Vom Bernhard Conrads

Metzgereien als kleine Handwerksbetriebe sind rar geworden. Besonders die kleinen Betriebe, die sogar oft in der dritten oder vierten Generation als Familienbetrieb geführt werden und nahezu überall zu finden waren, sind dramatisch zurückgegangen. Auf Bauernhöfen fanden früher außerdem noch Hausschlachtungen statt, oft verbunden mit einem deftigen Schlachtfest. Dies ist, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, inzwischen Vergangenheit. So wie die wenigen kleinen Metzgereien auch nicht mehr auf dem eigenen Betriebsareal selber schlachten, wenn sie nicht sogar ganz aufgeben, wie zum Beispiel die Metzgerei Zapf in Salem-Mimmenhausen im Jahr 2006 oder die Schließung der Metzgerei Scholz in Überlingen vor rund drei Jahren.

Im Bodenseekreis ist es einzig die Metzgerei Bernhard von Stryk in Heiligenberg, die noch selber im eigenen Betrieb schlachtet, alle anderen Betriebe haben die Schlachtungen in Schlachthöfe ausgelagert. Doch warum ist das so? Ist es die Konkurrenz durch die Supermärkte mit ihren Fleischabteilungen oder Großmetzgereien mit einem Netz an Filialen? Rainer Gössl, Obermeister der Fleischerinnung Bodenseekreis, sieht dem Trend, in Schlachthäusern statt im eigenen Betrieb zu schlachten, in erster Linie finanziellen Argumenten geschuldet. Schlachthöfe, wie der Überlinger Schlachthof, und Schlachträume von Großmetzgereien seien besser ausgelastet und damit kostengünstiger, meint Gössl. Schlachtet der Metzger hingegen allein, so steht das Schlachthaus oft leer und dies sei unwirtschaftlich. „Zudem sind die Schlachtgebühren, die von den Veterinärämtern für die Fleischbeschau erhoben werden, stark gestiegen“, erklärt Gössl im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Da rechne sich eine gewisse Bündelung.

Damals hatten sie noch gut Lachen: Dieses Foto entstand im Frühjahr, als der Metzgermeister noch nicht ahnte, dass die Tage seines ...
Damals hatten sie noch gut Lachen: Dieses Foto entstand im Frühjahr, als der Metzgermeister noch nicht ahnte, dass die Tage seines Betriebes gezählt sind (von links): Mitarbeiterin Irene Haller mit Bernhard und Julia von Stryk. Archivbild: Bernhard Conrads | Bild: Bernhard Conrads

„Wissen Sie, die Kommunalpolitiker sagen ja immer, regional sei das Allerbeste, aber wenn es an die Gebühren geht, dann ist regional plötzlich nicht mehr so gefragt“, sagt Gössl. Auch die EEG-Umlage mache Metzgereien zu schaffen. Siedekessel und Kühlung benötigen halt viel Strom. EEG-Umlagen in Höhe von 800 bis 1000 Euro seien normal, so Gössl. Fleischwarenfabriken, die die Supermärkte im großen Stil beliefern, müssten als Großbetrieb hingegen nur den Sockelbetrag entrichten, berichtet Gössl.

Offensichtlich kommt noch der Aspekt der Personalknappheit hinzu. „Ich würde sofort wieder selbst schlachten, wenn ich dafür das Personal hätte“, klagt beispielsweise Metzgermeister Gerhard Kutter in Bermatingen. Und warum hält dann Bernhard von Stryk, Inhaber der im Bodenseekreis einzigen noch selbst schlachtende Metzgerei an der eigenen Schlachtung fest? „Ich habe das Glück gehabt, von meinem Vater einen Betrieb übernehmen zu dürfen, der von Anfang an einen eigenen Schlacht- mit separatem Kühlraum hatte“, erklärte von Stryk. So habe er nicht noch investieren müssen.

Ihm sei zudem wichtig, dass die Tiere aus der unmittelbaren Umgebung kommen und nicht quer durch Deutschland gekarrt werden. Aber warum gehen die kleinen Metzgereien langsam zurück? Die Gründe sind vielfältig, wie zum Beispiel eine stetig zunehmende Konkurrenz durch Supermärkte und Filialisten, die Fleischwaren aus Großschlachtereien verkaufen. Allerdings sieht Innungsobermeister Gössl genug Potenzial bei den Kunden, die lieber etwas mehr Geld ausgeben, in der Gewissheit, gute Qualität und besondere Spezialitäten zu bekommen.

Oftmals sei auch das Erreichen des Rentenalters bei gleichzeitig fehlendem Nachwuchs der Grund dafür, dass eine etablierte Metzgerei schließen muss. „Der Beruf ist zwar abwechslungsreich, aber auch arbeitsintensiv. Das will bald keiner mehr machen“, begründet Metzgermeister Bernhard von Stryk aus Heiligenberg den ausbleibenden Nachwuchs.

Seine drei Kinder seien Mädchen, da sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass eines davon mal den etablierten Betrieb übernehmen werde. „Ich gehe davon aus, dass es deshalb bei uns auch irgendwann mal aufhört“, bedauert der 47-jährige Metzger. Ein weiterer Grund seien die vielen Auflagen, die ein Metzgereibetrieb erfüllen müsse. Dies kann insbesondere für ältere Betriebe ein Problem sein, wenn bis zu sechsstellige Summen investiert werden müssen, um Auflagen erfüllen zu können. „Manche Betriebe haben einfach vergessen, rechtzeitig zu investieren“, weiß Gössl.

Neben finanziellen Aspekten sei es aber auch ein ausufernder Bürokratismus. „Da ist vieles überreglementiert und überzogen“, ist von Stryk überzeugt. Allerdings: Was Hygiene anbelangt, sei aber alles richtig und mehr wie in Ordnung, konstatiert von Stryk. Er müsse penibel darüber Buch führen, was im Betrieb wann mit welchem Reinigungsmittel gereinigt wurde und ebenso müssten täglich die Temperaturen der Kühlhäuser und Theken notiert werden. Zum Beweis dafür, dass die Kühlkette nie unterbrochen wurde. „Mindestens 20 Prozent meiner Arbeitszeit verbringe ich am Schreibtisch, statt in der Produktion zu arbeiten“, erklärt von Stryk den hohen bürokratischen Aufwand.