Vor 777 Jahren wurde die "Mühle zu Aicha" erstmals urkundlich erwähnt, eine von sieben Mühlen an der Brunnisach. Um die 240 Jahre alt ist das Wohnhaus, dessen Fundamente deutlich älter sind. An dessen Fachwerkgiebel drehte sich noch bis ins 20. Jahrhundert hinein ein mächtiges Mühlrad. Jetzt stehen hier Baugerüste. Die riesige Giebelwand wird komplett erneuert und genauso aufgebaut wie einst im 18. Jahrhundert – ein Gerippe aus Balken, die Zwischenräume mit Lehm verfüllt.
Der Flur im Erdgeschoss vor und nach der Sanierung


Seit anderthalb Jahren sanieren Hannes Weber und seine Lebensgefährtin Blandina Knitz die Eichenmühle, und ein Ende ist lange nicht in Sicht. Ein Häuschen im Grünen sollte es für die Familie sein. Gekauft haben sie einen historischen, aber schwer in die Jahre gekommenen Hof mit einem Wohnhaus, das vom Keller bis zum doppelten Dachboden ein besonderes Bauprojekt ist. Der Hof steht unter Denkmalschutz. Wer etwas neu machen will, muss das Alte erhalten.

Genau das wollen die neuen Eigentümer. "Acht Wochen war der Restaurator mit fünf Mann für die Bestandsaufnahme im Haus", erzählt Hannes Weber und zeigt auf einen Balken im Keller, der mit der Nummer 98 markiert ist. Erhaltenswert ist vieles in dem massiven Haus mit 60 Zentimeter dicken Steinwänden als Sockel, das immer zur Hälfte Mühle und Wohnhaus war. Der Bäckermeister von "Webers Backstube" geht auch im Bauhandwerk auf, wenn er davon erzählt, wie sie den ursprünglichen Eichenboden unter mehreren Schichten Linoleum und Teppichboden wieder freigelegt und restauriert haben. Oder wie unter Zentimeter dicken Putzschichten wieder Fachwerk sichtbar wurde, unter zehn Kalkfassungen an der Decke im Schlafzimmer schöne Malereien auftauchten. Schnell geht auf solch einer Baustelle aber nichts. "Man braucht Gefühl und Verständnis", beschreibt Hannes Weber die Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde.
Das Wohnzimmer vor und nach der Sanierung


Für die liebevolle Restaurierung der Eichenmühle hat das Paar gestern Abend den Denkmalpreis der Fördergemeinschaft des Bauernhofmuseums Wolfegg erhalten. Einmal im Jahr zeichnet der Verein Menschen aus, weil sie "entgegen Zeitgeist und Gewinnmaximierung kulturgeschichtlich wertvolle Bausubstanz an Ort und Stelle erhalten haben". In der Regel seien das Idealisten, die im Verborgenen handeln, steht in der diesjährigen Ausgabe der "Wolfegger Blätter", die sich ganz der Sanierung und Restaurierung der Eichenmühle und deren Geschichte widmen.
Das Gästebad im Erdgeschoss vor und nach der Sanierung


Im Mai ist die vierköpfige Familie eingezogen, lebt in den alten Gemäuern auf 180 Quadratmetern ganz zeitgemäß. "Wir fühlen uns wohl hier", sagt Hannes Weber. Aber es bleibt viel zu tun. Nächstes Jahr ist die Fassade dran, die erst restauriert werden kann, wenn die Fensterleibungen erneuert sind. Die Familie hofft auf einen Zuschuss von der Stadt. Rund 100 000 Euro hat das Landesdenkmal für das Gesamtprojekt in Aussicht gestellt. 60 000 Euro gibt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz für den Giebel dazu. Bei Kosten von 750 000 Euro inklusive Eigenleistungen für die Sanierung bisher bleibt viel vom Mehraufwand beim Bauherren hängen. "Es warten noch 20 Jahre Arbeit", sagt Hannes Weber schmunzelnd. Nicht nur der Mühlenteil wurde zurückgestellt. Zum Hof gehören Wirtschaftsgebäude, an denen der Zahn der Zeit nicht weniger genagt hat.
Der Fachwerkgiebel vor und während der Sanierung


Geschichte der Eichenmühle
- Eine Zeichnung der Eichenmühle von 1945 ziert den Titel des Buches "Mühlen in und um Friedrichshafen", das der Häfler Hobbyhistoriker Ernst Haller 2010 herausgegeben hat. Es beschreibt die Geschichte von Hof und Mühle, die bis ins 18. Jahrhundert wechselnden Herrschaften gehörte – vom Haus Fürstenberg über das Kloster Salem bis zum Hochstift Konstanz.
- Im Pfarrarchiv der Fischbacher St. Vitus-Kirche werden von 1768 bis 1882 mehrere Generationen der Familie Roth als Müller von Aichen aufgeführt. 1883 ging die Mühle an Markus Josef Manz über, nur zwei Jahre später an den Müller Karl Schrott, bis sie schließlich 1902 von Josef Kuppel aus Wahlwies gekauft wurde. Er war der letzte gelernte Müllermeister, der mit der Mühle Geld verdiente. 1905 besaß die Mühle noch zwei Wasserräder mit Durchmessern von 2,60 und 2,72 Meter, je eines für Mühle und Säge. Als Josef Kuppel 1917 im Ersten Weltkrieg fiel, heiratete seine Witwe einen Christian Weber, der bis 1930 jährlich etwa 30 Tonnen Getreide gemahlen hat.
- Nach dem 2. Weltkrieg bestellte Fritz Kuppel „zum Ausbau der Wasserkraft für die Säge“ eine neue Turbine zur Stromerzeugung, um beim Wiederaufbau der komplett zerstörten Stadt mit der Säge Geld zu verdienen. Diese wurde jedoch nie eingebaut. (kck)