Wegen seines sexuellen Missbrauchs von Kindern hat sich ein 45-Jähriger aus dem Kreis vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Kristina Selig in Sigmaringen zu verantworten. Staatsanwältin Denise Merkle wirft dem Angeklagten vor, in 96 Fällen von 2012 bis 2016 diverse Handlungen gegenüber seinen Schutzbefohlenen, Sohn und Tochter, vorgenommen zu haben.

Beschuldigter bestreitet die Vorwürfe vehement

Der Angeklagte betonte in seiner ersten Stellungnahme vor Gericht, dass er sich solche Vorwürfe nicht erklären könne: „Ich habe so etwas Ekelhaftes nicht getan. Unser Verhältnis war super!“ Unsittliche Berührungen hätte es nie gegeben. Es sei üblich gewesen, dass die Kinder zum Einschlafen neben ihm lagen, er oder seine Frau hätte ihnen Geschichten vorgelesen: „Da hat man gekuschelt!“ In der Trennungszeit der Eltern – die Frau war in besagter Zeit zwischen 2012 und 2016 ins Gästezimmer der Wohnung umgezogen, hätten sie in gegenseitiger Absprache zum Einschlafen ihre Kinder aufgeteilt. Im Oktober 2017 hätte ihm seine Ehefrau eröffnet, mit ihm nicht mehr länger leben zu können. Die Scheidung wurde ein Jahr später vollzogen.

Verhältnis zur Ex-Frau ist angespannt

Getroffen wurde eine Umgangsvereinbarung beider Elternteile über das Jugendamt, die sich aber mit abwechselnden Besuchen nicht immer planungsgerecht umsetzen ließ. Zum einen, weil die Tochter nach einem längeren Aufenthalt beim Vater dauerhaft zur Mutter zurückgekehrt war und der Sohn dessen Aversionen gegen die eigene Mutter nicht länger ertragen wollte. Während der Pandemiezeit sei der persönliche Abstand zu den Kindern dann größer geworden, obgleich er mit den Kindern und seiner neuen Partnerin zusammen einiges in der Freizeit unternommen hätte. Das Verhältnis zu seiner Ex-Frau bezeichnete er als „angespannt“.

Verteidiger moniert fehlende Möglichkeit, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu prüfen

Verteidiger Florian Majer, der über Nachfragen an seinen Mandanten nicht nur den Zeitablauf der Geschehnisse konkret einordnete, bekundete sodann seinen Widerspruch, dass die Aussagen der beiden Kinder über eine Ton-Bild-Aufnahme vor Gericht gezeigt würden – eine Glaubwürdigkeitsüberprüfung sei hierbei nicht möglich. Das Schöffengericht vermochte nach interner Beratung diese Notwendigkeit nicht zu erkennen, für das vom Verteidiger ebenfalls geforderte Sachverständigungsgutachten gäbe es kein Motiv.

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Ziemlich peinlich dürfte es für den Angeklagten gewesen sein, dass seine Kinder unisono in ihren getrennten Vernehmungen von sexuellen Belästigungen sprachen: Ihr Vater hätte sie wohl bereits als Drei- oder Vierjährige im Intimbereich berührt, der Sohn musste sich laut eigener Aussage sogar im Schwimmbad einmal dessen Avancen erwehren. Beide Kinder seien schlussendlich überein gekommen, das Vergehen ihres Vaters zur Anzeige bringen zu wollen.

Ex-Frau des Angeklagten kämpfte vor Gericht mit ihren Tränen

Sie sei zutiefst schockiert gewesen, als sie vor zwei Jahren im Gespräch mit ihren Kindern von diesen Vorgängen erfuhr. Sie sei von ihnen gefragt worden, ob gewisse Körperberührungen eigentlich zulässig seien. Ausgelöst wurde deren Hinterfragen wohl durch eine Sexualaufklärung im Schulunterricht. Zudem hätten sie vom Missbrauch einer Verwandten erfahren.

Folgen für Kinder sind bis heute spürbar

Ob sich bei beiden Kindern ein Trauma durch das Verhalten ihres Vaters entwickelt, ist zumindest nicht auszuschließen. Beide gaben an, keine sexuellen Kontakte zu pflegen. Die Tochter habe sich in eine therapeutische Behandlung begeben, befände sich in einem stabilen Umfeld, sie hätte allerdings auch, so die Mutter, erst kürzlich wohl einen Suizidversuch unternommen. Der Sohn sei entgegen seines sozialen Naturells verhaltensauffällig in der Schule geworden.

Schöffengericht setzt weitere Verhandlungsrunde an

Verteidiger Florian Majer stellte den Antrag, dass eine aktualisierte Vernehmung der Kinder erforderlich wäre, wie auch ein psychologisches Gutachten, sofern es entsprechende Auffälligkeiten gäbe. Die beiden Rechtsanwälte der Nebenkläger, Jürgen Caillet und Nicole Ferrari, hielten diesen Beweisantrag für ungeeignet und plädierten für eine Zurückweisung. Letztendlich entschied das Schöffengericht nach nochmaliger Beratung zum Fortsetzungstermin am 19. Dezember, 9 Uhr, eine ergänzende Vernehmung der Kinder zuzulassen – unter Ausschluss der Öffentlichkeit und des Angeklagten. Gegen den Ausschluss seines Mandanten kündigte sein Anwalt bereits Widerspruch an.

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