Wer in diesen Tagen einen Spaziergang um das Markdorfer Naturschutzgebiet "Eisweiher" unternimmt, wird vielleicht eine kleine Veränderung feststellen. Und "klein" ist in diesem Fall auf die Tiergröße bezogen. Ein kleines Heckrind-Kälbchen stakst noch etwas unbeholfen neben einer Mutterkuh her. Wer kundig ist, in dieser Naturoase am Ortsrand der Gehrenberg-Stadt, der weiß auch um die bisherige Anzahl an Heckrindern, die im Naturschutzgebiet Eisweiher seit zehn Jahren weiden und das Grün kurz halten. Sieben Heckrinder an der Zahl waren es bislang.
Inzwischen zehn Heckrinder
Nun sind es zehn. Einschließlich des Nachwuchses. „Wir hatten irgendwann im Spätherbst festgestellt, dass der ,Fraßdruck' durchaus noch erhöht werden könnte“, sagt Jörg Münch vom BUND Markdorf. „Eigentlich ist das Gebiet fast zu groß für nur sieben Rinder. Es war auch zum Winter noch längst nicht alles abgefressen“, erklärt Münch. So wurden also im Frühjahr diesen Jahres zwei Rinder vom Hepbacher-Leimbacher Ried an den Eisweiher umgesiedelt. „Dass eine der beiden Kühe trächtig war, wussten wir nicht“, erzählt Münch. „Wir hegten zwar den Verdacht, aber anders als bei Stallkühen, sieht man dem Heckrind die Trächtigkeit nicht an.“

Erst einmal Witterung mit Herde aufnehmen
Dass so eine Art „Familienzusammenführung“, obendrein mit zu erwartendem Nachwuchs, nicht unbedingt problemlos verlaufen könne, darüber sei man sich bewusst gewesen, so Münch. Weshalb sich die beiden Neuzugänge zunächst für ein paar Tage lediglich in einer Fangeinrichtung auf der Weide den alteingesessenen Tieren vorstellen konnten. „So konnten die Tiere in aller Ruhe Witterung aufnehmen. Es ging alles gut“, ist Münch zufrieden mit dem Verlauf, nachdem die beiden Kühe in die Freiheit des eingezäunten großen Geländes entlassen werden konnten. Und somit in die Sippschaft der sieben anderen Tiere.

Mutterkuh und Kälbchen wohlauf
Nun wurden vor rund einer Woche aus zwei neuen Herdentieren im Gebiet Eisweiher heimlich und über Nacht gleich drei der flauschigen Fellohren. „Mitbekommen hat das keiner, eine trächtige Kuh verzieht sich irgendwo ins Schilf zum Kalben“, erklärt Münch. Erst Spaziergänger seien auf das Kälbchen aufmerksam geworden, er selbst habe es erst zwei Tage später gesehen.
Mutter und Kälbchen sind wohlauf, der oder die Kleine läuft schon fast wie eine Große neben der Mama her. „Bei diesen Rindern geht das ganz schnell, dass die Jungtiere sich mit der Herde mitbewegen. Die Gefahr, von Feinden entdeckt zu werden, wäre ansonsten viel zu groß“, kennt sich Münch aus. Womit man sich noch gar nicht auskenne, sei das Geschlecht des Kälbchens. „Das konnten wir bis jetzt noch nicht zweifelsfrei bestimmen, denn die Mutter lässt keinen in die Nähe.“ Kommt Zeit, kommt Rat. Und spätestens mit dem Erstellen eines Passes mit eingetragener Nummer muss das Kalb eindeutig als Bulle oder als Kuh zugeordnet werden können. Aber noch hat das etwas Zeit.

Wie’s dann weitergeht? „Ist es ein Bulle, kann er ein bis zwei Jahre auf der Weide bei der Herde bleiben. Dann wird’s problematisch und auch gefährlich.“ Dann müsse, so Münch, neu entschieden werden. Ist’s aber eine weitere Kuh, in diesem Falle die zehnte im Bunde, dann wird auch auf lange Sicht dieses kleine Naturparadies Futter im Überfluss bereithalten und einen weiteren Grünkostgänger glücklich machen.

Heckrinder in FFH-Gebieten
Das Naturschutzgebiet (NSG) Eisweiher ist eingestuft in ein FFH-Gebiet, das nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie als ein spezielles europäisches Schutzgebiet in Natur- und Landschaftsschutz ausgewiesen wurde und zum Schutz von Pflanzen (F), Tieren (F) und Lebensraumtypen (H) dienen soll. Das Heckrind, eine Rückzüchtung des Auerochsen, wird oftmals in landwirtschaftlichen Beweidungsflächen eingesetzt, in welche der Mensch aufgrund des natürlichen Gleichgewichts nicht eingreifen möchte. Die Rinder leben übers ganze Jahr hinweg im Freien unter nahezu wilden Bedingungen und passen sich jeglichen Witterungs- und Nahrungsverhältnissen an. (hst)