Als Luftbildfotograf Achim Mende am Samstag bei schönstem Badewetter über die Strandbäder der Region flog, gewann er einen guten Eindruck: In den Strandbädern habe er keine drangvolle Enge ausgemacht. Aus der Luft betrachtet sehe alles lockerer aus als es am Boden scheint. „Zum Glück“, findet Mende. Es sieht also ganz danach aus, als ob die Corona-Abstände an den touristischen Hotspots eingehalten würden. Doch trügt der Schein? Wir haben uns bei den Ordnungsämtern und Polizei entlang der Seebäder umgehört und nach ihrem Eindruck gefragt.
Samstag, 4. Juli, Spätnachmittag: Strandbad Sipplingen
| Bild: Jean-Paul Mende
Sipplingen: Kontrollen nur auf Zuruf Ulrich Sulger, Fachbereichsleiter Zentrale Verwaltung in Sipplingen, antwortet stellvertretend für Bürgermeister Oliver Gortat auf die Anfrage: „Die Corona-Abstände werden bei uns lediglich sporadisch von unserem Ordnungsdienst, der Landespolizei und der Wasserschutzpolizei kontrolliert. Allerdings ist unser Ordnungsdienst personell nicht in der Lage, eine Sieben-Tage-24-Stunden-Kontrolle zu leisten. Vielmehr werden nach Möglichkeit Kontrollen auf Zuruf durchgeführt oder veranlasst.“ Zur Vorbeugung habe man im Uferbereich mehrere große Banderolen mit eindeutigen Hinweisen auf die Abstandsregeln angebracht. Sulger erklärt: „Da in Sipplingen sowohl der Bereich der Badestelle als auch der sonstige Parkbereich öffentlich zugänglich sind und somit ein (zahlenmäßig) kontrollierter Zugang nicht praktikabel ist, wird an Schönwettertagen durchaus von Verstößen gegen die Abstandsregeln berichtet.“ Aber: „Eine flächendeckende ganztägige Ahndung aller Verstöße wäre selbst bei einer erheblichen Aufstockung der personellen Ressourcen nicht zu gewährleisten, so dass an dieser Stelle an die Vernunft und die Einsicht der Bevölkerung appelliert wird.“ Hagnau: Keine groben Verstöße Hagnaus Bürgermeister Volker Frede hat den Eindruck, dass viele Gäste den Bodensee gerade neu kennen lernen. Die Corona-Regelungen zur Reduzierung der Ansteckung würden überwiegend eingehalten. „Wir kontrollieren dies, zum Teil auch gemeinsam mit Fachämtern anderer Behörden, sehr konsequent. Sowohl unser Gemeindevollzugsdienst als auch das Ordnungsamt klären auf und überwachen“, sagt Frede. Grobe Verstöße habe man glücklicherweise bislang nicht zu verzeichnen gehabt. „Üblicherweise geht es um falsch angebrachte Hinweistafeln oder knapp unterschrittene Abstände. Immer wieder erhalten wir auch Hinweise zu möglichen Verstößen, meist geht es hierbei um Abstandsregeln. Diesen gehen wir in jedem Fall nach“, so der Bürgermeister. Bei weiter steigenden Gästezahlen und immer besserem Badewetter werde es zunehmend voller im Ort und am See und der Appell an die Verantwortung jedes Einzelnen werde noch wichtiger. „Wir werden weiter kontrollieren und hoffen auch auf die Vernunft, so dass wir das Erreichte nicht leichtfertig aufs Spiel setzen“, erklärt Frede. Uhldingen-Mühlhofen: Bisher nur wenige Verstöße „Seitdem erste Lockerungen der Corona-Verordnung bekannt wurden und auch das Wetter dazu immer besser wurde, wird es immer voller am Bodensee.“ Dies stellt Dominik Männle, Bürgermeister in Uhldingen-Mühlhofen, fest. In den überwiegenden Fällen würden die Corona-Regelungen trotz der Menschenmengen eingehalten. „In den letzten Tagen, gerade auch an Wochenenden, sind es aber zum Teil so viele Besucher, dass wir dies im Einzelfall gar nicht mehr kontrollieren können.“ Die Kontrollen werden in der Gemeinde durch den Gemeindevollzugsdienst und das Ordnungsamt geleistet. „Bisher waren die wenigen Verstöße unter anderem einer geringen Unterschreitung der Abstandsregeln geschuldet. Größere Verstöße hatten wir in Uhldingen-Mühlhofen bislang keine“, so der Bürgermeister. Die Bürger werden im Mitteilungsblatt über die Entwicklungen um das Thema Corona informiert. „Für die Sommerferien hoffen wir, dass auch weiterhin die Vernunft der Besucher überwiegt und hier nicht nachlässig das bisher Erreichte aufs Spiel gesetzt wird“, erklärt Männle.
