Das Konzept der Gemeinschaftsschule hat sich etabliert, der Bestand der Wiestorschule ist aus dieser Perspektive gesichert. Derzeit steht der letzte Jahrgang der Werkrealschule vor dem Abschluss und mit der Grundschule lernen hier 391 Schüler – 30 mehr als im Vorjahr. Alles andere als ausreichend ist jedoch die Infrastruktur. Derzeit fehlen nicht nur 900 Quadratmeter Programmfläche, der Ausbaustandard wirkt nicht nur angestaubt und ist nicht mehr zeitgemäß. Etwas zugespitzt war die Diagnose von Stadtrat Raimund Wilhelmi (FDP) nach der Begehung der Schulgebäude im Ausschuss für Bildung und Kultur: "Ich bin 1955 hier eingeschult worden und es sieht noch so aus wie damals."

Fast entschuldigte sich Rektor Jürgen Mattmann für das ernüchternde Fazit seines Anschauungsunterrichts: "Wir haben hier sehr viele engagierte Menschen, die sich täglich mit Feuereifer um die Schüler kümmern. Doch Personal, Schüler und Eltern fühlen sich nicht wertgeschätzt, weil nichts vorwärtsgeht." Allerdings sind die Aussichten nicht rosig. Für dieses Jahr ist neben einem Erneuerungsanstrich an Teilen des Flures eine "Entwicklungsplanung" vorgesehen, im Rahmen derer auch die Standortfrage thematisiert werden soll. 2019 folgen dann nach Darstellung von Abteilungsleiterin Adelheid Hug eine Vorentwurfs- und Entwurfsplanung, um bis zum Oktober 2019 Förderanträge stellen zu können. "Ein Baubeginn wird frühestens 2020 sein", sagt Hug.

Schon im Vorfeld hatte der Elternbeirat der Schule sich an die Stadt und den Kulturausschuss gewandt. In ihrem Brief hob Vorsitzende Manuela Schlesies lediglich die drängendste Probleme hervor, die sich aus dem Flächendefizit ergeben. "Der Computerraum und andere Fachräume mussten in Klassenzimmer bzw. Lernateliers umgewandelt werden", schrieb sie. "Es gibt keine Räume, in denen Schüler in ruhiger Atmosphäre in Teams lernen und arbeiten können." Nicht unbekannt ist den Verantwortlichen bei der Stadt das "unangenehme Raumklima" in der 20 Jahre alten "Bunten Villa". Die hohe Luftfeuchtigkeit ist hier geradezu mit Händen zu greifen. Der Hilferuf der Eltern kann daher kaum überraschen: "Die Situation an der Wiestorschule darf nicht vergessen werden und muss sich verbessern."

Genauso eingezwängt fühlt sich die Franz-Sales-Wocheler-Schule in ihrem geschichtsträchtigen Gebäude. Das Lehrerzimmer ist zugleich Mehrzweck- und Medienraum und befindet sich in einem provisorisch wirkenden, eingeschossigen Anbau. Um eine "äußere Differenzierung" möglich zu machen, stehen mehrere Schülertische schon auf dem Gang. "Wir wollen keineswegs hier raus", betont Schulleiterin Anja Neumaier ganz dezidiert: "Wir schätzen und lieben dieses Haus." Neumaier zeigte dem Ausschuss die bestehenden Pläne aus dem Jahr 2014. Auf gut 2 Millionen Euro hatte die Verwaltung die überfällige Sanierung und den zweigeschossigen Anbauersatz damals kalkuliert, wie Gerald Goldbach vom Bauamt bestätigte. "Dann müssen wir inzwischen 2,5 Millionen Euro ansetzen", schrieb Oberbürgermeister Jan Zeitler die Zahlen fort. Im Haushalt ist selbst 2021 erst ein Planungsansatz.

Trotz des erkennbaren Handlungsbedarfs an beiden Schulen tritt Kämmerer Stefan Krause vorsichtig, aber bestimmt auf die Bremse. "Wir haben zwar allein 4,5 bis 5 Millionen für den Gebäudeunterhalt eingeplant", sagte Krause. Doch neben der finanziellen bedürfe es auch der personellen Ressourcen. "Wir haben viele Arbeiten vor uns hergeschoben und sind uns auch der Aufgaben hier bewusst", erklärte der Kämmerer. Doch hätten Verwaltung und Rat eine Priorisierung vorgenommen, an die man sich halten müsse. Dazu gehöre an Wiestorschule die "Phase 0" und damit eine Entwurfsplanung der Maßnahmen.

Wie richtig investieren?

Thematisiert wurden bei der Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur auch die Überlegungen von OB Jan Zeitler, die Gemeinschaftsschule der Wiestorschule an den neuen Campus zu verlagern und nur die Grundschule am Standort beizubehalten. Diese zu integrieren könne durchaus "Charme" haben, sagte Zeitler. Schließlich müsse man überlegen, wie es mit den Schülern nach der zehnten Klasse weitergeht und dass sie sich frühzeitig an das Umfeld gewöhnen. Zeitler: "Wir sollten daher genau überlegen, wo und wie wir investieren müssen." Grundsätzlich befürwortet auch Rektor Mattmann diese Überlegungen, gibt aber zu bedenken: "Wenn dies zugleich bedeuten würde, dass dann fünf, sechs Jahre an der Wiestorschule nichts geschieht, dann sind wir tot." (hpw)