Plakate-Vandalismus im Süden der Stadt: Die Mitglieder der Initiative „Aktionsbündnis Stop Südumfahrung„ sind aufgebracht: Vor wenigen Wochen hatten sie an einem Rundweg im Naherholungsgebiet zwischen Markdorf-Süd und Lipbach 16 Infotafeln installiert, auf denen sie ihre Argumente gegen das geplante Straßenbauvorhaben präsentieren – inklusive von Broschüren in kleinen Fächern an den Tafeln. Nun werden die Tafeln seit Wochen immer wieder beschädigt.

Natürlich sind die Argumente der Südumfahrungs-Gegner umstritten, ebenso wie es das Bauvorhaben selbst seit knapp zwei Jahrzehnten ist. Und es gibt auch viele Umfahrungs-Befürworter und ebenfalls eine Pro-Initiative. Bislang lief der Wettstreit der Argumente aber verbal ab. Zwar mit durchaus harten Bandagen, doch immer im Rahmen.

Flyer werden professionell gefälscht
Doch was nun passiert ist, verschlägt den Umfahrungsgegnern die Sprache, berichtet Joachim Mutschler, einer ihrer Mitinitiatoren und Vorsitzender der Umweltgruppe Markdorf. Unbekannte würden seit Wochen immer wieder die Tafeln beschädigen und die Info-Plakate herabreißen.

Doch damit nicht genug: Der eigentliche Skandal ist DIN-A-4-groß und gelb-grün-bunt. Es sind die Flyer des Aktionsbündnisses – oder jedenfalls das, was auf den ersten Blick danach aussieht. Denn in Wirklichkeit sind es Fälschungen und die sind hochprofessionell gemacht. Das Layout ist identisch mit dem Original, auch die Schriftgrößen, Schrifttypen und Farben sind absolut identisch. Einziger Unterschied: Die Fälschung ist exakt DIN-A-4-groß und damit wenige Millimeter größer als das Original. Und sie ist auf Hochglanzpapier gedruckt.


Wenn man den Flyer genauer betrachtet, tritt der wesentlichere Unterschied zutage: Der Inhalt. Aus dem „Stopp“-Schild mit dem Schriftzug „Nein zur Südumfahrung„ wurde ein „Schnell“-Schild mit dem Spruch „Jetzt die Südumfahrung„. Darunter sind dann alle Argumente aufgelistet, die für die Südumfahrung sprechen. Im gelben Kasten steht statt der Internet-Adresse www.stopp-suedumfahrung.com des Originals die Adresse www.sofort-suedumfahrung.com. Doch die läuft bei einem Test ins Leere. „Fehler – die angeforderte URL konnte nicht gefunden werden“, heißt es stattdessen.
Mutschler: Fälscher verstoßen gegen Urheberrecht
Er und seine Mitstreiter seien „erstaunt und entsetzt“ über diese Aktionen, sagt Mutschler. Die Beschädigungen habe man seit längerem hingenommen und ohne Aufhebens repariert. Mit dem dreisten „Kapern“ der Flyer sei nun aber eine Stufe der Eskalation erreicht, die sie nicht länger akzeptieren könnten.
Die Fälscher, so sagt es Mutschler, würden in den Augen des Bündnisses gegen Urheberrechte verstoßen. Die Flyer, die in den Behältern an den Info-Tafeln gesteckt seien, seien nicht nur anonym verfasst, sondern auch noch mit dem originalen QR-Code des Bündnisses versehen. „Und dann werden unhaltbare Vorwürfe zu unseren Bemühungen, eine Fahrradstraße im Süden Markdorfs einzurichten, verbreitet“, sagt Mutschler. Dies seien „unglaubliche Methoden“.
Das Aktionsbündnis appelliere „eindringlich“ an die Straßenbau-Befürworter, „ihre Argumente offen und fair in die Diskussion einzubringen und Täuschungen, Zerstörungen und anonyme Flugblätter künftig zu unterlassen, wendet sich Mutschler gegen die Unbekannten.
Pro-Südumfahrung-Chef: „Wir verurteilen diese Aktionen!“
Der Vorsitzende der „Interessengemeinschaft pro Südumfahrung„ ist Rainer Zanker. Er ist zugleich auch Inhaber und Geschäftsführer des gleichnamigen Markdorfer Druckhauses. Mit Broschüren, Flyern und Drucken kennt er sich aus. Doch um eine Stellungnahme angefragt, zeigt auch er sich schockiert. „Aus unserem Hause kommen die gefälschten Flyer mit hundertprozentiger Garantie nicht und auch nicht aus unserem Verein“, betont Zanker: „Von diesen Aktionen distanzieren wir uns ausdrücklich.“

Seine Initiative sei zwar der Kontrahent des Bündnisses der Südumfahrung-Gegner, aber man achte und respektiere deren gegensätzlichen Ansichten. „Das ist ganz schlechter Stil und vom politischen Ton her komplett daneben“, kommentiert Zanker die gefälschten Flyer, die er sich am Bildschirm ansieht.
Er und die Mitglieder seiner Initiative würden ein solches Vorgehen verurteilen, sagt Zanker. Für das Bündnis gegen die Südumfahrung geht indes die Suche nach den Verursachern des Vandalismus und der Fälschungen weiter – Ausgang derzeit offen.