Samstag, 4. Juli, Spätnachmittag: Westbad Überlingen.
| Bild: Jean-Paul Mende
Überlingen: Provokante Verstöße nur ganz selten Das Ordnungsamt der Stadt Überlingen teilte mit, dass die Umsetzung der Regelungen „gezielt in Gaststätten, Strandbädern und Geschäften“ kontrolliert werde. „Das geschieht in regelmäßigen Abständen, ohne konkreten Verdacht auf Verstöße, sowie bei Hinweisen aus der Bürgerschaft. Bislang wurden bei den Kontrollen keine größeren Verstöße festgestellt.“ Im öffentlichen Raum sei das Ordnungsamt ebenfalls unterwegs. Dazu die städtische Pressestelle: „Nach unserem Eindruck werden die Abstandsregeln von den meisten eingehalten.“ Angesichts der aktuell erlaubten Gruppengröße von bis zu 20 Personen sei es in manchen Situationen „die Zusammengehörigkeit der einzelnen Parteien schwer erkennbar“. Vorsätzliche oder provokant begangene Verstöße kommen nach Beobachtung des Überlinger Ordnungsamts „aber nur ganz selten vor“. Die Stadt betont, worauf die aktuelle Corona-Verordnung abzielt, „dass die Umsetzung der Regelungen auch in der Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger erfolgt“. Die Regeln einzuhalten und somit zum Infektionsschutz beizutragen, liege weiterhin in der Mitverantwortung „jedes Einzelnen“.
Samstag, 4. Juli, Spätnachmittag: Ostbad in Überlingen
| Bild: Jean-Paul Mende
Meersburg: Nur Momentaufnahmen Meersburgs Bürgermeister Robert Scherer wies schon im Mai auf die hohe Arbeitsbelastung des örtlichen Ordnungsamts hin, nachdem Monika Biemann (Umweltgruppe) unter anderem davon berichtet hatte, dass Abstandsregeln nicht eingehalten würden. An die Stadtverwaltung hatte sie die Frage nach mehr Kontrollen gestellt. Zum aktuellen Stand teilt Scherer mit: „Unsere Kolleginnen und Kollegen des Ordnungsamts versuchen, neben ihrer eigentlichen Tätigkeit, in der Stadt die Gewerbetreibenden, Bürger und Gäste bei fraglichen und eindeutigen Situationen freundlich auf die Vorgaben der Corona-Verordnung hinzuweisen.“ Dies funktioniere in fast allen Fällen und oftmals komme auch ein Dankeschön zurück. „Dass dies immer nur Momentaufnahmen sein können, ist selbstredend.“ Momentaufnahmen seien es ebenso an den neuralgischen Punkten. „Hier kommt es öfters zu Gesprächen, aber überwiegend werden die Abstände aus unserer Sicht zumindest versucht einzuhalten. Dass es hier natürlich auch Menschen gibt, die für die aktuelle Situation kein Verständnis haben, können Sie sicherlich auch aus Ihrem Umfeld oder anderen Rückmeldungen bestätigen“, sagt Scherer und kündigt an: „Trotzdem werden wir weiterhin versuchen, mit unserem Einsatz das Ansteckungsrisiko zu reduzieren. Und die Eigenverantwortlichkeit der Menschen ist doch eigentlich der größte Faktor, die Pandemie zu bewältigen.“
Samstag, 4. Juli, Spätnachmittag: Greth Überlingen
| Bild: Jean-Paul Mende
Polizeirevier: Keine Corona-Partys Das Polizeirevier Überlingen führt seit den neuerlichen Lockerungen keine gezielten und ausschließlichen Corona-Kontrollen mehr durch. „Offensichtliche Verstöße sind seither auch nicht mehr festgestellt worden“, teilte ein Polizeisprecher mit. „Vereinzelt gehen Hinweise auf angebliche Corona-Partys ein, die Überprüfungen haben bislang aber ausnahmslos ergeben, dass es sich um ganz normale Ruhestörungen handelte. Verstöße gegen die Corona-Bestimmungen wurden nicht festgestellt. Bei den touristischen Hotspots sei, nachdem in anderen Bundesländern die Ferien begannen, ein verstärkter Besucherverkehr feststellbar. „Offensichtliche oder vorsätzliche Verstöße gegen die Corona-Regeln waren aber auch hier bis dato nicht erkennbar.“ Wasserschutzpolizei: Kein Verstoß gegen Gruppengröße Die Zuständigkeit der Wasserschutzpolizei erstreckt sich auf den Bodensee und die Häfen. Wenn die Beamten außerhalb ihres Bereichs Verstöße gegen die Corona-Verordnung feststellen, würden diese selbstverständlich genauso geahndet, teilte ein Sprecher der Wapo mit. „Schließlich sind wir ja eine Polizei.“ Seit 1. Juli sind Ansammlungen von bis zu 20 Personen wieder erlaubt. „Ein Verstoß gegen diese Gruppengröße oder gegen andere Auflagen der aktuellen Verordnung konnte bei der Wasserschutzpolizei in Überlingen bislang noch nicht festgestellt werden.“