Und sie fliegen doch noch! Zwar zierten sich einige Waldrappe der Überlinger Kolonie im Herbst, ihrem angeborenen Programm gen Süden zu folgen und gönnten sich beim Überqueren des Alpenhauptkamms etwas Unterstützung.

Doch wer geglaubt hatte, die Tiere seien auch zu bequem, um in ihr angestammtes Brutquartier zurückzukommen, hat sich getäuscht. Am Montagabend traf mit Urmel der erste Waldrapp wieder in Goldbach an der künstlichen Brutwand ein. Das Männchen mit der Ringnummer 172 gehört dem Jahrgang 2017 an, der ersten in Hödingen aufgezogenen Generation. 2021 brütete er zum ersten Mal erfolgreich. Einem Waldrappteam-Sprecher zufolge seien es inzwischen zwei Vögel, die schon ein Nest in einer Felsnische inspiziert hätten. Im Rheindelta bei Bregenz hielt sich am Mittwochmorgen bereits der jüngere Kollege Ohnezahn auf, der 2019 in Heiligenberg fliegen gelernt hatte.

Die ersten Waldrapp-Küken könnten im Mai schlüpfen. Aktuell leben laut dem Sprecher etwa sechs bis sieben der Tiere in Überlingen.

Das könnte Sie auch interessieren

Bereits vor einer Woche war Bewegung in das Überwinterungsgebiet in der Toskana gekommen und die ersten Tiere hatten Richtung Norden abgehoben. Dabei war auch Zoppo, der sich seit einigen Tagen mit einer kleineren Gruppe nördlich des Comer Sees aufhielt und noch etwas zauderte, den Splügen zu überqueren. Zoppo war im Mai 2020 der erste Waldrapp der Überlinger Kolonie gewesen, der eigenständig seinem Zugprogramm gefolgt und an den Bodensee zurückgekehrt war.

Überlinger Kolonie soll weiter wachsen

Der jetzige Rückkehrer Urmel war im Juni 2022 mit seiner Partnerin Eduardo und dem gemeinsamen Nachwuchs erfolgreich in die natürliche Brutwand an den Molassefelsen bei Brünnensbach umgesiedelt worden. Die Dame Eduardo – ebenfalls Jahrgang 2017 – gehört zu der erwähnten Gruppe, die sich am Dienstagmorgen noch bei Chiavenna am Comer See aufhielt.

Die Überlinger Kolonie soll weiter wachsen. In einigen Wochen werden geschlüpfte Waldrappe aus dem Tierpark Rosegg erstmals im Karlsruher Zoo handaufgezogen. Von dort werden sie in ein Trainingscamp beim Flugplatz Binningen im Hegau gebracht, um dort fliegen zu lernen.

Das könnte Sie auch interessieren

Für die Rückkehrer wird die ehemalige Ziehmutter Anne-Gabriela Schmalstieg die künstliche Brutwand bei Goldbach vorbereiten. „Eine Voliere werden wir in diesem Jahr nicht aufstellen, das brauchen wir nach den bisherigen Erfahrungen nicht mehr“, sagt sie. „Lediglich die Wiese drumherum werden wir etwas einzäunen, um Störungen zu vermeiden.“ Nicht ganz ausgeschlossen ist sogar, dass Rückkehrer Urmel in die natürliche Felswand einzieht. Einen kurzen Abstecher dorthin hatte er bei seiner Ankunft den Aufzeichnungen nach schon gemacht, um dann aber die gewohnten Futtergründe aufzusuchen.

Noch nicht klar ist, ob das Projektteam in diesem Jahr einen weiteren Nesttransfer in die Felsen versucht. „Sollte ein Paar aus eigenem Antrieb dort brüten, können wir das auf keinen Fall machen,“ erklärte Anne-Gabriela Schmalstieg.

Die ersten Waldrappe sind aus ihrem Winterquartier in der Toskana zurück an den Bodensee gekehrt. Zwei , sagte ein Sprecher des sogenannten Waldrappteams am Mittwoch. Weitere Vögel seien unterwegs. Als nächstes stehe die Paarungszeit an. Zuvor hatte der SWR darüber berichtet.

Die Zugvögel mit den markanten, schopfartigen Federn am Kopf und sichelförmigen Schnäbeln waren zuletzt in freier Wildbahn praktisch ausgestorben. Die Waldrappe am Bodensee gehören zu einer von vier Kolonien, die zu einem Auswilderungsprojekt im Alpenraum zählen. Das Waldrappteam leitet die Auswilderung. Bis ins 17. Jahrhundert lebten Waldrappe unter anderem an Felsen in Überlingen. Dann wurden ihnen Vogeljäger zum Verhängnis.

Der Waldrapp (Geronticus eremita) ist Naturschutzverbänden zufolge einer der seltensten Vögel der Welt. Die Art brütet gerne in der Nähe von Gewässern an Felsklippen und Steilküsten. Die gänsegroßen Zugvögel lebten einst verbreitet im Alpen- und Mittelmeerraum.

Rückmeldung an den Autor geben