Rein formal fand am Donnerstagabend eine Sitzung des Gemeinderates statt, mit dem einzigen Tagesordnungspunkt: „Amtseinführung von Bürgermeister Ralph Gerster“, und 600 Besucher strömten in die Stadthalle. Viele Wegbegleiter, Ehrengäste, die Familie und hunderte Bürger verfolgten die organisatorisch hervorragende Zeremonie und eine Handvoll Gastredner würdigten die Person Gerster und das Amt des Bürgermeisters.
Gerster ist auch „Garnisonsbürgermeister“
Ralph Gerster habe nun auch den inoffiziellen Titel eines „Garnisonsbürgermeister“ attestierte Oberst Albrecht Katz-Kupke, dass der neue Rathauschef auf dieses zusätzliche Amt bestens vorbereitet sei. Der Kommandeur der Staufer-Kaserne schlug vor, dass man an dem von der Bundeswehr ausgerufenen „Tag der Werte“ am 23. Mai eine gemeinsame Aktion mit der Stadt organisiert. Angesichts des negativen Erscheinungsbildes der Bundeswehr in der Republik appellierte Katz-Kupke an die Besucher, ihren Soldaten den Rücken zu stärken.
Kommune der Ort der Wirklichkeit

Für die Bürgermeisterkollegen ergriff Jochen Spieß, Rathauschef in Krauchenwies, das Wort. „Die Kommune ist der Ort der Wirklichkeit“, erklärte der Kommunalpolitiker und ist überzeugt, dass der Staat die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit erreicht hat.
Kirche und Rathaus suchen Lösungen für Menschen vor Ort

Für die Kirchen wies der evangelische Pfarrer Sebastian Degen auf die Gemeinsamkeiten von Kirchen und Rathaus hin, denn beide würden sich für Schwache einsetzen und für die Menschen vor Ort Lösungen suchen. „Wir haben in Pfullendorf ein lebendiges Vereinsleben“, wandte sich Gerda Gebert, Vorsitzende des Turnvereins, namens aller 120 Vereine der Kommune an Gerster.
In die Vereine investieren

