Keinen Erfolg hatte ein getrennt lebendes Ehepaar mit seiner Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Sigmaringen wegen fahrlässiger Tötung. Der Kangal-Hund der Eheleute hatte am 30. Mai 2017 in Frohnstetten eine Rentnerin gebissen. Die Frau war daraufhin gestorben. Bei der folgenden Polizeiaktion wurden alle drei Hunde des Ehepaars aus Sicherheitsgründen erschossen.
Wegen massiver Sicherheitsmängel bei der Hundehaltung hatte das Sigmaringer Amtsgericht die Frau wegen fahrlässiger Tötung zu eineinhalb und den Ehemann zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem erhielten die Hundehalter als Auflage gemeinnützige Arbeitsstunden und ein teilweises, auf die Zeit der Bewährung begrenztes Hundehaltungsverbot.
Urteile noch nicht rechtskräftig
Gegen dieses Urteil hatten die Eheleute Berufung eingelegt, die am Mittwoch am Landgericht Hechingen unter dem Vorsitz von Richter Volker Schwarz verworfen wurde. Der Ehemann muss nun mit einer auf vier Jahre verlängerten Bewährungszeit leben.
Auflagen während der Bewährungszeit
Beide dürfen während der Bewährungszeit keine Listenhunde halten oder betreuen. Sonstige Hunde dürfen sie nur halten, wenn sie im ausgewachsenen Zustand nicht mehr als 20 Kilogramm wiegen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Während Ole-Jens Massow, der Verteidiger des Mannes, noch im Gerichtssaal Revision angekündigte, überlässt der Rechtsvertreter der Frau, Ulrich Weber, die Entscheidung seiner Mandantin. Die Anwälte hatten jeweils auf Freispruch plädiert.
Hätten die Eheleute das Unglück voraussehen können? Um diese Frage ging es an den insgesamt drei Verhandlungstagen in Hechingen. Der mächtige Herdenschutzhund war am 30. Mai 2017 auf dem kleinen und nur durch einen rund 1,20 Meter hohen Zaun von einem öffentlichen Fußweg getrennten Grundstück angekettet. Die Halterin war schon gegen 7 Uhr zu Besorgungen in der Kreisstadt aufgebrochen.
Hund reißt sich los und stürzt sich auf sein Opfer
Der nicht in Frohnstetten wohnende Ehemann war ebenfalls nicht anwesend. Als gegen 20 Uhr die 72 Jahre alte Rentnerin auf dem Fußweg an dem Grundstück vorbeiging, riss sich der Kangal los und stürzte sich auf sein Opfer, das den Angriff nicht überlebte, hieß es vor Gericht. Die Halterin kehrte erst nach dem Vorfall und dem darauf folgenden Polizeieinsatz nach Hause zurück. Sie war zu diesem Zeitpunkt, wie Polizeizeugen aussagten, alkoholisiert.
Außer dem Täterhund lebten in dem kleinen Haus der arbeitslosen Frau noch ein weiterer Kangal, ein Mischlingshund und 20 Katzen. Weil sich die beiden Kangal-Rüden nicht verstanden, musste einer von ihnen im Haus und der andere auf dem kleinen Gartengrundstück sein. Die Anwälte argumentierten, dass die beiden Halter nicht hätten voraussehen können, dass der Kangal den 1,20 Meter hohen Zaun überspringen würde und dass das Halsband des riesigen Hundes reißen könnte. Der psychiatrische Gutachter hatte der Frau eine Persönlichkeitsstörung bescheinigt, die sie daran hindere, als notwendig erkannte Dinge auch zu erledigen.
Bereits Verurteilung wegen Tierquälerei
In der Urteilsbegründung schilderte Volker Schwarz die acht Vorstrafen des Ehemanns. Darunter eine Verurteilung wegen Tierquälerei. Der Mann habe wegen eines siebenwöchigen Aufenthaltes in Griechenland einen Hund und eine Katze in einem abgedunkelten Zimmer seiner Wohnung eingeschlossen, ohne sich um die Versorgung der Tiere zu kümmern. Der Hund versuchte offenbar noch, die Katze zu fressen, verhungerte und verdurstete aber dennoch. Ebenfalls wurde erwähnt, dass sich alle drei Kinder des Ehepaars in der Obhut des Jugendamts befinden.
Dem Argument der Verteidiger, die Angeklagten hätten nicht erkennen können, dass das Hundehalsband reißen würde, hielt Volker Schwarz entgegen: „Ein Halsband, das seit 20 Monaten allen Witterungseinflüssen ausgesetzt war, kann nicht mehr als neuwertig gelten.“ Da das Tier bereits einmal nachts alleine im Dorf unterwegs war, hätten die Hundehalter wissen können, dass der Zaun kein Hindernis darstelle. "Außer den Angeklagten ist niemand für den Tod der Rentnerin verantwortlich", so der Richter.
Richterlob für Augenzeugen
Mit deutlichen Worten lobte Volker Schwarz zum Abschluss des Berufungsverfahrens das Verhalten der Frohnstettener Augenzeugen am Abend des 30. Mai 2017. Der Richter unterstrich den Mut einer Zeugin, den Fressnapf ihres eigenen Hundes auf den über dem Opfer stehenden Kangal-Rüden zu schleudern. Sie habe daraufhin ihren Bruder alarmiert, der wiederum einen in der Nähe wohnenden Jäger zur Unglücksstelle rief.
Der Jagdscheininhaber erhielt anerkennende Worte, weil er nicht auf den Hund schoss, so lange das Tier zu dicht beim Opfer war. Schwarz bezeichnete es als "richtig", dass sich die Rot-Kreuz-Helfer nicht selbst in Lebensgefahr bringen wollten und erst unter dem möglichen Feuerschutz des Jägers zu dem Opfer eilten.