In der Linzgauhalle standen zur Verabschiedung von Jürgen Beisswenger 700 Stühle. Keiner davon blieb frei. Zahlreiche Weggefährten aus der Kommunalpolitik sind gekommen, dazu Vertreter von Vereinen und Organisationen. Aber vor allem kamen sehr viele Immenstaader, die sich bei Jürgen Beisswenger bedanken wollten. Der letzte in der langen Schlange derer, die dem scheidenden Bürgermeister die Hand schütteln und anerkennende Worte loswerden wollten, brauchte 45 Minuten zum Ziel. Schon damit wäre belegt gewesen, dass Martin Luther bei der Aussage irrte: "Wenn der Bürgermeister seine Pflicht tut, werden kaum vier da sein, die ihn mögen." Bürgermeister Reinhold Schnell aus Neukirch zitierte in seiner Ansprache als Vertreter des Gemeindetags den Reformator mit diesen Worten und stellte wie auch alle weiteren Redner Jürgen Beisswenger ein sehr gutes Zeugnis aus. Alle waren voll des Lobes für seine menschliche Art der Amtsführung und die in 24 Amtsjahren erbrachten Leistungen – und alle wünschten ihm nur das Beste für den jetzt beginnenden Lebensabschnitt ohne vollen Terminkalender. Auch die DoX-Memorial-Bigband mit der fabelhaften Sängerin Dagmar Egger spielte aus persönlicher Verbundenheit ohne Gage.
Mit viel Humor sprach Erster Landesbeamter Joachim Kruschwitz über die sich widersprechenden Interessen, mit denen ein Bürgermeister immer wieder konfrontiert ist und erntete Schmunzeln bei vielen Zuhörern, die sich selbst oder Mitbürger in den von Kruschwitz genannten Beispielen wieder erkannten. "In diesem Spagat hat sich Jürgen Beisswenger 24 Jahre souverän, oft auch elegant, zuweilen auch mühsam bewegt", fasste Kruschwitz zusammen, "er selbst hat seine Tätigkeit einmal als Brückenbauer bezeichnet, was es wohl ganz gut trifft."
Eine freundschaftliche Brücke über den See besteht auch seit langem zwischen Immenstaad und Gemeinden am südlichen Seeufer. René Walther, Gemeindepräsident von Münsterlingen, bedankte sich für die erlebte Freundschaft und attestierte dem scheidenden Bürgermeister: "Du hast Spuren in Immenstaad und in den Herzen der Immenstaader hinterlassen." Außergewöhnliche Ehre wurde Beisswenger von der Feuerwehr zuteil, für die er sich immer besonders eingesetzt hatte. So wurde während seiner Amtszeit unter anderem der komplette Fuhrpark erneuert. Günther Laur vom Kreisfeuerwehrverband steckte Beisswenger die Ehrenmedaille in Silber an, von Kreisbrandmeister Henning Nöh kam das Feuerwehr-Ehrenzeichen des Kreises hinzu. "Du nahmst Dir immer Zeit und hattest auch stets ein offenes Ohr für uns", lobten auch die Vorsitzenden von TuS, Heimatverein, Musikverein und Hennenschlittern. Sie ließen aber auch offene Wünsche nicht unerwähnt, deren Umsetzung Beisswenger für seinen Nachfolger Johannes Henne übrig gelassen hat: etwa den lang ersehnten Bau einer neuen Sporthalle.
Martin Frank trat mit viel Humor als "Bote des Gemeinderats" auf und mutierte zum Schnellsprecher, als er an etwa 100 der wichtigsten Verdienste und Projekte Beisswengers erinnerte. "Wenn wir was machen – dann machen wir was G'scheites" sei der Leitspruch des Bürgermeisters in all den Jahren gewesen. In seiner Abschiedsrede sprach Beisswenger von den vielen Facetten seines Berufes, in dem man viele Sprachen sprechen müsse: Neben Badisch und Schwäbisch auch Unternehmerisch, Technisch, Humoristisch, Bio-Logisch, Diplomatisch, Bodenständig, Empathisch – "und hin und wieder ist es gut, wenn man auch Klartext reden kann." Er hob das besondere Wir-Gefühl in Immenstaad hervor und das Ehrenamt als "Hefe im Teig, die dafür sorgt, dass in einer lebendigen Gemeinde immer was geht." Er lobte den Gemeinderat, in dem das Ringen um die richtige Lösung in der Sache dominiere und sein Team aus 164 Mitarbeitern. "Es war eine Freude, mit Euch unsere Gemeinde zu gestalten und der Grund, weshalb ich jeden Tag dieser 24 Jahre gerne in unser Rathaus gegangen bin." In Anspielung auf einige Geschenke, die ihm an diesem Abend überreicht wurden, entwarf Beisswenger ein Bild, das bei den Zuhörern für Heiterkeit sorgte: "Wenn ich mir vorstelle, wie ich unter vollen Segeln – die Berge im Hintergrund, mit der Ukulele in der Hand an der Lädine vorbeisegle – das könnte zu einer neuen Immenstaader Touristen-Attraktion werden".
Nach einstimmiger Entscheidung des Gemeinderates ernannte der stellvertretende Bürgermeister Edwin Brügel Jürgen Beisswenger zum Ehrenbürger Immenstaads. Zum Ende des offiziellen Teils des Abends wünschte Dagmar Egger mit Blick dem Bürgermeisters a.D. mit einem Song von Nina Simone alles Gute für die Zukunft: "It's a new life. For me. And I'm feeling good".