Wie schön die Farben leuchten. Von Kopf bis Fuß in Rot, Blau, Gelb und Grün gekleidet, sind die 150 Mitwirkenden von hinten durch den Hugo-Eckener-Saal eingelaufen: Grundschulkinder der Don-Bosco- und Albert-Merglen-Schule, ehemalige Schüler und Lehrer. Vor und auf der Bühne beginnt nun ein buntes Treiben. Eigentlich ein harmonisches Bild, doch der Schein trügt. Denn: Im Vierfarbenland lebt jede Gruppe für sich und darf sich nicht mit anderen Farben mischen. Gnadenlos werden die Kinder kontrolliert und unterdrückt, entsprechende Parolen systematisch eingetrichtert. Und so beginnt sie, die Geschichte über das Vierfarbenland im Musical „GRENZENlos“ – frei nach dem Buch von Gina Ruck-Pauquèt mit schwungvoller und bewegender Musik von Tobias Rienth, die eine wichtige Botschaft vermittelt: Toleranz zu üben und Mut aufzubringen, Grenzen zu überwinden.
Auch Seehasenfest-Ausschusspräsident Hermann Dollak bekennt Farbe: „Eigentlich wollte ich blau machen und einfach nur zuschauen.“ Doch Dollak muss eröffnen, sagt ein Kind. "Ist Ihnen auch so nach blau, grün, rot und gelb", fragt er ins Publikum, in dem auch Oberbürgermeister Andreas Brand und der Komponist Tobias Rienth sitzen. Unter der umsichtigen Gesamtleitung von Julie Adam, Rektorin der Don-Bosco-Schule und mit Unterstützung des Schauspielers Alex Niess begeistern die Aufführenden mit mitreißender Sing- und Spielfreude und schauspielerischem Elan. Dabei ist besonders die großartige Leistung der Grundschulkinder zu bewundern. Mit machtvoller Stimme poltert der Chef der schwarzen Welt los: „Sodom und Gomorrha. Was hängt ihr so faul herum?“ Diese Rolle ist Hermann Locher auf den Leib geschrieben.
Nicht minder dominant zeigen sich seine schwarzen Assistenten Simon Richter und Tiziano Federici. Die Kulisse ist nüchtern und karg, die Darsteller dabei im Mittelpunkt. Die Kinder der weiß/bunten Welt mischen sich immer wieder kopfschüttelnd ein und versuchen, den blinden Gehorsam der einfarbigen Kinder aufzubrechen. Authentisch, mit salopper Jugendsprache, vertreten Lea Mlodzian, Lorena Geßler, Emma Baumeister, Abdalla Hammoud und Marie Nöbauer ihre Meinung und gehen dabei ganz aus sich heraus. Bunte Farbkleckse und eine Harlekin-Mütze als Kulisse suggerieren Lebensfreude. Die Erzählerin, Desiree Adam, schildert die Rahmenhandlung so, dass es neugierig macht.
Der Chor singt, wie alles begann: „Es war einmal ein Vierfarbenland, in dem war etwas Buntes nicht bekannt. Nur eine Farbe kannte man in jedem Teil, und man meinte, darin wär‘ allein das Heil.“ Ein Farbviertel nach dem anderen gibt sein Können zum Besten und zeigt, dass auch alles, was sie umgibt, sogar der Himmel, das Essen, die Tiere, ihre Gedanken oder Träume in ihrer Farbe eingefärbt sind. Dabei werden alle Kinder zunächst bunt geboren. „Schauen und streicheln“, heißt es bei den Erwachsenen, so lange, bis die Kinder so werden wie sie. Geschockt kommentieren die Weiß/Bunten: „Krass, voll die Opfer.“ Und so klingt das Loblied der Grünen: „Grün, soweit das Auge reicht, nichts unserem Grün wohl reicht.“ Die Gelben kontern dagegen: „Gelb ist ein Glück für die Erde, dass man fröhlich auf ihr werde.“ Das drückt auch der Zitronenblues aus. Genug zu schmunzeln und zu lachen gibt es über die coolen Sprüche der weiß/bunten Kinder.
Beim Herunterleiern der Begriffe der Grünen spotten sie: „Die setzen ja schon Moos an“, und: „Wow, so was von innovativ!“ Mit Schmackes kommt der Erdbeer-Rap der Roten daher: „Rot, rot, R-O-T“. Die Blauen geben ihre Überzeugung im Pflaumen-Tango zum Besten. Bestens einstudiert ist auch die auf die Musik einstudierte Choreografie. Ein großes Lob auch an die kleinen Gesangssolisten. Die Erzählerin weiß: „Im Vierfarbenland ist alles anders. Da gibt es auch kein Seehasenfest.“ Das wird offenkundig bedauert; dass es dort keine Schule gibt, finden die Bunten dagegen ziemlich „cool“. Und immer wieder werden Parolen laut: „Grün, Gelb und Rot lügt, Blau hat recht.“ Heftig verteidigen die andern wiederum ihre Farben. Während die Blauen alles auf Blau setzen und sogar blaue Zahnschmerzen haben, danken die Gelben ihrem gelben Gott, dass sie gelb sind und zeigen, wie man gelb singt und tanzt, liest und rechnet. Mit „Yellow Submarine“ untermauert der Chor den gelben Wahn.
Ein Kind gibt es jedoch, auf dessen Schulter ein bunter Fleck zurückblieb: der kleine grüne Erbs. Julia Abt überzeugt als aufmüpfiges und mutiges Kerlchen, das immer wieder aus seinem Viertel ausbricht. Sie berührt mit ihrem sehnsuchtsvollen Wunschtraum-Lied. Eines Tages wächst eine schöne bunte Blume. Doch schon macht der schwarze Chef diese mit unerbittlich donnerndem Bass platt: „Macht die bunte Blume weg, sie hat keinen Zweck.
“ Erbs gibt nicht auf, bis auch die anderen Kinder unruhig werden, sich schließlich zu mischen beginnen und freudig singen: „Heute nimmt die Buntheit ihren Lauf.“ Am anrührendsten ist die Szene, als der kleinste Darsteller dem schwarzen Chef die Tür weist, bis er schrumpft. Es zeigt, dass selbst der Kleinste mit Mut und Selbstbewusstsein Grenzen überwinden kann. Grenzenlos ist am Ende auch die Freude, die sich im bunten Schlusslied Bahn bricht. Frenetischer Applaus ist der Dank und das Heimatlied im Anschluss ein Muss, in das die Besucher mit einstimmen. Ganz zum Schluss überreicht OB Brand den beiden Schulen je ein Scheck über 1000 Euro.
Weitere Aufführungen heute und am Sonntag, jeweils 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Notwendig sind eine Eintrittskarte (erhältlich an der GZH-Tageskasse) und ein Festabzeichen.