Sie feiern eigentlich das Weihnachtsfest nicht: Shahnaz Gallo, ihr Ehemann Jihad Youssef und die neunjährige Tochter Shana leben seit knapp drei Jahren in Überlingen. Am ersten Weihnachtstag des Jahres 2016 kam die kurdische Familie aus Syrien über die Türkei nach Deutschland. In Überlingen haben sie eine neue Heimat gefunden: Shana besucht die Waldorfschule, ihre Eltern haben Freunde gefunden. Zu den Feiertagen haben sich einige dieser Freunde zu einem Kurzbesuch bei der Familie angekündigt. „In Syrien haben wir zum Fest auch unsere christlichen Nachbarn besucht“, erzählt Youssef.

Die neunjährige Shana präsentiert am dritten Advent den Adventskranz der Familie.
Die neunjährige Shana präsentiert am dritten Advent den Adventskranz der Familie. | Bild: Navid Moshgbar

„Dann haben wir zusammen gegessen und getrunken.“ Die gute Nachbarschaft pflegen sie auch in Deutschland. Und lassen sich auf die hiesigen Gepflogenheiten und Traditionen ein: Als am 8. Dezember der Nikolaus am Landungsplatz anlegte, waren sie dabei. Anschließend auch bei der Nikolausandacht im festlich erleuchteten Münster.

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Die Neugier darauf war groß. „Die Menschen hatten weiße Gewänder an und überall brannten die Kerzen“, sagt Youssef. Der Respekt für die anderen Menschen zeichnet die Familie aus. Und die Liebe zur Musik. Wenn Shahnaz Gallo singt, begleitet ihr Mann sie auf der Langhalslaute Tanbour.

Shahnaz Gallo ist Sängerin. Ihr Mann Jihad Youssef begleitet sie auf seiner Langhalslaute Tanbour.
Shahnaz Gallo ist Sängerin. Ihr Mann Jihad Youssef begleitet sie auf seiner Langhalslaute Tanbour. | Bild: Navid Moshgbar

Selbst Shana hat Bühnenerfahrung: Zum Krippenspiel in der Waldorfschule ist sie in die Rolle von Erzengel Gabriel geschlüpft und ihre Eltern mächtig stolz gemacht. „Mein Text war nicht besonders lang, aber aufgeregt war ich trotzdem“, sagt sie.

Shana übt noch ihren Text für das Krippenspiel in der Waldorfschule. Sie schlüpft in die Rolle des Erzengels Gabriel.
Shana übt noch ihren Text für das Krippenspiel in der Waldorfschule. Sie schlüpft in die Rolle des Erzengels Gabriel. | Bild: Navid Moshgbar

Keine Bescherung

Mit kleinen Präsenten wurde sie bereits beschenkt. Aber eine klassische Bescherung gibt es nicht. Es sei halt eine christliche Tradition. „Aber wenn etwas glücklich macht, dann ist das gut“, sagt Gallo. Die Stadt findet sie zur Adventszeit besonders schön – mit der Beleuchtung und dem Markt. An den freien Tagen kann es schon etwas langweilig werden, gibt Youssef zu. „Alle Geschäfte haben zu.“ Deshalb besuchen sie wiederum ihre Verwandten und kurdischen Freunde – in Stuttgart, Offenburg, Kamen oder Mönchengladbach. Und zu Silvester sind sie bei ihrem ältesten Sohn Zana in Innsbruck.