvermittlungsagentur betrieben, um Milchwirtschafts-Werbung zu machen. Dazu werden aber nicht etwa junge, ideenlose Japaner auf Ausbildungsplatzsuche auf die Höhe der Rindviecher und Co. geliftet, sondern nur Teilnehmer von Berufsseminaren bekommen die Büroweide zu sehen, auf der acht Tierarten grasen.
Angenommen, die Tiere würden tausende Kilometer weiter und in einer anderen zwölften Etage den Tag und die Nacht verbringen, müssten sie nämlich nicht Gras, sondern Salat fressen. In Newark, unweit von New York City, züchtet man nämlich Gemüse in der „Vertical Farm“. Wenn dort Salat gepflanzt wird, sieht das anders aus als üblich. Es gibt keine Schaufel, keine Erde, aber eine Art Pfefferstreuer, der mehrfach gedreht wird. Schon fallen Tausende Salatsamen auf eine feuchte, weiße Plastikwolle, die unter dem Streuer liegt. 16 Tage später kann der Salat geerntet werden auf zwölf Etagen. Wenn keine Tiere ihn zuvor verspeisen.
Aber zurück zu den japanischen Milchviechern. Ob die Tiere in luftiger Höhe denn auch Namen haben? So wie hierzulande: Kuh Elsa oder Resi, Ziege Suse oder Ziege Katy, Ochse Otto. Das könnte wahlweise zu mieser oder heiterer Stimmung führen. Wenn da eine nicht ganz so beliebte Seminar-Teilnehmerin, ich nenne jetzt wohlüberlegt keine Namen, auf eine gleichnamige Ziege trifft oder ein begriffsstutziger Teilnehmer wird genauso gerufen wie ein Ochse auf der Weide… Das könnte lustig sein – oder auch nicht.