Christina Schlaich aus Stetten hat beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten einen Landespreis erhalten und wird am Bundeswettbewerb teilnehmen. Im vorigen Jahr hat die 19-Jährige ihr Abitur gemacht und im Herbst direkt ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) in der Kultur angehängt. Dieses absolviert sie noch bis Ende dieses Monats im Staatsarchiv Sigmaringen. Danach beginnt sie in Tübingen ihr Studium in den Fächern Geschichte und Germanistik.
Den Kontakt zum Staatsarchiv erhielt die Abiturientin durch einen Besuch mit ihrem Leistungskurs Geschichte: "Meine Vorgängerin als FSJ'lerin dort hat mir den Tipp gegeben." Zielstrebig, wie die bereits in jungen Jahren in ihrem CDU-Ortsverband tätige Stettenerin ist, die Geschichte als "Hobby und große Leidenschaft" angibt, sah sie die große Chance, bewarb sich und wurde genommen. "Es war für mich die perfekte Überbrückung bis zum Studium", sagt Christina Schlaich, auch wenn sie in diesem Jahr nur ein Taschengeld erhielt. Dafür konnte sie ein weiteres Vorhaben realisieren, für das sie während der Abiturvorbereitungen keine Zeit gefunden hatte. "Ich kannte den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, den die Körber-Stiftung ausschreibt, und konnte so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen."
Bereits an ihrem ersten Tag im Staatsarchiv wurde sie mit ihrem Wunsch bei ihrem Tutor Volker Trugenberger vorstellig. "Ich sollte mich mit dem Kulturkampf befassen. Er sagte mir dafür seine volle Unterstützung zu und gab mir die nötige Zeit", dankt die Preisträgerin im Nachhinein dem Abteilungsleiter im Landesarchiv. Das große Plus, das sie ab nun hatte, "Ich war beeindruckt, jetzt nicht nur mit Sekundärliteratur, sondern mit Originaltexten arbeiten zu können", war aber gleichzeitig auch ein großes Problem. Die Texte waren in alter deutscher Kurrentschrift verfasst. "Das konnte ich nicht lesen, habe aber immer mehr gelernt, je länger ich mich damit befasste", macht Christina Schlaich klar. In den alten Aufzeichnungen und in Zeitungen fand sie Informationen. Leider gab es aber keine Informationen von Privatpersonen. "Es war wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen", berichtet die 19-Jährige. Eine Möglichkeit war auch das geheime preußische Staatsarchiv in Berlin, das sie aber nicht aufsuchen konnte.
So fand sie aber eine zentrale Figur in Sigmaringen, um die sich beim Thema kirchliche und karitative Einrichtungen irgendwie alles rankte und die den zivilen Ungehorsam zum Wohl der Menschen vorlebte. Thomas Geiselhart gründete das Fidelis-Seminar, dem 1873 untersagt wurde, neue Zöglinge aufzunehmen. Bereits vorher hatten die Jesuiten das Kloster Gorheim verlassen müssen. Die Schwestern der christlichen Liebe verließen Sigmaringen 1879, das Waisenhaus Nazareth konnte nur noch notdürftig den Betrieb aufrecht erhalten. Alle Gesetze und Verordnungen aus Berlin, die sich gegen katholische Einrichtungen richteten, wurden in Sigmaringen gehört aber eher zögerlich umgesetzt.
Mit vielen Tricks versuchte man die endgültigen Entscheidungen zu verschleppen und zu umgehen. Erst 1886 normalisierte sich mit dem zu Ende gehenden Kulturkampf alles wieder. Allemal spannend, um den Konflikt zwischen Kirche und Regierung wissenschaftlich aufzubereiten, in diesem Fall auch noch mit einem Quervergleich zum heutigen Umgang mit dem Islam. Die Belohnung für ihre Arbeit erhielt Christina Schlaich im vergangenen Monat. Über den Landespreis und die Übergabe der Urkunde im festlichen Rahmen im Neuen Schloss Stuttgart, freute sich die Preisträgerin. Die Einreichung ihrer Arbeit zum Bundeswettbewerb macht sie stolz. "Jetzt heißt es, abzuwarten, was das Kuratorium beschließt", bleibt sie aber locker und hofft, vielleicht im November doch nach Berlin und dann zum Bundespräsidenten reisen zu können.
Kulturkampf in Sigmaringen
Christina Schlaich aus Stetten befasst sich in ihrem Beitrag "Selbst das Unzulängliche wurde das Ereignis. Wie sehr Bismarcks Kulturkampf auch Sigmaringen traf" mit dem Verlauf und den Folgen des Kulturkampfes in Sigmaringen. Zu Beginn skizziert die 19-Jährige die kirchenpolitische Situation in den historischen Hohenzollern-Landen und erläutert vor diesem Hintergrund, wie sich der Konflikt zwischen dem Königreich Preußen beziehungsweise später dem Deutschen Kaiserreich und der katholischen Kirche in der Region zuspitzte. Mitte des 19. Jahrhunderts hat das insgesamt über 31 Jahre dauernde Pontifikat von Papst Pius IX begonnen.