Die Ampel schaltet auf grün. Zwei Motoren heulen laut auf, die Reifen quietschen und es kommt zum Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen zwei Autofahrern mit ihren Fahrzeugen. Solche Szenen spielen sich einem Häfler zufolge nicht nur auf privaten Rennstrecken wie dem Hockenheimring ab, sondern auch auf der Messestraße in Friedrichshafen. Beobachtungen wie diese mache er regelmäßig, sagt der Mann, der beruflich oft im Bereich der Straße unterwegs ist und aus Angst anonym bleiben möchte.

Gibt es illegale Autorennen in Friedrichshafen?

Er meldet sich im Zusammenhang mit der Berichterstattung um Raser und Poser am Hinteren Hafen zu Wort. Die Darstellung der Polizei, dass es bis auf einen Unfall im April keine Hinweise auf illegale Autorennen in Friedrichshafen gebe, weist er entschieden zurück.

Ein "Höllenspektakel". So beschreibt er, was nach seinen Angaben fast jedes Wochenende auf der Messestraße passiert. "Spätestens, wenn die Ampeln sich am Abend ausschalten, geht es los", sagt er. "Dann fahren sie eine Runde und schauen, ob irgendwo die Polizei auf der Lauer liegt." Die Fahrer und ihre Autos kann der Berufstätige beschreiben: Zwei bis vier Fahrzeuge, vom schwarzen Mercedes bis hin zum weißen BMW. Die Kennzeichen weisen laut ihm in manchen Fällen in den Kreis Ravensburg.

Junge Männer als Fahrer im Blickpunkt

Die Fahrer seien ausschließlich junge Männer. "Nach der ersten Runde gibt es einen fliegenden Start. Dann geben die Fahrer Vollgas und die Reifen quietschen." Mehrere Videos des Häflers untermauern seine Schilderungen: Auf einem sind zwei schwarze Autos zu sehen, die von der Messe kommend vorbeirasen und an der Ampel stark abbremsen müssen. Das Schauspiel wiederholt sich in den anderen Aufnahmen, die der Redaktion vorliegen.

Der Beobachter glaubt nicht daran, dass es sich bei dem motorisierten Kräftemessen um Zufallsbegegnungen handelt. "Ich erkenne die Fahrzeuge wieder. Die haben hier ihre Rennstrecke, auf der sie sich regelmäßig verabreden." Auch nachts habe er die Fahrzeuge schon gehört. "Die Anwohner müssen dann senkrecht im Bett stehen. Der Fluglärm ist dagegen ein Witz", meint er. Auch die Polizei habe er schon verständigt, wenn die Rennfahrer sich wieder an der Startlinie positionierten. "Dann kommt innerhalb von 15 Minuten ein Streifenwagen, aber bis dahin sind die Fahrer schon weitergezogen."

Was den Beobachtungen des Mannes nach bereits gegen Temposünder geholfen hat, sind die vor wenigen Wochen aufgestellten Tempo-50-Schilder. Doch wie eine Sprecherin der Stadtverwaltung mitteilt, sollen diese schon bald wieder verschwinden. Andrea Kreuzer erklärt, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung aufgrund einer kaputten Ampel erlassen wurde. "Seit dieser Woche ist die Anlage wieder repariert, so dass die Schilder wieder abgebaut werden", sagt Kreuzer.

Dennoch bleibt die Stadtverwaltung nicht untätig. Die Beschwerden sind laut Andrea Kreuzer bekannt. "Die Messestraße ist daher regelmäßiger Bestandteil der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung", erklärt die Sprecherin der Stadtverwaltung. Bei Messungen werden in der Regel jeweils 30 bis 100 Temposünder erwischt, wovon die meisten laut Kreuzer bis zu 21 Kilometer pro Stunde zu schnell fahren. "Das schnellste Fahrzeug wurde im Jahr 2018 an der Messestraße mit 127 Kilometer pro Stunde gemessen", informiert sie. Erlaubt sei zu diesem Zeitpunkt lediglich Tempo 70 gewesen. "Illegale Straßenrennen konnten bisher keine festgestellt oder nachgewiesen werden."

Auch auf Internetplattform werden Raser auf der Messestraße thematisiert

Andrea Kreuzer betont, dass bei Kontrollen auch weiterhin ein Schwerpunkt auf die Messestraße gelegt werde. Auch eine Sprecherin der Polizei bestätigt, dass es in unregelmäßigen Abständen Kontrollen gebe. "Eine Häufung von Geschwindigkeitsverstößen konnte nicht festgestellt werden", teilt sie mit. Von Beschwerden oder Hinweisen auf illegale Straßenrennen oder Raser wisse die Behörde nichts.

Auch auf der Internetplattform "Sag's doch" werden Raser auf der Messestraße thematisiert. In einem Beitrag heißt es: "Auf der Messestraße halten sich nur wenige Autofahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 70. Sie wird auch gerne als Rennstrecke benutzt." Der Nutzer fordert als Konsequenz stationäre Blitzer. Die Antwort der Stadtverwaltung: "Stationäre Blitzer werden nach einem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates nur dort installiert, wo es nach Lärmaktionsplan erforderlich ist und wo Unfallschwerpunkte liegen. Beides ist in der Messestraße nicht der Fall."

In einem vor gut einem Jahr eingestellten Beitrag wird ein verstärktes Aufkommen von lauten Motoren und zu schnell fahrenden Autos während der Messe Tuning World beklagt. Hier versichert die Stadtverwaltung, dass die Polizei in Zusammenarbeit mit Landratsamt und Stadt ständig Kontrollen vorgenommen hat.

Seitens der Polizei heißt es jedoch regelmäßig, dass die Tuning-Szene nicht das klassische Klientel für Temposünden ist. Von den 570 Verstößen, die in diesem Jahr während der Tuning World gemessen wurden, ordneten die Beamten nur zehn Prozent den Tunern zu. Illegale Autorennen konnten sie während der Messe weder in diesem, noch im vergangenen Jahr feststellen.