Dieses Jahr war alles anders. Die Pandemie beeinflusste auch die Gestaltung des christlichen Weihnachtsfestes. Alle evangelischen Gottesdienste in Innenräumen waren abgesagt worden, der traditionelle Kirchgang an Weihnachten war, wie so vieles andere, nicht mehr möglich. Die evangelische Gemeinde machte aus der Not eine Tugend und entwickelte alternative Konzepte, wie Kirche selber zu den Gläubigen kommen könnte, anstelle sie in die Kirche einzuladen. Neben einer weihnachtlich-meditativen Installation „Kirche to go“ in der Auferstehungskirche und Online-Andachten, kam es unter Mitwirkung der Methodistischen Gemeinde, der Neuapostolischen Kirche und der Katholischen Gemeinde zu einem besonderen ökumenischen Ereignis.
Zwei Weihnachts-Zügle samt Krippe und Weihnachtbaum machten an diversen Stationen im Stadtgebiet, wie auch in Owingen und Billafingen halt, um dort unter dem Begriff „Pop-up-Kirche“ jeweils kurze Andachten zu halten. Marga Lenski fuhr den Traktor, der die Krippe zur ersten Station auf den Schättlisberg brachte. Ein Bläserquintett sorgte für festliche Untermalung. Etwa 100 Teilnehmende und einige Anwohner aus ihren Fenstern durften die bekannten Melodien zwar nicht mitsingen, das Summen aber blieb erlaubt.

Pastor Rouven Bürkle von der evangelisch-methodistischen Gemeinde betonte in seiner Ansprache, dass gerade in diesen schwierigen Zeiten Weihnachten mit seiner hoffnungsvollen Botschaft nicht ausfallen könne und dürfe. „Denn wäre Jesus nicht geboren worden, schrieben wir jetzt nicht das Jahr 2020 und wir stünden nicht auf dieser Wiese, Corona allerdings gäbe es trotzdem. Kein ,Oh du fröhliche‘ wäre zu hören, nur ,Stille Nacht‘ mit wenig Hoffnung“, so Rouven Bürkle.

Unmittelbar vor der ersten Station des Weihnachtszügles hatte Dekanin Regine Klusmann im Badgarten mit dem Weihnachtsgottesdienst für Familien mit kleinen Kindern eine weitere Open-Air-Andacht absolviert. Üblicherweise als Stationengottesdienst im Stadtgraben abgehalten, fand die Andacht in diesem Jahr, um den Mindestabstand gewähren zu können, vor dem Kursaal statt. Bei allen Veranstaltungen war lediglich eine eng begrenzte Zahl an Teilnehmenden nach Online-Anmeldung zugelassen. Ein Schokoladenweihnachtsmann markierte die Stelle, an der sich die Angehörigen jeweils eines Haushaltes aufhalten durften.
Alle Kinder wurden mit kleinen Requisiten ausgestattet und durften sich wahlweise als Sternengel oder „Määääh!“-rufende Schäfchen fühlen. Mit dem gemeinsamen Ruf „Fürchtet euch nicht!“ wurden die Familien nach der Andacht in die Weihnachtstage entlassen.
Leitmotiv
Dekanin Regine Klusmann lenkte in ihren Weihnachtsansprachen den Blick auf die Botschaft der Engel, deren „Fürchte dich nicht!“ als Leitmotiv über der diesjährigen ganz besonderen Weihnacht mit all ihren Beschränkungen stehen solle.
Regine Klusmann führte bei den Open-Air-Andachten aus: „Aber für eine Nacht sollte sich doch ein Sternenfenster öffnen, für ein paar Stunden versuchen wir das zu leben und zu tun, was wir am Ende der Zeiten erwarten: Frieden auf Erden, Geborgenheit, Gerechtigkeit für alle, Erfüllung unserer Sehnsüchte. So können wir weiterleben mit den Wirrnissen, den Konflikten und Traurigkeiten des Alltags, aber auch mit den Schönheiten und Staunmomenten, die das Kommende bringen wird. (…) Hoffnung für diese Welt, dass es weiter geht. Dass Neues und Gutes wachsen wird. Fürchte Dich nicht!“