Gebert verzichtete darauf, ihm eine lange Liste von Wünschen zu unterbreiten, und platzierte den Hinweis, dass in allen Vereinen ehrenamtlich Mitarbeitende fehlen. „Investieren Sie in die Vereine“, ermunterte die TVP-Chefin den neuen Bürgermeister, dem sie Weitblick, Durchhaltevermögen und eine gute Hand bei den Amtsgeschäften wünschte.
Für Ralph Gerster Bürgermeisteramt eine große Ehre
Es war an Bürgermeister Ralph Gerster, das Schlusswort zu halten, in dem er einige Grundsätze seines Amtsverständnisses und künftigen Handelns skizzierte. „Ich bin dankbar und es ist mir eine große Ehre, dass ich in den kommenden acht Jahren Bürgermeister der Stadt Pfullendorf und Teil dieses funktionierenden Gemeinwesens sein darf“, bedankte sich Gerster für die Vorschusslorbeeren, wohlwissend, dass er die direkt oder zwischen den Zeilen vorgetragenen Wünsche und Anforderungen sehr wohl vernommen habe. Ausdrücklich bedankte er sich bei seinem Amtsvorgänger und ist überzeugt, dass die „Ära Kugler in die lange Pfullendorfer Geschichte als eine Zeit großer Entwicklungen eingehen wird. Es war eine Zeit von Wachstum und Wohlstand.“
Verbindliche Mehrheitsentscheidungen akzeptieren und respektieren
Er sei ein „Vertreter der Generation Saugroboter“ erklärte Gerster und kündigte an, dass er den Gestaltungsauftrag für die Entwicklung der Stadt und seiner Ortsteile entschlossen wahrnehmen will: „Kraftvoll, still und leise. Wenig Lärm, viel Leistung und immer ausreichend Akkukapazitäten.“ Er wolle ein Bürgermeister sein, der die Sache und nicht das eigene Ego in den Mittelpunkt stelle, versprach der 51-Jährige und erklärte selbstbewusst, dass er in seinen bisherigen Funktionen gezeigt habe, dass er sowohl die Leidenschaft wie auch das Augenmaß für das Bürgermeisteramt mitbringe. Deutlich machte er, dass Parteipolitik keine Rolle spiele: „Für mich ist einzig und allein entscheidend, dass es ein guter Vorschlag ist, der unsere Stadt weiterbringt.“ Man müsse Ideen und Forderungen diskutieren, dann entscheiden und eine verbindliche Mehrheitsentscheidung dann akzeptieren und respektieren.
Ralph Gerster will mehr Bürgerbeteiligung wagen
Ein klares Bekenntnis gab es von Gerster für das Ehrenamt und deutliche Worte für die künftige medizinische Versorgung. Die Diskussion um die landesweiten Krankenhausschließungen habe erneut gezeigt, wie „weit die große Politik von der Realität weg ist.“ Nun müssten Bürgermeister und Gemeinderat ganz genau darauf achten, dass Zusagen wie die Einrichtung eines Primärversorgungszentrums in Pfullendorf, zeitnah umgesetzt werden. „Mehr Demokratie wagen“, hatte sich vor 50 Jahren der damalige SPD-Bundeskanzler Willy Brandt vorgenommen und Ralph Gerster versprach, mehr Bürgerbeteiligung zu wagen. Die Menschen sollen sich mit ihren Sorgen, Anregungen aber auch Lob an die Verwaltung wenden können und in größere Projekte und grundlegende Entscheidungsprozesse wolle er die Bevölkerung früh und möglichst umfassend einbinden. Er habe einige Ideen zu unterschiedlichen Themenbereichen, die er zu gegebener Zeit vorstellen wolle.
Bürgermeisterstellvertreter sichert Unterstützung des Gemeinderates zu
„Ich darf Ihnen versichern, dass der Gemeinderat ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen und mit ihnen zusammen Entscheidungen treffen wird“, reichte Bürgermeisterstellvertreter Karl Fritz namens des Gremiums dem neuen Rathauschef die Hand für eine konstruktive, ehrliche und offene Zusammenarbeit, wobei man Sachthemen weiter kritisch hinterfragen werde, um gemeinsam zu einem guten Ergebnis zu kommen. Wichtig sei, dass man anstehende Probleme dem Bürger gegenüber transparent mache und die Bürgerschaft in geeigneter Weise in aktuelle Geschehnisse mit einbinde. Die prall gefüllte Stadthalle wertete Fritz als Zeichen, dass die Bürgerschaft den neuen Bürgermeister willkommen heiße und viele Hände für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit gereicht würden. Mit ihrem vielfältigen Aufgabengebiet sei die Stadt im Prinzip ein mittelständisches Unternehmen, das entsprechend geführt werden müsse, und deshalb werde auf Gerster viel Arbeit zukommen. Vorgänger Thomas Kugler habe schon viel geleistet, und so könnte der neue Chef im Rathaus eine intakte Stadt übernehmen, die trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten gut dastehe. Zur offiziellen Verpflichtung kam Ralph Gerster auf die Bühne, die Besucher erhoben sich von den Plätzen und laut wiederholte der neue Bürgermeister die Verpflichtungsformel. Dann unterschrieb er die Ernennungsurkunde und als äußeres Zeichen des neuen Amtes legte Karl Fritz Ralph Gerster die Amtskette um. Als Geschenke gab es die Chronik der Stadt, einen Regenschirm und für Gattin Diana einen Blumenstrauß.
Bürgermeister sind Gestalter und nicht Verwalter
Zuvor hatte Landrätin Stefanie Bürkle den Reigen der Grußworte eröffnet, und die Amtseinsetzung als „Tag der gelebten Demokratie“ bezeichnet. Ein Bürgermeister müsse die täglichen Sorgen der Menschen managen und jeder Tag bringe neue Aufgaben. Gerster verfüge über die persönliche und fachliche Qualifikation für das neue Amt und als Mitglied des Kreisrates sei er immer offen für neue Ideen, attestierte Bürkle, dass für ihn der Bürgermeisterposten nicht Beruf, sondern Berufung sei. Ein Bürgermeister müsse den festen Willen zur Gestaltung haben und nicht als Verwalter agieren. Entscheidend sei, den Bürgern zuzuhören, als Moderator für Ausgleich sorgen und für Ziele zu kämpfen. Lob gab es von der Kreischefin für die Diskussions- und Verantwortungskultur des Gemeinderates, die schier vorbildhaft sei. Nun gelte es für Ralph Gerster rasch das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und sich als „Brückenbauer“ für unterschiedliche Interessen zu bewähren.
Für die musikalische Unterhaltung hatte während des Festaktes die Stadtmusik unter Leitung von Herbert Mayer gesorgt, und beim anschließenden Empfang im Foyer wurden die Gäste wie üblich von der Trachtengruppe bewirtet.